Johann Heinrich Fritsch: Erste Nachricht zur Klopstock-Säkularfeier in Quedlinburg

Back

Show markers in text

Vorläufige Nachricht

von der am zweiten Julius dieses Jahres hier zu veranstaltenden Säcularfeier von Klopstocks Geburt.

Das Jahr 1824 ist das Geburtsjahr eines Mannes, der sich in der Welt einen Namen erworben hat, wie ihn nur wenige erlangen können, und der mit Recht im ersten Range der Berühmtesten des 18ten Jahrhunderts seinen Platz hat. Und dieser Mann gehört zunächst unserer Stadt an, weil sie seine Vaterstadt ist.

Friedrich Gottlieb Klopstock, der unsterbliche Sänger des Messias, ward in Quedlinburg am 2ten Julius 1724 geboren und am 4ten Juli in der hohen Stiftskirche, wie sein Taufschein besagt, getauft. Sein Vater, hier damals Secretär, verließ einige Jahre darauf diese Stadt und pachtete das Amt Friedeburg im Mannsfeldschen, und das entfernte unsern Klopstock in seiner frühesten Jugend von Quedlinburg. Zwölf Jahr war er alt, als er wiederkehrte; nun besuchte er bis in sein 16tes Jahr das hiesige Gymnasium und hierauf bis in sein 21. Jahr die Schulpforte, von wo er mit einem großen Reichthum an Sprach- und wissenschaftlichen Kenntnissen ausgerüstet und hochgebildet im Geist, die Universitäten Jena und Leipzig bezog. Hier gründete er schon im Verein mit den trefflichsten Männern jener Zeit seinen Ruhm, indem in den Bremischen Beiträgen, welche dieser Verein herausgab, drei Gesänge seines großen Dichterwerks, des Messias, zuerst erschienen. Von da an stieg sein Ruhm; ein Werk, einzig in seiner Art, stand bald vollendet da und Klopstocks Name ward im ganzen deutschen Vaterlande mit Achtung und Bewunderung genannt. Ihm folgten bald mehrere Gedichte, größtentheils höherer Gattung, unter denen sich besonders seine Oden eben so sehr durch den kühnsten Gedankenflug als durch Wahrheit und Tiefe der Empfindung auszeichnen. Als religiöser Liederdichter ergreift er kräftig die Gemüther, stärkt sie zum Glauben und erhebt sie zu frommer Begeisterung. Wir | haben von ihm mehrere vortreffliche geistliche Lieder, von welchen auch einige in unserm Gesangbuche stehen, namentlich die Lieder: Selig sind des Himmels Erden &c. (Nro. 235.)Selig sind die, welche nun &c. (Nr. 236)Auferstehn, ja auferstehn &c. (Nr. 220.)Wie wird mir dann, mein Heiland, seyn &c. (Nro. 239) und das, doch sehr veränderte Lied Nro. 450.: Dein sind wir, Gott u. s. w. Auch mehrere ältere Lieder arbeitete er sehr glücklich um, von welchen ebenfalls einige, wie: Begrabt den Leib in seine Gruft &c. (Nro. 449.)Wach auf, mein Herz, und singe &c. (Nro. 502.) u. a. m., unserm Gesangbuche einverleibt sind. Andere herrliche Lieder von ihm, wie seine Morgenfeier: Wenn ich einst von jenem Schlummer &c, sind außerdem uns bekannt. Aber Klopstock hat sich auch, und vorzüglich durch seine Dichterwerke, um unsre deutsche Sprache, deren Berichtigung, Ausbildung, Veredlung und Erhebung ein Verdienst erworben, wie, man kann wohl sagen, seit Luther Keiner, – so große Ansprüche auch Gellert auf einen Rang neben ihm hat. Was würde sie, ohn ihn, noch seyn! Wie ist sie durch ihn und nach ihm, durch von ihm Erweckte und Ermuthigte, bearbeitet und vervollkommnet worden! Und wie mächtig und herrlich hat er auf Verbesserung und Veredlung des Geschmacks im ganzen Gebiete der Kunst und Wissenschaft eingewirkt!

Seit dem 14. März 1803 ist sein Geist zu den Wohnungen des Friedens emporgestiegen, für welche er zu Glauben und freudiger Hoffnung Millionen Seelen begeistert hatte. Sein Leichnam ruht auf dem Kirchhofe zu Ottensen bei Hamburg; aber was Klopstock im Leben war, das wird, das darf Deutschland nie vergessen, und wann sollte es sich dessen lebhafter und bestimmter erinnern, als bei dem Ablauf eines Jahrhunderts, nachdem dieser Mann Deutschlands dem Leben gegeben ward?

Seiner Vaterstadt ist’s aber vor allen würdig, jenen Tag seiner Geburt feierlich zu begehen! Zu diesem Zwecke hat sich ein Verein gebildet, welcher bereits zu einer großen musikalischenFeier am 2ten Juli d. J. in der hiesigen Servatius-Kirche, wo Klopstock, wie vorhin erwähnt, getauft ward, und zur Stiftung eines diesem ausgezeichneten Manne hier aufzustellenden Denkmals die Genehmigung unseres hochverehrten Königs in einer Allerhöchsten Cabinets-Ordre vom 11ten Mai d. J. erhalten hat. Der zweite Julius wird uns also ein Tag lauter, dankbarer Freude, ein wahrer Jubeltag seyn, wozu ihn ganz zu bereiten, die vorzüglichsten Männer im Fache der Musik zusammenwirken, den viele Verehrer des Gefeierten aus allen Gegenden umher durch ihre Gegenwart verherrlichen werden. Der erste Julius schon wird durch eine musikalische Vorfeier das Hauptfest einleiten; dieses wird den 2ten Julius Vormittags von 9 – 12 Uhr in der Schloßkirche musikalisch, namentlich durch Aufführung des herrlichen Vaterunsers von Klopstock, nach Naumanns Composition, Nachmittags aber von 3 – 6 durch eine von einigen sich auf unserm Gymnasium sich bildenden Jünglingen zu haltende öffentliche Redeübung, und Abends durch eine angemessene Harmonie-Musik im Brühl, wo man Klopstocks Denkmal späterhin aufzustellen gedenkt, gefeiert werden. Das Weitere und Einzelne wird zu seiner Zeit näher bekannt gemacht werden. Dies zu einer vorläufigen Nachricht für alle, denen es nicht gleichgültig ist, daß ein so hochverdienter Mann in unserer Stadt das Licht der Welt erblickte und daß sein Gedächtniß in derselben erhalten und geehrt wird.

Editorial

General Remark

Autorennachweis in: Klopstock᾽s hundertjähriges Ehrengedächtniß, gefeiert in seiner Vaterstadt am zweiten Julius 1824. Allen Verehrern des Barden gewidmet, Quedlinburg und Leipzig: Gottfried Basse, 1824, S. 17f.

Creation

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler
Korrektur
Eveline Bartlitz

Tradition

  • Text Source: Gemeinnütziges Wochenblatt für Quedlinburg und die Umgegend, Jg. 1824, Nr. 21 (22. Mai 1824), col. 161–162

    Corresponding sources

    • Klopstock᾽s hundertjähriges Ehrengedächtniß, gefeiert in seiner Vaterstadt am zweiten Julius 1824. Allen Verehrern des Barden gewidmet (1824), pp. 5–8

Text Constitution

  • “Geburtsjahr”sic!

      XML

      If you've spotted some error or inaccurateness please do not hesitate to inform us via bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.