Aufführungsankündigung, Theater Lübeck: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber mit Eremitenszenen von Oskar Möricke

Theater und Musik.

Zur Aufführung des "Freischütz". Herr Director Erdmann Jesnitzer*, stets bemüht, dem von ihm geleiteten Kunstinstitute eine gesteigerte Antheilnahme des Publikums zu sichern, wird bei der nächsten Aufführung, außer einer vollständig neuen decorativen Ausstattung der Oper, auch noch den Versuch machen, die von Weber auf den Rath seiner bühnenkundigen Braut einst gestrichenen Eingangsscenen zwischen dem Eremiten und der Agathe wieder herzustellen. Da es mit Recht unthunlich erscheint, dieselben unmittelbar nach der jubelnd abschließenden Ouverture einzulegen, ohne die nachfolgende Volksscene dadurch in ihrer Wirkung zu beeinträchtigen, so werden sie als Vorspiel der Ouverture voraufgehen. Weber’s anfänglicher Widerstand gegen das Weglassen dieser Scenen, die auch Fr. Kind, der Dichter des Textes zu sorgfältiger Exponirung der Handlung für nöthig hielt, mußte jedoch bald besserer Einsicht Platz machen, obgleich sich nicht verkennen läßt, daß das Verständniß für das spätere ziemlich unmotivirte Auftreten des Eremiten und für Agathen’s Hindeutung auf die von ihm zur Erinnerung erhaltenen Rosen durch die Wiedereinfügung wesentlich gefördert wird. Herr Musikdirector Möricke in Berlin hat es unternommen diese Scenen, wie sie sich in der Reclam’schen Ausgabe des Textes verzeichnet finden, unter Anlehnung an Weber’sche Motive in Musik zu setzen und ist unser Publikum berufen, bei der erstmalig in die Oeffentlichkeit tretenden Neuerung sein Votum für oder gegen dieselbe abzugeben. Die Vorstellung am 3. November wird übrigens die 176ste sein, seit der ersten hiesigen Aufführung am 29. April 1822 unter der Direction des Grafen Carl Hahn.