Über die Messe (5 Hymnen), op. 28 von Gottfried Weber

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Messe, oder fünf Hymnen, mit latein. u. deutschem Texte, für Singstimmen mit Begleit. von Violinen, Altviolen, Bass, Oboen oder Klarinetten, Fagott, Trompeten u. Pauken, dann willkürlichen Flöten u. Posaunen, in Musik gesetzt – – von Gottfried Weber. 28Stes Werk. Partitur, mit untergelegtem Klavierauszug. (Pr. 12 Fr.) Instrumental- und Singstimmen. (Pr. 12 Fr.) Bonn und Cöln, bey Simrock.

Rec. hatte sich vorgenommen, über diese Arbeit eines Mannes, der als selbstdenkend und selbstwollend einem Jeden bekannt ist, sich recht ausführlich in der Anordnung und Behandlung der einzelnen Bestandtheile, in der Auf- und Zusammenstellung der Gesang- oder Instrumentalstimmen, in den Ansichten des Textes, und in den Absichten auf Effecte einzelner Momente – des Eigenthümlichen, ja ganz Besonderen, so viel u . Mancherley enthält; und da mithin sich ungesucht Stoff darbietet zu mannigfachen Betrachtungen des Allgemeinen u. Erörterungen des Besondern. Nun fand er aber, eben, als er zum Ausarbeiten des Angemerkten sich anschichte, im zweyten Theile der Theorie der Tonsetzkunst desselben Hrn. Verfs.s, die Antworten an seine Recensenten, und in diesen – nun, was andere, den Gegenständen gewachsene und der Menschen nicht ganz unkundige Leser gleichfalls finden werden: da hält er es für besser, weil die Redact. dieser Zeitung ihn von dem einmal gegebenen Worte, diese Messe anzuzeigen, nicht entbinden will, sie, wie das Wort sagt, blos anzuzeigen und zu beschreiben, aber so genau und sorgfältig, als es in seinen Kräften steht, und als es das Werk und sein ¦ geehrter Verf. allerdings verdienen. Nun ergiebt sich aber, sehr gegen des Rec. Wunsch, aus der Sache selbst der Uebelstand, dass eben bey einer musikal. Composition eine genau beschreibende Anzeige gar nicht möglich ist, ohne dass man entweder viele, und nicht immer kurze Stellen und Noten anführt, oder dass man in die Beschreibung, soll sie über den Geist und Effect, auch die Manier und Behandlungsart, nicht obenhinschlüpfen, doch etwas legt, und legen muss, das wie ein Urtheil aussieht. (Wenn das nicht gleich einleuchtet, wem es nicht unumgänglich scheint, der versuche sich nur an dem ersten, dem besten bedeutenden Musikstücke.) Da sich nun zu dem Ersten der Hr. Verleger dies. Zeit. nicht geneigt findet, indem es freylich eine weitläufige, und darum etwas kostbare Zugabe werden würde; da mithin der Rec. dem Zweyten nicht auszuweichen weiss: so stellt er den Hrn. Verf., den Leser, und sich selbst, damit sicher, dass er gleich hier vor Anfang bescheidentlich erklärt, er wolle alles, was er in dieser Art sagt, und sagen zu müssen glaubt, nur in der Absicht und nur zu dem Zwecke gesagt haben, das Werk näher zu bezeichnen; so, dass mithin Niemand, weder der Verf. noch der Leser, etwas Anderes darin finden soll, und alles eigentliche Urtheil denen überlassen bleibt, die sich mit dem Werke selbst vertraut machen wollen: was aber in Fragen an den Hrn. Verf. gestellt ist, diesem Gelegenheit geben mag, sich selbst darüber irgendwo weiter zu erklären – wobey immer etwas Ingeniöses herauskommen wird, möge es auch übrigens ausfallen, wie es will. –

