Aufführungsbericht Prag, Ständetheater: 11. bis 26. Januar 1816

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Theater-Chronik von Prag.

(Monat Januar.)

Den 11. (Zum Besten der Mad. Grünbaum zum Erstenmale) Joconde oder die Abentheurer. Oper in 3 Aufzügen, von Isouard. Dieser Oper war ein so großer Ruhm vorangegangen, man machte so große Ansprüche an den Compositeur des hochgefeyerten Aschenbrödels, daß es in der That sehr viel erfordert hätte, diesen Forderungen ganz zu entsprechen und wir müssen auch gestehen, daß dieß nicht geschah. Die Composition hat manches Gefällige, manches Brillante, aber es fehlt ihr in vielen Stellen durchaus an Originalität, und selten ergreift sie das Gemüth nur im Geringsten. Unter den Sängern zeichnete sich vorzüglich das weibliche Personale, Mad. Grünbaum als Edile, Mad. Czegka als Mathilde und Dem. Brand in der Rolle des Hannchen aus, welche sie mit einer ausgezeichneten Laune und Schalkhaftigkeit darstellte.

Den 12. Der Bürgermeister, Schauspiel in 5 Aufzügen, vom Grafen von Brühl. Eine zwar alte aber sehr erfreuliche Erscheinung und die Direkzion verdient in jeder Hinsicht den Dank des Publikums, wenn sie klassische Werke der ältern Kunst wieder in die Szene bringt, zumal, wenn die Rollen so vorzüglich wie hier besetzt sind, und vor allem die Hauptrolle so meisterhaft gegeben wird, als Hr. Liebich den Bürgermeister darstellte.

Den 26. Der Verschwiegene wider Willen (zum Drittenmal) der Edukazionsrath (zum Zweytenmal) und: Die Uniform des Feldmarschall Wellington (zum Erstenmal). Alle 3 von Kotzebue. Obschon es unläugbar ist, daß die neuesten Produkte dieses so geistreichen, als fruchtbaren Theaterdichters, den frühern an Werthe weit nachstehen, so hat doch hier und da noch eines einen sehr glücklichen Gedanken und manche seiner alten Bonmots. Der Stoff des ersten z. B. (zwar aus dem Französischen entlehnt,) daß ein rechtlicher, etwas beschränkter Mann eine Hauptrolle in einem Abentheuer spielt, von dem er eigentlich nichts weis und auch bis zu Ende desselben nichts erfährt, gibt zu den drolligsten Situationen Anlaß, welche durch die vollendete Darstellung des Hrn. Liebich (Commissionsrath Frosch) das höchste komische Interesse erhielten. Der Held des zweyten, Rittmeister Dorl, wurde vom Hrn. Polawsky ebenfalls so vortrefflich dargestellt, daß man gern die grell unwahrscheinliche Verknüpfung und Entwicklung vergaß, und sich an den lebhaften Dialog, die witzigen Einfälle und die überraschenden Lagen des Stückes hielt. Am wenigsten verdient und erhielt das dritte Stück den Beyfall des Publikums. Einige Späße, dazwischen aber lange und langweilige Discurse zeigen deutlich, daß dieser Stoff wohl als Anekdote recht gut unterhalten kann, aber für die dramatische Entwickelung durchaus nicht paßt. Hr. Allram gab den Gastwirth Miedel mit seiner bekannten komischen Laune, nur schien er doch die Farben etwas stark aufzutragen.

Apparat

Generalvermerk

nicht bei Buzga

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler

Überlieferung

  • Textzeuge: Kaiserlich Königlich privilegirte Prager Zeitung, Jg. 3, Nr. 43 (12. Februar 1816), S. 167

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Jaroslav Bužga, Vergessene Aufsätze, Berichte und Mitteilungen aus Carl Maria von Webers Prager Wirkungszeit (1813–1816)

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