Blanca Meyerbeer an Giacomo Meyerbeer in Paris
Sonntag, 9. November 1845
Geliebter Papa,
Glaube nicht, daß Trägheit oder wohl gar Vergeßenheit an meinem langen Schweigen Schuld sind, ich war in der letzten Zeit so beschäftigt, das ich keinen Augenblick finden konnte, das Bedürfniß, Dir meine Gedanken mitzutheilen, zu befriedigen. Ich fange damit an, Dir zu sagen, daß wir Alle wohl sind, und daß Mama sich Gott sei Dank etwas beßer befindet. Jenny Lind ist, wie Du wohl wissen wirst, hier; sie hat uns neulich besucht, und ich fand sie sehr wohl und gut aussehen. Heute tritt sie zum ersten Male in der Norma auf. - In meinem jetzigen Aufenthalte mißfällt es mir sehr, ich tröste mich aber, da ich weiß, daß dieses Verhältniß doch, wie Alles, sein Ende erreichen wird. Dagegen spricht mich der Religionsunterricht vom Prediger Jonas sehr an, und macht mir einen sehr wohlthuenden und angenehmen Eindruck. - Du warst so gütig, lieber Papa, mich aufzufordern, Dir meine Wünsche aufzufordern‡, ich will Dir sagen, daß ich mir vorzugsweise Handschuhe und einige hübsche Bücher wünsche. -
Bonnemaman, die Nonne, Mama und Onkel Wilhelm, auch die gute Nette lassen Dich herzlich und angelegentlichste grüßen, ich bitte Dich, so bald als möglich wieder zu kommen, und binDeine
Dich innigst liebende Tochter
Blanka.
Apparat
Verfasst von
Zusammenfassung
u. a. am Rande Webers Pintos erwähnt (in Minnas Teil)
Incipit
„Glaube nicht, daß Trägheit oder wohl gar Vergessenheit/ Als ich gestern Deine“