Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm und Ida Jähns in Berlin
Dresden, erhalten Samstag, 22. Dezember 1849

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Meine lieben Kinder

Noch einen Gruss und herzlichen Dank für die Freude welche mir die Nachricht von Webers Geburtstagsfeier machte, im alten Jahr, und da ich Eure Liebe und Theilnahme kenne auch die frohe Nachricht dass wir alle wohl sind, dass das Kind gedeiht und dem Grosvater ähnlich sieht. Besonders die ersten Tage wo es noch sehr mager war. Wenn es so still mit dem ernsten kleinen Gesicht dalag, überkam mich ordentlich ein heiliger Schauer, denn es war der Weber im Kleinen – Jetzt hat er schon hübsch zugenomen, und es wird nach und nach ein Kindergesicht. Vergangenen Sontag wurde er getauft und erhielt den Namen Carl Maria, Eduart Alexander Die Pathen waren, der Geheimrath Scharschmidt, Devrient, die S v. Quandt* und meine Wenigkeit. Max lässt Euch herzlich bitten ihm wegen seines Schweigens doch ja nicht zu zürnen und hat mir aufgetragen Euch seine Tageseintheilung mitzutheilen damit Ihr ihn nicht etwa für faul haltet. „Morgens arbeitet er bis halb 10 Uhr, dann muss er aufs Ministerium bis 2 auch 3 Uhr. Nach den Essen besieht er sich eine Stunde inwändig, um & Uhr ist wieder Vortrag bis 8 dann hat er noch die Verträge zu Hause zu ändern, und komt nach 9 Uhr Todtmüde erst eine Stunde zu seiner Frau[] — — So viel Arbeit er aber auch hat, so ist er doch heiter und wohl, denn er geht ja doch nun mit Menschen um von denen er etwas lernen kann und deren feine Bildung ihm wohl thut. Die Herrn Minister sind höchst freundlich und zuvorkomend mit ihm, und ziehen ihn in ihre Privatkreise wo es ihm auch recht gut gefällt. Gestern war für Max ein höchst wichtiger und feyerlicher Tag. Er wurde nehmlich als Fr[e]ymaurer aufgenomen und hat auch bey diesem feyerlichen Actus der Liebe und Theilnahme viel empfangen. Möge Gott nun alle ferner so segnen und beschützen wie er es in der letzten Zeit gethan, so können wir ihn nur preisen und danken. Nettchen bekömt das Stillen bis jetzt ganz gut. Sie hat Nahrung genug und blüht dabey wieder ganz auf. Marie und Lina sind auch gut und lieb und entwiklen sich täglich mehr zu unserer aller Freude. Möge Gott uns die 3 lieben Kinder erhalten, und nun einhalten mit seinen Segen, denn an 3 Kinder kann man Freud, und Leid genug erleben.

Noch wollte ich dem Wilhelm in Bezug auf Webers Geburtstag beyliegenden Beleg schicken damit doch endlich die arme ungläubige Seele Ruhe hat. Es ist auch buchstäblich wahr da Weber hauptsächlich nach Eutin reisste um im Kirchenbuch nach zusehen. Das Resultat lest ihr hier in diesem Brief, und nun denk ich bleibt kein Zweifel denn es ist doch fast unglaublich dass im Kirchenbuch ein solcher Irthum vorkomen kann viel ehr ist ein Irthum bey den Eltern vorauszusetzen weil bey uns Katoliken nur der Namenstag gefeiert wird und der Geburtstag unbeachtet bleibt. Da kann es dann wohl komen dass der Datum verwechselt oder vergessen wird. Genug, ich lasse mir durchaus den 19 M. nicht nehmen und wenn auch alle Welt den 18. D. anerkenntT.

Wohl sitze ich jetzt in Weihnachtsarbeiten bis über die Ohren, denn ich habe ja nun für die ganze Familie zu sorgen. Marie bekomt von der Grosmama eine ganze Ausstattung, denn das liebe Kind ist fast aus all ihren Kleidern und Wäsche heraus gewachsen. Lina ist ihr Nachreisser und thut das auch redlich.

Ach, ihr glaubt nicht meine Kinder wie wohl es meinem Herzen thut dass nun Max hier in einer angenehmen Stellung ist! Dass wir ihn haben und er uns nicht nur auf Stunden geborgt ist!

Fast habe ich mir es vorgenomen im Frühjahr, ehe ich nach Pillnitz ziehe, wenn Ruh und Frieden bleibt auf ein paar Tage nach Berlin zu komen. Auch ich habe Sehnsucht die Berliner Freunde zu sehen, und eine kurze Zeit ganz ihnen zu leben. Lange lässt mich die Sehnsucht nach Marie schon nicht bleiben, denn das Kind ist meine ganze Liebe. Sie hängt aber auch mehr an mir als an der Mutter und wäre ich an deren Stelle diese Liebe würde mir schmerzlich weh thun. Gott lob dass Nettchen davon nichts empfindet ich werde sonst schlime Tage haben. Doch nun Gott mit Euch Ihr Lieben. Schreibt bald wieder und behaltet uns alle lieb vor allem aber zürnt nicht dem geplagten Max.

Den Brief schik mir wieder zurück. Doch könnt ihr die bezügliche Stelle Rollstab lesen lassen.

Editorial

Summary

schildert einen Arbeitstag von Max und entschuldigt damit sein Schweigen; er ist als Freimaurer feierlich aufgenommen worden; der Enkel sieht seinem Großvater sehr ähnlich, er ist inzwischen getauft worden, sie ist auch Patin; schickt J. Beleg über Webers Geburts/Tauftag in Gestalt eines Briefes ihres Mannes zur Ansicht; erwägt im Frühjahr einen Besuch in Berlin

Incipit

Noch einen Gruss und herzlichen Dank

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler; Eveline Bartlitz

Tradition

  • Text Source: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Shelf mark: Mscr. Dresd. App. 2097, 133

    Physical Description

    • masch. Übertragung nach dem verschollenen Original (Nr. 133 des Konvoluts)
    • 4 S.
    • am Kopf die Notiz: “Empfangen den 22. Dez. 49.”

    Corresponding sources

    • nicht wortgetreuer Auszug in: Herbert Pönicke, Max Maria von Webers kulturgeschichtliche Bedeutung für Gesamtdeutschland, in: Hamburger Mittel‑ und Ostdeutsche Forschungen, Bd. 1 (Hamburg 1957), S. 65

Thematic Commentaries

Text Constitution

  • “Heinrich”sic!
  • “von”sic!

Commentary

  • Srecte “B.
  • “… , die S v. Quandt”Laut Taufeintrag im Kirchenbuch der Dresdner Hofkirche (Taufen 1846–1860, Bl. 117v und 118r) handelte es sich um „Frau Bianca v. Quandt, abs. vertreten durch Fräulein Camilla Winkler, Hofraths Tochter.“ Als Pate ist im Kirchenbuch nur der Königlich Sächsische Geheime Regierungsrat Carl Heinrich von Schaarschmidt angegeben, während Eduard Devrient, Bianca von Quandt und Caroline von Weber lediglich als Zeugen benannt werden.
  • &recte “6”.
  • M.recte “N.

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