Julie Brauer an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Dresden, Freitag, 15. April 1870

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Geehrter Herr Musikdirektor,

Mein Mann ist leider nicht im Stande selbst Ihren Brief zu beantworten; er liegt nun ein volles halbes Jahr beinahe ununterbrochen; stundenweise befindet er sich leidlich, und dann wieder tagelang ganz kraftlos. Es war ein schlimmer Winter für ihn, und jetzt mag ihn das Frühjahrswetter noch besonders angreifen, so daß er unfähig ist, auch nur eine Zeile zu schreiben. Für den Sommer möcht ich ihn sehr gern wieder nach dem weißen Hirsch haben, doch scheint mir diese Absicht für jetzt noch ganz unausführbar, sowohl wegen des beschwerlichen Umzuges, als auch wegen der Nothwendigkeit, daß er draußen viel allein sein müßte, da ich täglich wegen der Stunden nach der Stadt muß. Nun, kommt Zeit, kommt Rath!

In Bezug auf die Euryanthenfrage theile ich Ihnen wörtlich mit, was in Webers eigner | Handschrift auf dem Titelblatt* steht und wonach man vermuthen muß, daß die mit Rothstift gemachten Streichungen auch von ihm herrühren. „Dieser Clavierauszug enthält die treue Darstellung der vortrefflichen Wiener Beschneidung durch die Einsicht des Herrn Kapellmeister Conradin Kreutzer.

C. M. v Weber.[“]

Da es möglicherweise von Interesse für Sie ist, zu wissen, in wessen Händen sich die Weberschen Manuscripte befinden, so läßt mein Mann Ihnen mittheilen, daß die E moll Sonate jetzt im Besitz von Fräulein Elise Einert in Strehlen b Dresden ist*. Er freut sich herzlich, daß Ihr großes Werk seiner Vollendung so nahe ist, und wünschen wir aufrichtig, dass es außer der Befriedigung, die es Ihnen gewähren muß, auch nach außen einen recht glänzenden Erfolg habe. ‒

Indem ich bitte, mein etwas verspätetes Schreiben, mit den mancherlei Geschäften | die die Feiertage mit sich bringen, zu entschuldigen, grüßt Sie und Ihre liebe Frau auf das Herzlichste Ihre
J. Brauer.

Apparat

Zusammenfassung

teilt mit, dass sie den Brief beantworten muss, da ihr Mann schon über ein halbes Jahr krank sei; es betrifft den gedruckten Klavierauszug der Euryanthe mit Webers Zusatz bezüglich der Streichungen C. Kreutzers; vermutet, dass auch die Rotstift-Streichungen darin von Weber herrühren; teilt weiterhin mit, dass sich die Handschrift der e-Moll-Sonate im Besitz von Elise Einert in Strehlen b. Dresden befindet

Incipit

Mein Mann ist leider nicht im Stande selbst Ihren Brief zu beantworten

Generalvermerk

Die Datumszeile des Briefs enthält keine originale Jahreszahl, die unmittelbare Bezugnahme im folgenden Brief bestätigt allerdings das Jahr 1870, ebenso die erwähnte neue Besitzerin des Autographs von Webers Klaviersonate Nr. 4: Laut Zusatz auf dem Titelblatt übereignete F. W. Brauer das Autograph seiner ehemaligen Schülerin am 1. Januar 1870.

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. X, Nr. 84

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)
    • am Briefkopf gestempelt: „an Jähns“

Textkonstitution

  • l„h“ überschrieben mit „l

Einzelstellenerläuterung

  • „… eigner Handschrift auf dem Titelblatt“Bezogen auf den Erstdruck des Euryanthe-Klavierauszugs, Exemplar: D-B, Weberiana Cl. IV A, Bd. 117. Demzufolge dürfte dieses Exemplar aus dem Besitz von F. W. Brauer in jenen von Jähns übergegangen sein.
  • „… in Strehlen b Dresden ist“Das Autograph der Klaviersonate Nr. 4 hatte F. W. Brauer als Geschenk von Caroline von Weber erhalten.

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