Über die Sängerin Angelica Catalani
Madame Catalani.
Diese ausgezeichnete Sängerin ist zu Sinigaglia im Kirchenstaat geboren, wo ihre Familie einer verdienten Achtung genießt. Sie ward im Kloster Gubbio erzogen, wo sie bis zu ihrem 14ten Jahre blieb. Schon in diesem zarten Alter hatte sie eine so hinreißende bezaubernde Stimme, daß man sich nicht enthalten konnte, sie zu beklatschen, wenn sie mit den Nonnen in der Kirche sang, welches zur Folge hatte, daß man ihr untersagte, mit zu singen. Schon in ihrem 14jährigen Alter, als sie das Kloster verließ, entwickelte sie ein so entschiedenes Talent, daß sie in Italien an der Seite der Marchesi und Crescentini mit dem glänzendsten und beyspiellosesten Erfolge auftreten konnte.
Damals machte der Portugiesische Hof den größten Aufwand, ausgezeichnete musikalische Talente in Lissabon zu vereinigen. Madame Catalani erhielt den Ruf dahin, und nahm ihn mit einem Gehalte von 24,000 Crusaden an. Sie blieb vier Jahre in Portugall, worauf man ihr ein Engagement in England antrug. Indeß wünschte sie lieber, vorher Frankreich und Spanien zu sehen.
Die Prinzessin Regentin empfahl sie der Königin von Spanien auf das dringendste und schmeichelhafteste, und diese überhäufte die große Künstlerin mit Geschenken und Beweisen der Gnade. Dieß erhabene Beyspiel, mehr noch aber das bewunderungswürdige Talent, reizten Spaniens Große, der ersten Sängerin der Welt verdiente Huldigungen darzubringen. Ein Conzert, welches sie gab, brachte ihr 3500 Louisd’or ein; die Logen waren zu 5 Unzen Goldes vermiethet. Schmeichelhafter für Madame Catalani war jedoch die ausgezeichnete Aufnahme, die sie überall bey den spanischen Grands fand. Von Madrid reisete sie nach Paris, wo sie vier Conzerte gab. Der Platz galt einen Louisd’or. Wie überall war ihr auch in Paris, der ungetheilteste und enthusiastischste Beyfall zu Theil.
Aus Frankreich begab sich Madame Catalani nach England, wo sie sich neuntehalb Jahre aufgehalten hat. Dieß war das Land, wo ein solches Talent die verdiente Bewunderung und Anerkennung finden mußte. Nie hat ein Künstler oder eine Künstlerin in jeder Hinsicht so reich geerndet. Der Ertrag ihrer, während ihres Aufenthaltes in England gegebenen Benefiz-Conzerte, steigt über 90,000 Guineen. Dabey ward sie von der Nation und ihren ersten und gebildetsten Klassen sehr gefeyert; sie verherrlichte alle Feste und ihr sittliches Leben entsprach der strengsten Forderung, welche die Moralität nur machen konnte.
Madame Catalani verließ England, um sich nach Frankreich zu wenden, wo ihr der König das Privilegium des Italienischen Theaters mit einer Einnahme von 160,000 Franken ertheilte. Sie ist einzige Eigenthümerin und Direktrice dieses Theaters, welches das erste Orchester in Europa besitzt, in ihrer Abwesenheit wird es von dem berühmten Paer geleitet.
Jetzt reiset Mad. Catalani nach Berlin, von da über Wien nach Italien, dessen Zierde sie ist. Wenn sie den Erfolg, der ihrer in Teutschland erwartet, nach den beyden Städten beurtheilt, die sie besucht hat (Hannover und Hamburg), so wird sie eben so angenehme Erinnerungen aus Teutschland mitnehmen, wie aus Spanien, Frankreich und England.
Madame Catalani kann 32 Jahre alt seyn; aber sie scheint jünger, da sie mit einem sehr edlen römischen Gesicht eine schöne Gestalt vereinigt, und die Kunst ihre Jugend immer erhält. Was ihre Stimme und ihr Talent betrifft, so sind diese zu bekannt, zu allgemein in Europa bewundert, als daß es einer Auseinandersetzung dieser Verdienste bedürfte. Dabey ist Madame Catalani durch die beyspiellosesten Huldigungen sogar nicht verändert, so gut, so bescheiden, daß man sie La cosa rara nennt.
Seit 11 Jahren ist sie an Hrn. v. Valabregues, ehemaligen Husaren-Offizier, verheurathet. Indeß hat Mad. Catalani den Namen ihres Vaters behalten, der durch sie so berühmt geworden ist. Sie ist mit ihrem Ehegatten übereingekommen, den Namen Catalani fortzuführen, so lange sie von ihren Talenten Gebrauch macht. Sie hat drey Kinder, von denen zwey in England gebohren sind, und eins in Paris.
Apparat
Zusammenfassung
über Biographie und Karriere der berühmten Sängerin
Generalvermerk
Weber hielt sich während Catalanis Gastspiel in Berlin ebenda auf und besuchte mehrere Konzerte der berühmten Sängerin (vgl. TB 22./24./25. Juni und 3./7. Juli 1816); als Verfasser der von Bužga zugewiesenen Schriften kommt er aber eher nicht in Frage.
Entstehung
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Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Solveig Schreiter