Korrespondenz-Nachrichten aus München, April 1811 (mit C. M. v. Webers Konzert am 5. April 1811)
Auf den 5 April kündigte Hr. Karl Marie von Weber im königl. Hoftheater ein großes Vokal- und Instrumental-Konzert an. Wir strömten herbey, und unsre Erwartung | wurde noch übertroffen*. Der geniale Künstler bewies uns durch seine Symphonie, durch das von ihm komponirte Rochlitz’sche Gedicht: Der erste Ton, welches Herr Kürzinger mit Gefühl und Kraft deklamirte, so wie durch freye Phantasien und Variationen auf dem Pianoforte*, was man sich von ihm zu versprechen hat. Unser Hr. Direktor Fränzl erntete in dem von ihm komponirten und gespielten Violinkonzert neue Lorbern, und Mad. Reg. Lang, die eine Scene von Pär lieblich sang, wurde mit allgemeinem Beyfalle belohnt. Auch dankten wir Hrn. Bärmann den meisterhaften Vortrag eines Konzertinos für die Clarinette von K. M. von Weber.
Die sogenannte stille Woche war, in musikalischer Hinsicht, nichts weniger als still zu nennen, und jeder Musikfreund hatte bey seinem Marsche von einer Kirche in die andere Gelegenheit genug, sich mit Musik vom frühen Morgen bis in die Nacht anzufüllen. Am bemerkenswerthesten war, außer einer Messe von Winter*, eine Messe von Hrn. Lindpai[n]tner, einem Schüler von ihm, der die Oper Demophon hier gegeben hat, und wirklich ausgezeichnetes Talent besitzt. Was diese Messe betraf, hat Ref. viele einzelne Schönheiten darin gefunden, aber im Ganzen den edeln einfachen Kirchenstyl vermißt, indem er gar zu oft an Opern-Finale erinnert wurde*. In der Damenstiftskirche gab eine Anzahl Liebhaber, unter der Direktion eines musikalischen Beckermeisters (dessen Namen ich leider vergessen habe), die sieben Worte von Haydn, und den Messias von Händel, und das Hoforchester gab die Schöpfung vortrefflich im Theater*. Es ist unmöglich etwas herrlicheres zu hören, als dieses kräftige Ensemble, und wer zum Erstenmal das Münchner Orchester hört, muß davon hingerissen werden.
Herr Weinmüller, dessen Theater vor einiger Zeit abbrannte, steht nun mit seiner Gesellschaft unter der Leitung des verdienstvollen Intendanten Lamotte, und sie spielt unter dem Namen eines königl. Vorstadttheaters vor dem Karlsthor in dem sogenannten Herzogsgarten. Man glaubt, daß dieses Theater zu einer Pflanzschule für das Hoftheater gebildet werde.
Se. Königl. Hoheit der Kronprinz ist gestern hier angelangt, um dem St. Georg-Ritterfest beyzuwohnen.
Die Tänzer-Familie Köbler‡ aus Wien gibt einige Darstellungen im Hoftheater* Ihre Gruppirungen sind schön, und ausgezeichnetes Talent hat ein kleiner grotesker Tänzer.
Apparat
Verfasst von
- Anonymus
- Carl Maria von Weber
Zusammenfassung
Korrespondenz-Nachrichten aus München, April 1811; dabei über: „Der erste Ton“ und Concertino für Clarinette von Carl Maria von Weber, „Demophon“ von Peter Joseph von Lindpaintner, „Der Messias“ von Georg Friedrich Händel, sowie „Die sieben Worte“ und „Die Schöpfung“ von Joseph Haydn
Generalvermerk
Zuschreibung: Vermerk im Redaktionsexemplar im DLA Marbach: 0, zweiter Teil: v. Weber; TB, 20. April 1811: an Cotta geschrieben, und ihm geschikt […] Notiz von München.
Entstehung
20. April 1811 (laut TB Absendung an Cotta)
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Fukerider, Andreas
Überlieferung
Textkonstitution
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„Köbler“sic!
Einzelstellenerläuterung
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„… unsre Erwartung wurde noch übertroffen“Vgl. TB-Eintrag vom 5. April 1811 sowie die Aufführungsbesprechungen, weitere im Gesellschaftsblatt für gebildete Stände, Jg. 1, Nr. 50 (26. Juni 1811), Sp. 407–408 und im Kritischen Anzeiger für Litteratur und Kunst, Jg. 5, Nr. 26 (29. Juni 1811), S. 127–128.
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„… und Variationen auf dem Pianoforte“Außerdem spielte Weber sein Klavier-Konzert Nr. 1 C-Dur.
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„… oft an Opern-Finale erinnert wurde“Weber besuchte laut Tagebuch sowohl die Probe am 10. als auch die Aufführung am 14. April 1811 (Ostersonntag).
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„… gibt einige Darstellungen im Hoftheater“Weber besuchte laut Tagebuch Tanzaufführungen der Familie Kobler am 15. April sowie 1., 8. und 13. Mai 1811 (Kommentare siehe dort).