Aufführungsbesprechung Dresden, Hotel de Pologne: Konzert von Heinrich Joseph Baermann und Carl Maria von Weber am 14. Februar 1812

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Dresden. Nachdem vor einigen Wochen die Demoisellen Démar und Tognini, jene Harfenspielerin, diese Waldhornistin von Paris, ein nicht unansehnliches Concert-Auditorium mit Soli von mancherley Art zu unterhalten gesucht hatten – was denn auch vornämlich der ersten dieser jungen Reisenden recht wohl gelang: so hatten wir am 14ten Febr. das Vergnügen, die beyden trefflichen Künstler, v. Weber und Bärmann, zu hören. Hr. v. Weber, der eigentlich mehr als Componist, als als Virtuos auftritt, zeigt in seinen Arbeiten reiche Phantasie, Originalität und harmonischen Gehalt. Viel Neues und Treffliches findet sich namentlich in seinen Modulationen und in seiner Instrumentirung; doch scheint, was letztere anlangt, auch hin und wieder eine Stelle etwas vergriffen – wie z. B. im Klarinett-Concert die Figur, welche am Schlusse Hoboe, Fagott und Violoncell mit einander haben. Im Ganzen ist Hrn. v. W.s Styl ernst, und hat einige Verwandtschaft mit dem Spohr’schen. Unter den Werken, welche uns vorgetragen wurden, möchte wol das schon genannte Klarinett-Concert für das vollkommenste zu erklären seyn: aber es gehört auch ein Virtuos, wie Hr. B., dazu, um das darin verborgene tiefe Gefühl so auszusprechen. Durch das Ganze dieses Werks herrscht ein tiefer und doch zarter Sinn, ein edler und doch sogleich ansprechender Charakter; und darin erhält es sich mit seltener Treue, ohne im geringsten eintönig zu werden. Im Adagio hat der Componist ein Recitativ für die Klarinette, wie freylich auch schon Andere, angebracht. Obgleich wir diesen Gedanken aus dem Wesen und Zweck des Recitativs nicht hinlänglich glauben rechtfertigen zu können: so müssen wir doch eingestehen – so wie hier geschrieben, so wie hier ausgeführt, und zwar auf ¦ der Klarinette, deren Ton, recht behandelt, sich dem der Menschenstimme am meisten nähert, kann man der Wirkung nicht widerstehen. Hr. B. trug es vor, dass man sogleich hätte Worte unterlegen können, und namentlich am absterbenden Schluss ein morir mi sento zu verstehen glaubte. Das Klavier-Concert, von Hrn. v. W. vorgetragen, zeichnete sich zwar noch mehr durch Originalität aus, hatte aber nicht dieselbe strenge Haltung, und wollte gleich bei der Anlage, schien es, mehr durch Neuheit interessiren. Auf eine rühmliche Weise weicht es schon in der äussern Form von der eisernen, der gewöhnlichen Concerte ab: das Orchester greift fast durchgehends obligat ein. Manches dünkt uns nun zwar dabey etwas bizarr; z. B. die (türkischen) Sätze auf der unterschlagenen kleinen Terz, welche in den Solosatz ohne Relation kurz eingewebt sind, und ohne Bezug zu hinterlassen wieder verschwinden: doch sey es mit solchen kleinen Einzelnheiten, wie es will: das Ganze erhebt sich durchaus weit über das Gewöhnliche, und macht den Effect, auf welchen es berechnet ist. Die Variationen für Pianoforte und Klarinette über ein geniales Thema aus der Oper, Silvana, vom Hrn. v. W., verbanden ein zartes Gefühl mit viel Veranlassung für die Künstler, ihre Fertigkeit, und Geschicklichkeit überhaupt, an den Tag zu legen – bekanntlich ein seltener Vorzug an Compositionen dieses Fachs. Unter den rühmlichen Eigenheiten des Vortrags wollen wir nur die eine ausheben, wo Hr. von W. mit grösster Leichtigkeit und zum Bewundern vollendet sich aus dem Forte der Tiefe in das Piano der Höhe schwang. – Das Auditorium verliess den Saal entzückt: aber leider war es, hoffentlich nur aus Bedrängnis der Zeiten, bey weitem nicht so zahlreich, als diese wahren Künstler es verdient hätten.

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung Dresden: Konzert von Heinrich Joseph Baermann und Carl Maria von Weber am 14. Februar 1812, darin u. a. 2. Konzert für Klarinette (WeV N.13), 1. Klavierkonzert (WeV N.9) und Variationen für Klarinette und Klavier über ein Thema aus „Silvana“ (WeV P.7) von Carl Maria von Weber

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Fukerider, Andreas

Überlieferung

  • Textzeuge: Allgemeine Musikalische Zeitung, Jg. 14, Nr. 10 (5. März 1812), Sp. 161–162

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