Das ist leider eine lange und schwerfällige Vorrede! Ihr Inhalt schien aber dem Rec. nöthig, und der Ausdruck ist nun einmal nicht besser in seiner Gewalt, indem er, als Musiker, mehr gewohnt ist in Noten, als in Worten, schriftlich sich mitzutheilen. Jetzt zur Sache selbst! –

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No. 1. Kyrie; Adagio, G dur. Eine, nur zwey Zeilen lange Einleitung, in sanftem Gesange, in welchem auch Einmal Christe eleison ausgesprochen wird. Diese Einleitung endiget auf der Dominante mit starkem Accord. Hieran schliesst sich ein ziemlich rasches Allegro, Kyrie eleison, (Christe – wird nicht wieder erwähnt,) ein Fugenthema, das eben so fasslich, als gründlich, ohne Abweichung durchgeführt, besonders aber von der Verkürzung und Engführung an den Kenner gewiss interessiren wird. Das Thema selbst ist übrigens nicht ungewöhnlich und für die fugirte Bearbeitung nicht schwierig: Der Satz ist nicht zu lang und macht seinen ordentlichen Schluss, doch abgebrochen; nun sind dritthalb Takte Generalpause verzeichnet, und hierauf beschliessen die Singstimmen allein mit dem Accord in grossen Noten. Ob manche Durchgänge, ob auch S.6: absichtlich so geschrieben sind, und wären sie es, wie sie zu rechtfertigen: das wird der Hr. Verf. am besten sagen können.- Diese No. ist blos mit dem Quartett begleitet, und selbst die Orgel ausdrücklich untersagt. Sollte es nicht gut gewesen seyn, diese wenigstens da eintreten zu lassen, wo die Singstimmen das Fugenthema zum erstenmal Forte vortragen?

No. 2. Gloria, Allegro con fuoco, D dur, und mit allen, auf dem Titel angegebenen Instrumenten besetzt. Nach kurzer, kräftiger Einleitung, sprechen die Sänger eben so das: Gloria in excelsis Deo, aus; et in terra pax hominibus bonae voluntatis, ist hier ganz weggelassen, so wie gleich darauf: benedicimus.

Es sey bey dieser Gelegenheit erlaubt, einige Fragen an den Hrn. Verf. zu thun, die sich zwar auf diese Stelle, noch mehr aber auf ähnliche später folgende beziehen, welche dann in dieser Anzeige zwar bemerkt, worüber aber, in Beziehung auf diese Fragen, keine weitern Betrach¦tungen angestellt werden sollen. – Darf man mit kirchlich autorisirten, allen Gemeinden seit Jahrhunderten bekannten, schon durch uralten, jedem Einzelnen von Kindheit an theuren Gebrauch geweiheten, geheiligten Worten so willkürlich verfahren? und wenn man es gesetzlich darf: ist es gut, wenn, eben als selbstdenkend anerkannte Männer alles thun, was sie gesetzlich dürfen? ich will sagen: alles, woran kein ausdrückliches Gesetz sie verhindert. Vielleicht ist aber, was durch solch willkürliches Verfahren hervorgebracht wird, an sich gut; wenigstens besser, als das bisher Gewohnte; zum allerwenigsten, nicht mangelhafter! Da fahre ich denn fort zu fragen: Sind nicht eben jene Worte: Gloria – voluntatis, als die himmlische Begrüssung des neugebornen Heilands, offenbar darum aufgenommen und eingeführt, dass die frohe Erinnerung an dies Ereignis, als die erste Bedingung alles Christenthums und seines Segens, bey jedem feyerlichem Gottesdienste von neuem angefrischt, und damit der Andächtige erhoben, ermuthiget, getröstet werde – welche Wirkung denn auch durch das unmittelbar folgende: Laudamus te etc. vorausgesetzt, und so im Namen der Gemeinde ausgesprochen wird? ja, sollten wir nicht eben jene weggelassenen Worte vom innern und äussern Frieden auf Erden, eben jetzt, als Gebet um so flehentlicher anstimmen, als Verheissung um so dankbarer ergreifen? Ich frage! Zwar am Ende, nachdem alle Worte des Gloria, so – abgekürzt, wie sie sogleich angegeben werden sollen, schnell ausgesprochen sind und nun immerfort Gloria in excelsis ausgerufen wird: da sind auch jene Worte einigemal eingeschoben – weshalb denn auch diese Bedenken noch mehr auf mehre der später folgenden Stellen passe, wo nicht wenige ganze Sätze geradezu ausgestrichen sind, so dass ihrer nirgends einige Erwähnung geschiehet: aber auch bei jener Procedur frage ich, ob sie gut, ob sie besser, als die gewöhnliche, ob sie wol gar die beste ist; und bin gewiss, es müsse den Hrn. Verf. eine ganz besondere Ansicht und Absicht geleitet haben, welche aber zu erkennen, es dem Rec. nur an Scharfsinn und Divinationsgabe gebricht, die Er hingegen ohne Zweifel zu rechtfertigen wissen wird.

