Aufführungsbesprechung, Berlin: „Silvana“ von Carl Maria von Weber am 14. Juli 1812

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Den 14ten d. zum erstenmale wiederholt: Silvana, Oper mit Musik von Carl Maria von Weber. Der Beifall, welchen die geniale Composition und deren vortreffliche Ausführung schon das erstemahl erhielt, wurde auch bei der Wiederholung bestätigt. Das Sujet ist einer sehr gewöhnlichen Rittergeschichte aus dem Mittelalter nachgebildet und wiewohl die Anlage des ersten Akts etwas verspricht, in den beiden folgenden langweilig und ohne Handlung. Da man bei eigentlichen Opern indeß hieran leider schon einmal gewöhnt ist, so möchte es der Musik um so vortheilhafter seyn, daß die Aufmerksamkeit des Zuhörers auf sie allein gerichtet wird, anstatt daß interessante rührende Situazionen zu sehr spannen, um sich ganz den Eindrücken der Töne hinzugeben; das Interesse theilt sich und die Composition wird in solchem Falle nur dann noch das gerechte Urtheil der Zweckmäßigkeit erhalten, wenn die Musik in die Handlung eingreift, sie aber nicht aufhält. – Die Composition von Silvana bekundet das Feuer der Phantasie des Hrn. v. W. wie auch dessen genaue Kenntniß der Harmonie und der Instrumente. Auch an schönen Melodien fehlt es nicht, nur sind sie dem Hang, viel zu moduliren, oft untergeordnet. Originelle Gedanken drängen sich, nicht immer werden sie indeß ausgeführt. Für den Gesang schreibt Hr. v. W. sehr schwürig und nur hier und an einigen Orten wird er die Satisfaction haben, sein Werk ja vollkommen ausgeführt zu hören. – Der erste Akt ist durchaus gelungen und auch von großem Effekt für die Bühne. Schon die Ouverture, welche mit dem Thema der Musik zur Pantomime Nr.12. beginnt und in ein rauschendes Allegro übergeht, verspricht viel, wiewohl sie mehr brillant als im großen Styl gehalten ist. Ganz vorzüglich ist der erste und der Jagd-Chor Nr. 3. Die zart gehaltene schöne aber schwere Arie Nr. 4 sang Hr. Eunicke mit vollendeter Meisterschaft. – Eine rührende Wirkung macht in Nr. 7 das obligate (sehr schön gespielte) Violoncell bei den pantomimischen Antworten Silvana’s; überhaupt hält Ref. diese Piece für eine der gelungensten in Hinsicht des dramatischen Effekts. Die 3 Strophen Rudolph’s im Finale Nr. 8 sind gegen die übrige Composition etwas trivial, dagegen ist der leise endende, sich entfernende Chor von schöner Wirkung. – Der zweite Akt schleppt sich im Sujet und auch die Musikstücke sind zu lang gehalten. Das Duett Nr. 9 und Quartett Nr. 11 hat für den Kenner herrliche Momente, aber sie sind oft abgerissen. Die Arie Nr. 10 wurde von Mad. Müller trefflich vorgetragen, ungeachtet sie nicht so dankbar als die Arie Rudolph’s Nr. 4 ist. – Die Pantomime Nr. 12, während welcher Silvana vor dem Spiegel tanzt, ist sehr zweckmäßig und lieblich. Die zweite Arie Nr. 13, welche Hr. Eunicke eben so reich vortrug und von der obligaten Oboe (Hrn. Westenholz) begleitet wurde, verliert durch die Länge und zu große Schwierigkeiten an Wirkung; auch muß die arme, stumme Silvana zu lange müßig zuhören. Das zweite Finale Nr. 15 ist originell und effektvoll bis zu Ende des Turniers, dann gehe die Musik in Wildheit über und es ist unbegreiflich, wie vorzüglich das Chor-Personale mit solcher Präcision alles mögliche leisten konnte.

Der dritte Akt fängt interessant an; der Dichter läßt Adelhart aber in unbegreiflich lange Mordsucht verfallen, was eine widrige Empfindung erregt und nicht würkt. Die Arie Nr. 17. so wie das Terzett Nr. 18. sind voll origineller Züge: Das kurze und gesangvolle Finale Nr. 19. und die angenehme Ballet-Musik zu dem „Fackeltanz“ versöhnen den Zuhörer wieder mit dem glücklich gelöhsten Knoten des vom Dichter | zu gewählten Stoffes und versprechen dem Componisten für seine mühevolle, gelungene Arbeit den verdienten Lohn der guten Aufnahme und der angenehmen Erinnerung seiner gehaltvollen Musik.

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung, Berlin: „Silvana“ vom 14.07.1812

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Dubke, Esther

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen, Nr. 86 (18. Juli 1812)

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