Bericht über Weber-Aufführungen im Leipziger Theater zwischen 4. Juni und 25. September 1827
Leipzig. Sommerhalbjahr. Das Hinscheiden unseres allgeliebten Königs, Friedrich Augusts, hatte nach alter, jetzt durch manche huldvolle Bewilligungen eingeschränkter Sitte, zur aufrichtigsten Landestrauer auch der Musik eine Zeit lang Stillschweigen auferlegt, so dass auch selbst die Orgeln in den protestantischen Kirchen verstummten. Vom 5ten May bis zum 4ten Juny hatte die öffentliche Stille gedauert, und mancher Musiker war doch selbst in der so sehr abgekürzten Zeit in eine zweyte Trauer versunken, die gerade manchen Bessern, der aus löblicher Verschämtheit seine Sorgen verbarg, nur um so mehr drückte, wie das gewöhnlich ist. – Die Orgel ertönte wieder und die Andacht erhob sich auf den Schwingen der Töne freundlicher zu dem, vor dessen Angesicht auch unser so tief Betrauerter höhere Seligkeiten fühlt. – Bald darauf, am 4ten Juny wurde auch unser Theater mit dem sehr beliebten, nun 26 Male* bey immer gefülltem Hause gegebenen Oberon wieder eröffnet. | Vor Allen zeichnete sich Mad. Streit, als Rezia, vortheilhaft aus. Wenn auch ihr Gesang noch nicht immer gleichmässig ist: so wird doch jeder Billige freudig gestehen müssen, dass sie an Reinheit und gutem Vortrage nicht wenig gewonnen hat, worüber wir uns herzlich freuen. Dem. Canzi, welche einen Theil des vorigen Sommers und den ganzen Winter hindurch mit ihrem kunstgeübten Gesange uns ergötzte, hat uns, nachdem sie in ihrem Abschieds-Concerte* uns ihren Verlust noch fühlbarer zu machen gewusst hatte, verlassen. Es fehlt uns also eine erste Sängerin, und wir sind genöthigt, unsere Hoffnung auf Fremde zu setzen, um so mehr, da auch unser erster Tenor, Hr. Vetter, dessen Stimme und Gesangfertigkeit in der That ausgezeichnet ist, nicht wieder zu uns zurückkehrt, obgleich sein Contract noch nicht zu Ende gelaufen ist. Wir haben dieses Ereigniss in doppelter Hinsicht zu bedauern. – Es bleibt uns zwar der brave Tenor Höfler, dessen Gesange wir alle Gerechtigkeit widerfahren lassen müssen und dem wir viele herrliche Abende schuldig sind: aber seine Stimme fängt an, des jugendlichen Schmelzes zu ermangeln: ein Loos, das alle Sänger trifft. Wo es nicht volle Kraft der Brust gilt, da ist er an seinem Platze, und wir haben die gute Hoffnung, dass er mit seiner Kunstgewandtheit noch lange das Publikum zu erfreuen im Stande seyn wird. Dennoch wurde in der Oper mehr und Besseres geleistet, als wir bey so beschränkten Mitteln erwarten durften. […] ¦ […] | […] In den neuesten Tagen ist uns auch das grosse Vergnügen zu Theil geworden, die höchst ausgezeichnete, von Vielen bereits auf das Höchste und mit Recht belobte Sängerin, Dem. Schechner aus München zu hören. […] Gestern am 25sten September, füllte der Freischütz, weil die Gefeyerte die Agathe vortrug, das Haus ausserordentlich. Wir enthalten uns jedes ausgeführteren Urtheils, bis wir Alles, was sie uns geben wird, gehört haben werden und versichern nur, was schon Andere auch thaten, dass ihre Erscheinung unter die seltensten gehört. Den Caspar erlauben wir uns beyläufig zu erinnern, dass er uns die allerdings etwas erhitzende Anstrengung beym Kugelgiessen künftig nicht gar zu plastisch versinnlichen möchte. – ¦ […]
Apparat
Entstehung
–
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Frank Ziegler
Überlieferung
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Textzeuge: Allgemeine Musikalische Zeitung, Jg. 29, Nr. 41 (10. Oktober 1827), Sp. 696–700
Einzelstellenerläuterung
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„… nachdem sie in ihrem Abschieds-Concerte“Musikalisch-dramatische Abend-Unterhaltung im Leipziger Theater am 16. Juni 1827.