Folgende Worte nun hat es dem Hrn. Verf. von allen den bekannten kirchlichen, nach dem | Gloria, beyzubehalten gefallen: Laudamus te, adoramus, glorificamus te! Domine Deus pater, Domine fili, agnus Dei, qui tollis peccata mundi, miserere nobis! quoniam tu solus sanctus, tu solus altissimus, cum sancto spiritu. Alle diese Worte werden in Eins fort, fast ohne alles Wiederholung, in gleichem, sehr lebhaftem Tempo, auch mit solchen brillanten harmonischen Inversionen ausgesprochen, (besonders S. 15, wo der Satz einen vollständigen Schluss in A dur gemacht hatte, und nun, forte, unisono durch alle Stimmen: in F dur, und zwar nicht zum Eintritt eines neuen Satzes jener Worte, sondern nur mit Wiederholung der so eben in A dur ausgesprochenen, fortläuft,) wie alles dies in den Kirchen gewiss nichts weniger, als gewöhnlich ist, und aufzufallen nicht ermangeln wird, mag dies letzte nun des Hrn. Verf.s eigentliche Absicht seyn, oder nicht. Durch solche contracte Stellung ist es denn auch möglich geworden, diesen ganzen zweyten Haupttheil der Missa in acht – ich sage: in acht Zeilen, Hoch¦folio, zu absolviren. Die damit gewonnenen Zeit benutzt nun Hr. Verf., sich auf ganz eigene, sehr glänzende Art, künstlerisch frey genug, zu ergehen. Er giebt uns nämlich noch, und zwar auf vierzehn Zeilen, einen besondern, erst fugirten, dann frey ausgehenden, überaus brillanten, und auch noch mit ganz besondern Bravour-Effecten bereicherten Satz, zu welchem er, wie schon erwähnt, die Worte: Gloria in excelsis etc. wieder zurücknimmt, und ihnen das Amen anschliesst. Gleich der Eintritt, und die Verbereitung dieses Satzes hat etwas ganz Eigenes. Es war in A dur mit allen Stimmen, ausser dem Alt, geschlossen worden; nun nimmt dieser ganz allein, blos von der Viola unterstützt, das Gloria folgendermassen auf, wozu die Pauke solo anschlägt; die andern Stimmen treten gleichergestalt, jede von ihrem Begleiter im Quartett unterstützt, und von der Pauke angeschlagen, dazu: und dieses, gewissernmassen eine Fanfare, bildet hernach, nachdem das Orchester eine kleine freye Phrase angegeben, den Anfang des, forte, und noch etwas geschwinder, (uno poco più stretto) einfallenden fugirten Satzes: u. s. w., dann, als Fugenthema: Dieses Thema wird mit vieler Mannigfaltigkeit, unverkennbarer contrapunctischer Gewandtheit, und immer steigendem Feuer so ausgeführt, dass zu dessen langem, überaus rauschendem Schluss selbst Mittel verwendet sind, wie in allen Singstimmen, unisono:

