Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London
Dresden, Freitag, 24. und Samstag, 25. Februar 1826 (Nr. 3)
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Mein innigst geliebter Theurer Carl! Villeicht fährst Du in dieser Stunde in Paris ein, wenn die üble Witterung und die schlechten Wege, euch nicht aufgehalten haben. Nun, Gott segne Deinen Eingang, und gebe daß Du nur Freude da erlebst!!. Deinen lieben Brief von Frankfurt habe ich schon gestern erhalten, also den 3ten Tag, zu meiner großen Verwunderung und Freude. Der Husten, in Buttlar*, wollte mir zwar nicht gefallen doch ängstigt mich der fatale Geselle doch‡ nicht mehr so sehr, weil mir alle Aertzte versichern daß er nicht gefährlich sey wenn Du Dich nur schonst und das thust Du ja. Ich soll Dich mit meinen Bild überraschen? ach gute Männe, wenn ich auch recht brav bin, ein Gesicht zum mahlen schön, kann ich doch nicht zu wege bringen. Ich bin würklich noch immer zu eitel, als daß ich mich jetzt mögte mahlen laßen, und besonderst für Dich Du weist ja wie die Mukin aussieht wenn sie ihren guten Tag hat, so denke‡ laß mich um Dich schweben, daß ist das beste Bild. Für die Buben will ich mich einmal mahlen laßen in 10 Jahren, wenn ich so lange noch lebe, dann werde ich recht ehrwürdig aussehen.
Bis Frankfurt konnte ich Dir mein Geliebter von Ort zu Ort mit meine Gedanken folgen, aber nun reistest Du für mich so in’s Blaue hinein, und das ist eine recht fatale Empfindung. Nun aber will ich mir fest einbilden daß Du heute nach Paris gekommen bist, und Dich nun ein paar Tage pflegst und ausruhst. Daß Dich die Reise sehr angreifen muß kann ich mir freilich auch nicht verhelen, besonderst bey dem entsetzlichen Wetter. Alle Morgen ist es mein erstes, den Himmel zu observieren, ob mein Reisender gut Wetter hat aber bisher habe ich den Kopf immer höchst betrübt wieder zum Fenster herein gezogen denn es regnet in einen fort, und der Himel sieht recht graulich aus. Heute ist auch die Elbe auf gegangen, und das Waßer wächst bedeutent. Wie mag es Dir bey Deinen Uibergang über den Reihn gegangen sein? War die Eisfahrt schon ganz vorüber? Was der Mensch doch für Sorgen hat wenn so ein geliebtes Wesen in der Fremde ist! sogar auf die entferntesten Nachrichten vom Krieg horche ich ängstlich, weil ich fürchte es könnte auch mit England los gehen, und das villeicht gespert werden. ja lache nur mein Alter, hinterher, wenn ich Dich wieder habe, will ich auch mit lachen, aber jetzt sehe ich überall Gespenster. Ich bat heute den guten Rothe um ein Attestat wegen meiner guten Aufführung, aber der gewißenhafte wollte mir keins geben, weil er mich gar so wenig sehe, und also nicht bestimmt wißen könnte ob ich auch immer hübsch brav wäre. Aber er hätte mir es mit | guten Gewißen geben können, denn ich gebe mir alle Mühe meiner guten Männe Freude zu machen, und ich weiß das ist ihm die gröste, wenn er mich ruhig weiß. Ich will mich auch jetzt in einen Strudel von Zerstreuungen stürzen, will in Gesellschaft und ins Theater gehen und überhaupt recht flott leben. Hast Du schon viel Austern gegeßen? hast Du dabey meiner gedacht, und gesagt: Herr Martin ich eße für ihn?* Sieh nur, wozu brauchst Du noch mein Bild, eine Auster thut die selben Dienste. Die Knobloch ist vorgestern von einen kleinen Mädchen glüklich entbunden worden, und Mutter und Kind befinden sich wohl. Du kanst Dir die Freude in dem Hause denken. Der neue Tenor Rebini hat denn entlich auch einmal losgeschoßen, und recht gefallen*. Gestern war die Montalban*, wo es sehr voll soll gewesen sein, und die auch sehr gefiel. Von Banqueroten hört man noch viel ängstliche Gerüchte, und ich hoffte recht darauf von Dir, von Frankfurt aus Verhaltungsregeln zu bekomen, man weiß nicht was man thun soll, es sieht überall gar so schlimm aus.
Sehr begierig bin ich auf Deinen ersten Brief aus Londen. ob Dir es gefällt, wie die Lebensweise ist, wie Du bist aufgenomen worden, und vor allen wie das Klima Dir zusagt. Leider ist es nur noch gar zu lange hin bis ich diese ersehnte Nachricht erhalten werde, und in der Zeit, wo ich sie erhalten kann wird sie mich nur halb erfreun, denn dann ist die Zeit der Aufführung des Oberons nahe, und Du wirst mir schon erlauben müßen meine gehörige Portion Angst deßhalb aus zu halten. Ach könnte ich nur auf ein paar Tage zu Dir fliegen, um die Oper mit anzusehn!! Die 14 Tage nachher werden mir die Schlimsten der ganzen Trennung sein. Nun Gott wird Dich nicht verlaßen, und Dir auch hier seinen Segen verleihen.
