Aufführungsbesprechung Nürnberg: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber im Sommer 1822

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Die Wallfahrt zum Freischütz in Nürnberg.

So darf man in der That das Zuströmen der Schau- und Hörlustigen seit den acht Tagen nennen, in welchen Karl Maria v. Weber’s Geisteswerk 6 Mal hier gegeben worden ist*. Können sich nun die Italiäner mehr etwas darauf zu Gute thun, daß sie in ihrer Stagione eine und dieselbe Oper 4 Wochen lang hören, oder vielmehr, sind sie nicht hinter uns Deutschen zurück, da sie eigentlich nur einer Arie, einer Sängerin oder einem Sänger, ja nur der Gewohnheit zu Liebe kommen, während uns Alles anzieht, was wir beim Freischütz hören und sehen? – Es wäre eitles Bestreben, über den Inhalt dieser National-Oper an Text und Musik mehr etwas Neues sagen zu wollen; nur scheut sich Einsender nicht, offen zu gestehen, daß es ihm unbegreiflich scheinen müßte, Kind’s Dichtung und Weber’s Meister-Musik in gewissen öffentlichen Blättern so ungebührlich behandelt zu sehen, wenn sich nicht auch hier der Ausspruch eines Menschenkenners bestätigte:

"Die schlechten Früchte sind es nicht, woran die Wespen nagen."

So mögen sie denn fort nagen! Möge es ihnen gelingen, triumphirend nachzuweisen, daß sich verwandte Geister in Wort und Ton wiederfinden, sie werden dadurch nur selbst Veranlassung geben, daß man besonders auf Webers musikalsiche Malerei immer aufmerksamer wird und immer tiefer in seinen Geist einzudringen sucht.

Was die Aufführung in Nürnberg betrifft, so setzt Einsender als Grund ihres Gelingens das Orchester oben an. Mit eisernem Fleiße hat es gestrebt, sich ganz mit seinem hohen Gegenstand vertraut zu machen, und jede Vorstellung zeigt, daß ein oder der andere Punkt immer lichter wird. Das Publikum erkennt dieß auch freudig an und giebt seine Theilnahme nach der Ouverture, und wo es sonst merklich wird, zu erkennen. Großer Fleiß zeigt sich auch bei Sängern und Sängerinnen; diese können in dem großen Beifall, der ihnen wird, den zarten Sinn der Zuhörer nicht verkennen, der ihnen hier die verdiente Gerechtigkeit wiederfahren und es ihnen nicht entgelten läßt, daß ungünstige Umstände auf den bisherigen Stand des Theaterwesens in Nürnberg so nachtheilig gewirkt haben.

Der Unternehmer des Theaters, Hr. Braun, feiert jetzt wohl die schönsten Tage seines Lebens. Er, einer der denkendsten, fleißigsten Schauspieler, der seine Kraft seit vielen Jahren der hiesigen Bühne weihte, der die Leitung unter den ungünstigsten ¦ Verhältnissen unternahm, sieht sich mit Einemmale reich dafür belohnt, er sieht sich auf eine Weise ausgezeichnet, die einen andern, als ihn, den Geprüften, schwindelnd und stolz machen könnte. Es ist ihm dieser Erfolg aber um so mehr zu gönnen, da er mit großer Verständigkeit sich nicht bloß begnügt hat, diese National-Oper nur nach eignem beßten Ermessen zu geben, sondern sich selbst überzeugte, was in München dafür geschah, dieß den Verhältnissen seiner Bühne mit bedeutenden Kosten anpaßte, und besonders was Maschinerie und Costüme betrifft, so glücklich nachahmen ließ, daß Einsender sich überzeugt hält, das vielbenannte Stück könne da und dort im Einzelnen vollkommener, im Allgemeinen aber gewiß nicht besser gegeben werden.

Nürnberg, am 3. Sept. 1822.M.

Apparat

Zusammenfassung

„Der Freischütz“ von Weber wird in Nürnberg mit großem Erfolg in hervorragender Aufführung gegeben.

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Kühnau, Dana

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 6, Nr. 224 (18. September 1822), S. 896

Textkonstitution

  • „triumphirend“sic!

Einzelstellenerläuterung

  • „… Mal hier gegeben worden ist“Die ersten sechs Aufführungen in Nürnberg fanden am 26., 27., 28. und 29. August sowie 1. und 2. September 1822 statt.

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