No. 3, Credo, bestehet aus drey Sätzen: Credo – Crucifixus – Resurrexit. Die Worte, welche der Hr. Verf. in diesem, öffentlich von der Gemeinde durch die sie repräsentirenden Sänger abzulegenden Glaubensbekenntnis weglassen zu dürfen geglaubt hat, sind folgende: (patrem) om¦nipotentem – visibilium omnium et invisibilium – omnia (saecula) – Deum de Deo, lumen de lumine, Deum verum de Deo vero; genitum, non factum; consubstantialem patri, per quem omnia facta sunt – et propter nostram salutem – et homo factus etst – sub Pontio Pilate – tertia die, secundum scripturas – sedet ad dexteram patris; et iterum – (statt dieser letzten Worte, der Verbindung wegen: unde –) cum gloria – et vivificantem, qui ex patre filioque procedit – qui locutus est per prophetas – confiteor unum baptisma in remissionem peccatorum. – Der Rest ist vertheilt in ein Allegro aus A dur, ein Adagio non troppo aus A moll, und ein Allegro vivace, mit einer noch beträchtlich | beschleunigtern Stretta, aus A dur. – Der erste dieser Sätze ist durchgehends in einfachem, aber dabey dennoch mannigfaltigem, und sehr wohlgeordnetem Gesange, den wechselsweise der Chor und einige Solostimmen ausführen, geschrieben; er legt auch im Ausdrucke überall die Sammlung und ruhige Verfassung eines Gemüths dar, das, in Andacht getrost, in innerer Sicherheit zufrieden seinen Glauben bekennen will. Vielleicht zu absichtlich ist das Abbrechen, mit einer Generalpause, S. 33: aber der neue Eintritt, wie er nun stehet, ist allerdings um so wirksamer. Die hier vom Rec. angedeutete Wirkung dieses, übrigens eben nicht langen Satzes wird aber, wenigstens nach seiner, des Rec., Einsicht und Erfahrung, sicherer erreicht und namhaft verstärkt, wenn das Tempo etwas langsamer genommen wird, als es hier, nicht nur durch das Wort, sondern auch durch die Bestimmung vermittelst des Chronometers angegeben ist. Der Satz ist nur vom Quartett der Saiteninstrumente begleitet, und die Orgel nicht ausdrücklich ausgenommen: sie sollte dies aber, ausser in eingen stärkern Chorstellen, nach des Rec. Meynung, sein: und es sey diesem auch erlaubt, dem Hrn. Verf. eben für diesen Satz von Herzen zu danken, und weit mehr, als für viel Anspruchvolleres, Glänzenderes, und auch Künstlicheres, was vor- und nachher gege¦ben worden ist. Hierunter gehört aber nicht im Geringsten das folgende Crucifixus; ein Satz, der zwar kunstreicher verflochten, aber nicht weniger einfach im Entwurf, und im Ausdruck ebenfalls vollkommen so ist, wie ein Gemüth, das die vorhergegangenen Worte seines Glaubens auf oben bezeichnete Art ausgesprochen hat, nun diese auszusprechen geneigt seyn wird. Nach kurzer, feyerlicher Ankündigung der Instrumente treten die Singstimmen, jede allein, höchstwirksam ein, vereinigen sich dann, wachsen an zwey Stellen bis zum Chore, und bleiben sämmtlich dem schönen Flusse ihres, hier wirklich kirchlichen Gesanges getreu. Nur das Ende siehet wieder etwas wunderlich aus. Der eigentliche, und auch vollständige Schluss, ist, ohne irgend eine Abweichung vom eben Beschriebenen, in A moll. Dann geben die drey hohen Saiteninstrumente allein das blose A mit Zwischenpausen noch zweymal an; hernach eine Generalpause, u. nun der Anruf des Chors: Et, nichts weiter, als: Et – dessen Accord die vier Saiteninstrumente forthalten, worauf nun alles, was in den, am reichsten besetzten Sätzen gesungen, gestrichen, geblasen u. geschlagen wird, auf der Dominante von A, fortissimo, plötzlich einfällt: resurrexit. – Hier ist die Stelle: und Jedermann siehet, was das soll: Der Satz gehet aber nicht nach A, sondern sogleich nach E dur, in welcher, und in den darauf bezüglichen Tonarten – betrachtet man den Plan der Harmonie im Ganzen – der Hr. Verf. vielleicht zu viel verweilt, um dann, wo er nach A gehet, das Gefühl der Beruhigung, man sey da zu Hause, vollständig genug zu gewähren. Die Figur, die der Hr. Verf. den Violinen ( zuerst bey unde) zu dem einfachern Gesange gegeben hat, belebt und ziert diesen, ohne ihn zu verdunkeln oder sonst ihm zu schaden: vielleicht wird man, mit dem Rec., wünschen, sie wäre mehr fortgeführt u. stetiger beybehalten worden. Bey: qui cum patre – wird der Gesang eine Zeit lang in einem fugenmässigen Thema, dem ein figurirtes Gegenthema gegeben ist, gleichsam ¦ feststehend, und sind diese beyden Themata in der Folge mit Kunst, Beharrlichkeit und Fleis, mit und gegen einander ausgearbeitet. Diese Ausarbeitung derselben bedurfte, um ihre Wirkung zu thun, absichtlicher sogenannter Effectstellen gewiss nicht; ja, würde sie, diese Wirkung – dies sey aber, als des Rec. unmassgebliche Meynung, blos gefragt – würde sie, diese Wirkung, nicht ohne solche Effectstellen noch sicherer, und wenigstens für die Andacht ungestörter erreicht haben. Eine dieser Stellen findet sich S. 43 folg.; wo, nachdem schon eine Weile blos die drey hohen Saiteninstrumente, pianississimo, (ppp.) ohne allen Bass, um die Singstimmen, die in jenen Thematibus sich bewegen, gespielt haben – und zwar zu den Worten: qui cum patre et filio | simul adoratur et conglorificatur – nun plötzlich auch diese schweigen, und so die Singstimmen, und zwar im Chor, forte, ganz allein ihren Gesagt fortsetzen, mit den Worten: et unam sanctam, catholicam et apostolicam ecclesiam; nun aber Eines nach dem Andern hinzutritt, alles gesteigert wird, und jetzt, fortissimo, die ganze Masse mit der Stretta einfällt, und alles heftiger u. immer heftiger fortgetrieben wird. Ob die beym Amen aufgefasste und dann bis zu Ende wiederholte figur: so schnell und fortissimo vorgetragen, würdig und der Kirche gemäss sey, sey wieder blos gefragt. –