Daß wir alle Drey recht gesund sind, darf ich wohl nicht vergeßen zu melden, denn wenigstens für mich wäre es peinlich wenn Du mir nicht in jeden Brief das austrüklich sagtest. Mein dummer Husten will mich zwar noch nicht verlaßen, aber daß ist eine Sache ganz ohne Bedeutung. Max fragt jeden Morgen: wie lang dauert es nun noch bis Vater wieder kömt? und Allex zeicht recht freundlich nach Deinen Bild wenn man ihn nach dem Vater frägt, er wird Dich gewiß wieder erkennen, denn ich nehme das Bild mit nach Hosterwitz. ach wäre es schon so weit, dann hätte ich viel überstanden. Na, Geduld! sagt die Männe, es übersteht sich auch. Aber fort kömst Du mir sobald nicht wieder, das sag ich Dir. und wenn Du goldne Berge mit nach‡ Hause bringen könntest.
Nun Gott segne Dich mein Theurer geliebter Herzens Mann + + + bleibe gesund, und sey froh. behalte aber auch lieb, Deine Treue Lina. |
Das Prifelegium für Schlesinger ist auch ausgefertigt*, soll es Ihm angezeigt, oder zugeschikt werden? Die Unkosten das Trinkgeld für den Uiberbringer eingerechtet‡ eingerechent beläuft sich auf 13 Thaler. muß das nicht Schlesinger bezahlen? Von mehreren Directionen ist um das Honorar für den Oberon angefragt worden, was soll darauf geantwortet werden? ich werde sie bis zu Deiner Rükkunft vertrösten. ein Brief aus Paris ist auch angekomen, den habe ich aber nicht aufgemacht, hoffendlich wird Dich der Schreiber selbst sprechen. Unseren armen Rothe geht es heute wieder nicht recht gut, er fängt an über den ganzen Leib zu schwellen, und der Doctor fürchtet es mögte sich Waßer unter der Haut sameln. Er ist recht ungeduldig der arme Leidende und wäre gar zu gern dem Artzt schon entlaufen, nun hat er aber auf’s neue wieder Arrest. Die Hennick[stein]‡ und alle Freunde grüßen Dich herzlich, und wünschen mit mir, bald eine frohe Nachricht aus Paris und Londen zu erhalten. Wenn Du nur meinen Brief No 1 in Paris richtig erhalten hast, es wäre für euch beide betrübt so lange ohne Nachricht zu sein. Mit der Fürstenau und dem Kinde geht es auch recht gut. An Besuchen und Tröstungen fehlt es mir nicht, aber die letztern sind von der Art daß sie nicht viel helfen würden wenn die Mukin nicht selbst gescheit sein wollte. Dr. Wolf hat mich auch besucht und mir ein Pulver zum schluken geschikt. Er ist Deinetwegen voll guten Muths und hofft das Beste.
Auch Deine Alte will seinen Beispiel folgen, Du kanst Dich darauf verlaßen. Max bittet dem Vater zu schreiben daß er gut und brav ist, und küßt den lieben Vater die Hand, auch der kleine Dike bittet ihn nicht zu vergeßen.
1000 Küße von D’r Lina.
Editorial
Summary
Sorge um sein Wohlergehen; Privates und Familiäres; erwähnt angekommene Briefe; erwähnt neuen Tenor, Bankerotte, Ankunft des Privilegiums von Schlesinger und eines Briefes aus Paris; bittet um Nachricht aus London und über dortige Lebensweise usw.; über gemeinsame Bekannte
Incipit
“Villeicht fährst Du in dieser Stunde in Paris ein”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
-
Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Shelf mark: Mus. ep. Caroline von Weber 3Physical Description
- 2 Bl. (4 b. S. einschl. Adr.)
- Bl. 2 zum Kuvert beschnitten
- mit Empfangs- u. Beantwortungsvermerk Webers
- PSt.: a) DRESDEN | 25. Feb. 26 || b) F P O | MR 8 | 1826
- vor “Das Prifelegium” von F. W. Jähns Ergänzung am Rande mit Bleistift: “d. | 25. | früh.”
Text Constitution
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“doch”crossed out
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“denke”crossed out
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“… Du goldne Berge mit nach”ab „Hause bringen ...“ bis zum Seitenwechsel Text am Rand notiert
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“Lieber Alter”uncertain transcription
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“Lieber Alter !”Beginn der Seite ist beschnitten, daher Text nur undeutlich lesbar
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“eingerechtet”crossed out
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“stein”supplied by the editors
Commentary
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“… Freude. Der Husten, in Buttlar”Vgl. Brief von Weber an Caroline vom 18. Februar 1826.
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“… Martin ich eße für ihn?”„Herr Martin! Ich esse für ihn, das wird ihm eben so gut schmecken, als wenn er selbst ässe.“ aus: Der Teufelsstein in Mödlingen Szene II/12 (Pipi).
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“… einmal losgeschoßen, und recht gefallen”Rubini hatte am 22. Februar 1826 am Dresdner Hoftheater sein Debüt als Ramiro in La Cenerentola; zur Bewertung vgl. u. a. AmZ, Jg. 28, Nr. 15 (12. April 1826), Sp. 246.
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“die Montalban”Der Neueinstudierung vom 23. Februar folgte nur noch eine weitere Aufführung (26. Februar 1826); die Beurteilung in der AmZ, Jg. 28, Nr. 15 (12. April 1826), Sp. 245 beschreibt die Musik als „ziemlich veraltet“. In den Vorstellungen am 23. und 26. Februar wirkten u. a. F. Funk (Titelpartie), G. Bergmann (Emanuel), Ch. Veltheim (Louise), F. Hauser (Montalban), A. Mayer (Deli), C. G. Risse (Oberbramin) und C. E. Geiling jun. (Rodrigo) mit.