Modest Andrejewitsch von Korff an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Sankt Petersburg, Dienstag, 21. Oktober 1873

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Herrn

Herrn

Jähns

König. Professor und Musik-Director

Berlin

Markgrafen St. 24. III

Hochgeehrter Herr Jähns

Meinem Versprechen gemäß, Ihnen genau Auskunft über die autographische Partitur des „Oberon“ zu geben, kann ich Ihnen jetzt mittheilen, daß ich persönlich die vollständige Ouverture und die ganze Partitur der Oper in gehöriger Ordnung in unser Kaiserlichen Bibliothek gesehen habe. Die Ihnen gemachte Mittheilung, die Ouverture wäre bis auf 40 Tackte verloren, — ist blos aus Mißverständniß entstanden*. In der reich verzierten Mappe*, in welcher die Handschrift unserem Kaiser überreicht wurde, befindet sich zur Zeit die Ouverture nicht; sie ist in besonderen Glasschrank mit den anderen Autographen berühmter Musiker ausgestellt. Selbsthändig habe ich die Ouverture und die ganze Partitur der Oper durchgeblättert, und ich kann Sie versichern, daß alles in vollständiger Ordnung und unverletzt ist. Die Ouverture ist auf 17 Seiten geschrieben von denen die 16 ersten (die ein Heft bilden) in den Glasschrank liegen, und die 17te befindet sich sammt der Partitur der Oper in der Mappe. Auf dieser 17ten Seite sind nicht 40 Takte, wie man Ihnen geschrieben hat, sondern 48, die ich selbst nachgezählt habe. Auf dem Widmungsblatt ist von Weber (junior) eine Aufschrift gemacht, in welcher er die Handschrift dem Kaiser von Rußland Alexander II überreicht; unten das Jahr 1855*.

Als Russe und als großer Verehrer Webers freue ich mich, ein Mißverständniß aufgeklärt zu haben, welches auf unseren Kaiserlichen Bücherschatz ein falsches Licht geworfen und eine Unrichtigkeit in Ihr hochgeehrtes Werck über Weber hineingebracht hätte.

Mit Hochachtung empfehle ich mich Ihnen
ganz ergebenst.
Graf M. Korff

Apparat

Zusammenfassung

beruhigt J., dass die Oberon-Partitur vollständig in der Kaiserl. Bibliothek vorhanden sei, die Ouvertüre ist z. Zt. in einer Ausstellung, die Anzahl der Takte auf S. 17 beträgt 48 nicht 40

Incipit

Meinem Versprechen gemäß, Ihnen genau Auskunft

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. V (Mappe XIX), Abt. 5 C, Nr. 120c

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S. u. Umschlag)
    • PSt: a) С. ПЕТЕРБУГБ 20 OKT. 1873 VII ЗКСП. b) С. ПЕТЕРБУГБ 10 OKT. 1873 *ГОРОД. ПОЧТА

    Einzelstellenerläuterung

    • „… ist blos aus Mißverständniß entstanden“Vgl. dazu auch die Mitteilung von Jähns in der Neuen Berliner Musikzeitung vom 21. Mai 1874,
    • „… In der reich verzierten Mappe“Das Autograph der Oper in der Russischen Nationalbibliothek in St. Petersburg befindet sich noch heute in der repräsentativen, mit rotem Leder bezogenen Kassette mit Goldprägung (ornamentaler Schmuck sowie Titelprägung „OBERON | VON | CARL MARIA VON WEBER.“).
    • „… überreicht; unten das Jahr 1855“Das Schmucktitelblatt (Bl. 1r) hat die Aufschrift: „Originalpartitur ∣ zu ∣ ‚Oberon‘ Romantische Oper in drei Akten von Carl Maria von WeberSeiner MajestätdemAllerdurchlauchtigsten, Grossmächtigsten, AllergnädigstenKaiser und Herrn, HerrnAlexanderKaiser von Russlandetc. etc. etc. ∣ in tiefster Ehrfurcht überreicht ∣ vom Sohn des Componisten ∣ Max Maria Frhrrn. von Weber ∣ 1855“.

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