No. IV. Sanctus, Andante, quasi Adagio, in G dur, mit allen Instrumenten besetzt. Auch dieser Satz ist ganz eigen entworfen und vertheilt. Die Chorstimmen, wieder ganz allein, fangen ihn an, einfach, sanft und feyerlich; bald treten dazu die sanftern Instrumente, und die Pauken; (die, nach einer Fermate, solo zu wirbeln beginnen – ein Effect, der, nachdem er durch Missbrauch fast widerlich geworden, und überhaupt ja nur ein mechanischer ist, endlich wol von den Componisten wieder beseitigt werden sollte -) und die Sopranstimme, solo, bekömmt eine Figur, welche, von Instrumenten wiederholt, zu dem, fortissimo eintretenden, Pleni – mit imponirender, sehr kräftiger und würdevoller Figur führt. (Die Worte werden blos einmal, nur gloria tua zweymal ausgesprochen.) Auch diese beyden Figuren verschwinden sogleich wieder, und es beginnet, in demselben Tempo, ohne alles Weitere, ein neuer, und zwar ein sehr anmuthiger, zu den Worten: Benedictus – vollkommen passender Gesang. Aber auch diese Worte und ihre Musik sind sogleich vorüber und mit anderthalb Zeilen abgefertiget; dagegen fällt wieder, fortissimo, die Stretta des Gloria in excelsis – die Fuge nämlich – ein, und wird zu den wieder herübergenommenen Worten: Pleni sunt coeli et terra gloria tua, denen nun: Osanna in excelsis angefügt ist – noch einmal ganz durchgesungen und durchgespielt; nur dass mehrmals die einander correspondirenden Stimmen vertauscht werden, mithin hier z. B. dem Bass gegeben wird, was dort der Alt, oder dem Tenor, was dort der Sopran hatte; dass die Geltung mancher Noten ¦ den ihnen untergelegten Worten gemäss abgeändert ist, und dass die Schlusszeilen hier nicht das sehr Rauschende, wie dort, sondern unerwartet eine sanfte Wendung bekommen, worauf ihnen aber noch unerwarteter sogleich ein noch viel rauschenderer, längerer Schluss, Presto assai, gegeben wird, von dessen Bravour-Effectstellen man sich schon daraus einige Vorstellung machen kann, dass die Pauken, immer fortissimo, acht Takte ununterbrochen zu machen, und die ersten Violinen von gleichfalls fortissimo, in dieser Figur durch den Accord aufzusteigen haben bis zum dreygestrichnen Fis, welches sie nun, immer fortissimo, fünfhalb Takte lang, zugleich mit dem reinen A, angeben müssen.

