Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater, 18. Oktober 1815: Liebe und Versöhnen

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Theater.

Prag. – Den 18. October als am Jahrestage der großen Völkerschlacht bey Leipzig, zum Besten des Invalidenfonds, zum ersten Mahl: Liebe und Versöhnen während der Schlacht von Leipzig, von Hrn. Gubitz; hierauf: Uthal, Oper in 1 Aufzug von Mehul. Es scheint ein sonderbares Mißgeschick obzuwalten, daß es der hiesigen Direction niemahls gelingt, diesen glorreichen Tag auf eine glückliche Weise zu feyern. Im vorigen Jahre langweilte ein verunglückter Herrmann der Cherusker, von einem ungenannten Autor, das Publicum, und heuer – hatte das Lustspiel des Herrn Gubitz den Vorzug, daß es wenigstens nur einen Act hatte. Folgendes ist der Inhalt desselben. Als nach einer glänzenden Ouverture der Vorhang sich erhebt, erscheint ein Haufe preußischer Militars. Ein iunger Freywilliger singt, jubelt und tractirt, und alles stimmt in seine Lustigkeit ein, seinen Hauptmann ausgenommen, den er endlich sehr naiv auffordert, ihn zum Vertrauten seines Kummers zu machen; der Hauptmann willfahrt ihm so schnell, daß es aussieht, als hätte er schon lange darauf gewartet, sein Geheimniß endlich einmahl mit guter Art an Mann zu bringen. Er erzählt ihm eine Liebesgeschichte mit einem sächsischen Fräulein, deren Vater sie ihm nicht geben will, weil er weder reich noch vornehm ist. Zur Dankbarkeit erzählt Randolph dem Hauptmann seine Geschichte, welche darin besteht, daß seine Mutter, eine Dame von Geburt, mit seinem Vater davon gelaufen sey u. s. w. Jetzt erschallt der Ruf zur Schlacht. Alles geht fort, nur Randolph muss zurück bleiben und einen Hohlweg vertheidgen; er zankt sich erst eine gute Weile ¦ mit seinem Vorgesetzten herum, bis er endlich Folge leistet, und der Hauptmann, der Todesgedanken hat, gibt ihm einen Brief an seine Geliebte den jener bestellen soll, falls dieser bleibt. Randolph ereifert sich noch eine Weile über sein Mißgeschick, nicht in offener Feldschlacht dienen zu können und vertreibt sich endlich die Zeit mit einigen Floskeln über die Ehrsucht, bis der Vater und die Geliebte des Hauptmanns, von einem Bauer geleitet (der das undankbare Geschäft des Spaßmachers über sich hat) ankommen; ein verwundeter Officier meldet den Tod des Hauptmanns und die Lebensgefahr des Bruders des Fräuleins; Randolph eilt in die Schlacht, das Fräulein findet den Brief ihres Geliebten, und weint ganz entsetzlich, bis endlich Randolph zurückkommt und nach ihm der verwundete Hauptmann, dem der Bruder des Fräuleins ein Certificat ausgestellt hat, daß er ihm das Leben gerettet und der Vater ihn belohnen solle, was auch sogleich in’s Werk gesetzt wird. Zum Überfluß ist Randolph der Cousin des Fräuleins, und es thut einem am Ende leid, daß der Bauernknecht und der zweyte Verwundete nicht auch noch Glieder der Familie sind. Nach einem herzlich langweiligen Li-de des Freywilligen erheben sich die Wolken des Hintergrundes und man erblickt eine Gruppe von Kindern, die verbündeten Monarchen und ihre Feldherren in dem Augenblicke vorstellend, wo sie Gott kniend für die gewonnene Schacht danken. Dieser Anblick überraschte um so mehr, da einige dieser Knaben in der That in den Zügen einige Ähnlichkeit mit den erhabenen Personen haben, welche sie vorstellten. Dieses Bild wurde mit den rauschendsten Beyfall und Vivatrufen aufgenommen. – Die Oper Uthal, welche schon im vorigen Jahre mit wenigem Glücke gegeben wurde, fiel abermahls durch.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Schaffer, Sebastian

Überlieferung

  • Textzeuge: Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt, Jg. 7, Nr. 136 (14. November 1815), S. 560

    Einzelstellenerläuterung

    • Militarsrecte „Militärs“.
    • Li-derecte „Liede“.

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