No. V. Agnus dei. Andante sostenuto, in G dur, für eine Sopranstimme, mit obligatem Fagott, und Begleitung des Quartetts: ein sanfter, ariettenmäßig behandelter, einem guten Sopran sehr vorteilhafter Gesang. Die Fagottstimme, die, wie die Singstimme, vor allem Wohllaut u. gutes Tragen verlangt, bildet in dem ziemlich langen Ritornell eine ausführliche Einleitung, schliesst sich dann wohlgefällig an den Sopran, und beyde werden von der sehr einfachen Begleitung nur unterstützt, nicht gestört oder verdunkelt. Es hat dies etwas sehr Mildes, und dringt, gut vorgetragen, an das Herz. Dass die von allen Bässen auszuführende Figur von Zweyunddreyssigtheilen, die zuerst Takt 5 und 4 vorkömmt – auf allen dazu bestimmten Instrumenten so deutlich, so übereinstimmend und so abgewogen herauskomme, wie es angezeigt, und, da blos die Violinen Viertel pizzicato dazu anzuschlagen haben, auch nöthig ist: das ist zu wünschen; so wie auch, dass die, freylich wol von der Guitarre hergenommene, wogend begleitende und oft vorkommende Figur in Sechstolen, nicht an so viele Leider erinnere, wo sie gleichfalls angewendet ist. Bey Spielern, wie sie seyn sollen, wird jenes der Fall; und bei Zuhörern, wie sie seyn sollen, wird er dieses nicht seyn. Dass der Satz, der eigentlich S. 77 unten beendigt ist, da nicht endiget – möchte er nun, wie, nach dem Flusse des Gesanges, am natürlichsten scheint, in der Tonica förmlich schliessen, oder, wie hier, auf der Dominante verweilen, oder auch, auf der Grundlage von dieser durch die | Singstimme cadenzirend zum folgenden Allegro überführen; sondern dass er von neuem anhebt: dies darf befremden; noch mehr aber, dass dieses neue Anheben durch eine, eben hier, bey und nach so höchsteinfachem Harmoniegange, gewiss unerwartete, plötzliche Rückung in H moll geschieht, wo denn nun auch, und in der Dominante dieser Tonart, alles verbleibt, sich alles weiter bewegt, und auch schliesst, nur dass die Singstimme noch in freyer Cadenza nachtönt, einen Uebergang bildend, der mehr ein scheinbarer, als wirklicher ist. Bey diesem ganzen Zusatz scheint der Hr. Verf., der gewiss auch der Symmetrie seiner Harmonien überall mächtig ist, und diese Symmetrie überhaupt in Ehren hält, nicht aber als alt verlegenes Kunstgerülle bey Seite geschafft haben will – wieder eine besondere Absicht gehabt zu haben, die der Rec. nur nicht finden kann, da er sich nicht erlauben darf, das blose Auffallen- und Befremden-Sollen, besonders in diesem andächtigern Satze, als solche Absicht anzunehmen. – An jene Cadenza also schliesst der Solo-Sopran übergehend das Thema des Dona nobis pacem, Allegro, G dur. Es ist dasselbe Fugenthema, das schon oben zum Kyrie gedienet hat, theils mit denselben ausserwesentlichen Abänderungen, welche oben, bey der gleichfalls à deux mains eingerichteten Fuge des Gloria angeführt worden sind, theils mit wesentlicherer Verschiedenheit, die meistens auf auffallenderes u. schärferes Effectuiren angelegt scheint: dann bekommt das Ganze einen eigenen, neu hinzugesetzten Schluss. Von diesen, allerdings ganz ungewöhnlichen, und besonders in einer Kirche sehr auffallenden Effectstellen wird man sich schon aus folgender Beschreibung vorläufig einen Begriff machen können. Nach der überleitenden Cadenza zum Schluss des Agnus Dei giebt jene Eine Sopranstimme das ganze Thema allein, und ohne alle Begleitung, ausser der, des ersten Fagotts mit dem Gegenthema, an. Hernach schweigen diese beyden, und alles schweigt, ausser Einer Tenorstimme, die dies Thema wieder ganz allen wiederholt und zur Quinte führt; da nimmt es Eine Altstimme auf, und der Tenor bekömmt das Gegenthema; auf jene folgt, wie gewöhnlich, der Sopran, wieder Solo, mit dem Hauptthema, der Alt mit dem Gegenthema, und der Tenor schweigt; endlich der Bass, gleichfalls Solo – und noch immer schweigen alle Instrumente, ¦ dreyzehn Takte lang. Nun treten von diesen mit den Anfangstakten das Thema ein – die erste Violin in der dreygestrichnen Octav, die zweyte mit der Terz ihrer Noten, die Viola mit einem Bass in der höchsten Höhe welchen auch die erste Hoboe und erste Klarinette angeben. Alles Andere schweigt. Dann nehmen die Singstimmen dies auf, setzen hernach die Fuge ein Weilchen fort, unterstützt vom Quartett, ohne Contrabass. Auch dies nimmt wieder ab, bis nichts bleibt, als Tenor und Bass der Singstimmen mit dem Thema, piano, unterstützt von den Violen, und den wenigen Grundnoten des Basses, pizzicato: aber nun bildet sich aus einigen Noten des Thema eine treibende Figur; mit dieser und gegen diese treten, crescendo, die hohen Singstimmen hinzu, desgleichen von den Instrumenten, crescendo, immer mehre, und nun mit Eins fällt, fortissimo, alles was Chor und Orchester haben, ein, indem der Bass das Thema ausruft. Dies sehr heftige fortissimo aller Kehlen und Instrumente, wo sogar die Soprane, vielfach unterstützt, auf diese Weise: zum Erlöser um Seelenfrieden beten – fällt, unmittelbar mit den hier angeführten Noten in ein kurzes Andante, wo alles wieder, decrescendo, verhallet, ausser den Singstimmen, die, nachedem sie wieder ohne alle Begleitung, einen sanften Gesang geführet, im Wechsel mit den hinzutretenden sanftern Blasinstrumenten, den vollständigen, absterbenden Schluss machen, bey welchem sich nur noch der Solosopran, während die Chorsänger, pianissimo, im Grundaccord verbleiben, also aufschwingt:

Damit dies Werk auch in solchen Kirchen, wo die lateinischen kirchlichen Worte nicht üblich, und in Concerten, wo sie nicht willkommen | sind, aufgeführt werden könne, ist ihm, wie auch der Titel angiebt, zugleich ein deutscher Text unterlegt, und so, dass jede der fünf Hauptnummern eine Hymne oder kurze Cantate ausmacht. Es ist gewiss schwer, sehr schwer, eben für die höchst einfachen, durch Jahrhunderte autorisirten, und bey der musikal. Bearbeitung in ihren kurzen Sätzen meistens oft wiederholten Worte eben der Missa, einen guten und in jeder Hinsicht gleichfalls angemessenen deutschen Text zu finden. (Beym Te Deum möchte es leichter, und beym Requiem noch leichter seyn, obgleich darum noch nicht leicht.) Der Rec., als Musiker, kann über den, hier untergelegten deutschen Text weiter nichts sagen, als: er widerspricht wenigstens dem Ausdruck der Musik nicht, wenn auch manche Stellen demselben nicht nahe kommen – wie z. B. gleich in No. 1, das: O sende Trost unter die Figur: Allegro zu singen; und den Noten, der Geltung und Stellung nach, ist er sehr gut angepasst, so dass seine Anwendung den Sängern nirgends Anstoss oder Zweifel giebt, wenn er sich auch hin und wieder etwas schwer ausspricht. Um von der Art des Dichters einigen Begriff zu geben, mögen die Worte der zweyten Hymne, des Gloria, hier stehen: "Preis dir, Allerhöchster, in Ewigkeit! Preis, o Vater, dir! Dich, Schöpfer der Welten, anbetend, knien wir hier! O gieb den armen Menschen Frieden und Ruhe auf der kleinen Erde! Dir allein sey Preis, Lob und Dank in Ewigkeit! Dir töne Lobgesang auf deinem Throne! Ewig, ewig! Amen!" –

Die Partitur ist schön, und zum Bewundern correct gestochen. Es ist derselben, Zeile auf Zeile, ein Klavierauszug beygesetzt, welcher, ohne Zweifel vom Hrn. Verf. selbst, mit vieler Sorgfalt, nicht sowol eingerichtet ist, um überall das Wesentlichste des Ganzen zu enthalten und zusammengedrängt vor Augen zu legen, als vielmehr recht eigentlich zur Begleitung der Singstimmen beym Pianoforte, mithin obligat und abweichend, wo das Orchester obligat ist und abweicht, auch mit den kleinen Abänderungen, die nöthig waren, um bey besondern Effecten einzelner Instrumente etwas gewissermassen Aehnliches im Effecte auf dem Pianoforte hervorzubringen u. dgl. m.

Was die Ausführbarkeit anlangt, so wird zwar ein tüchtiger und fester Chor und ein der¦gleichen Orchester verlangt: diese aber werden nichts sehr schwierig finden. Im Sologesange ist nur die erste Sopranpartie in einigen Sätzen hervorstechend und verlangt einen höher und feiner ausgebildeten Sänger.

Apparat

Zusammenfassung

in der Vorrede erörtert der Rezensent die Art und Weise eine gute Rezension zu verfassen; danach folgt eine ausführliche Analyse der einzelnen Messsätze anhand von zahlreichen Notenbeispielen; findet den zusätzlich unterlegten deutschen Text der Messe bis auf einige Ausnahmen annehmbar, lobt die schön gestochene Partitur und den mitherausgegebenen Klavierauszug

Entstehung

spätestens 3. November 1818

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Blümer, Simon; Fukerider, Andreas

Überlieferung

  • Textzeuge: Recension, in: Allgemeine Musikalische Zeitung, Jg. 20, Nr. 44 (4. November 1818), Sp. 765–778

Textkonstitution

  • „feyerlichem“sic!

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