Carl Maria von Weber an Gottfried Weber in Mannheim
München, Freitag, 15. November 1811
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- 1811-11-30: to Weber
- 1811-11-20: from Weber
Lieber Bruder!
Wenn du höllisch böse auf mich bist, so kann ich dir es gar nicht verdenken, denn lange genug habe ich dich auf einen Brief warten laßen, aber ich kann hol mich der Teufel, nichts dafür, höre nur selbst wie es mir gieng. d: 10t 8b schrieb ich dir von Basel aus. d: 13t war mein Concert* welches sehr gut und brillant ausfiel. obwohl die Grosherzogin Stephanie denselben Tag in Lörach einzog und also vieles Volk dahin strömte. d: 14t abends reiste ich ab, kam den 15t auf dem Wolfsberg bey Baron Hogguer an, und blieb da bis zum 20t wo ich aus einer Gesellschaft in die andere geschleudert, keine Minute für mich hatte. d: 21t reiste ich ab und kam d: 24t in München an, wo ich deinen Brief vom 15t 8ber fand mit dem Einschluß von Beer. Hier muste ich nun sogleich Anstalten zu meinem Concert machen, weil das Orchester bald abbonirte Concerte giebt. zu meinem Concert muste ich noch eine Große Overture aus D moll neu bearbeiten von meinem alten Rübezahl, und wollte auch ein neues Concert für mich schreiben, wovon ich aber nur das Rondo* fertig brachte Es dur. und alles dieses muste bis d: 9t 9ber als Tag der Probe, componirt und abgeschrieben seyn die unzähligen Visiten abgerechnet. du siehst ein daß ich die Nächte zu Hülfe nehmen muste um fertig zu werden, und hoffe somit auch bey dir entschuldigt zu seyn. Mein Concert* fiel so brillant aus wie noch [nie?] eines in München. vide beyliegende Zeitung*. die Overture wurde /: wie alles :/ göttlich executirt, und sie ist gewiß das kraftvollste und klarste was ich geschrieben habe. das neue Rondo /: zu dem ich das alte Allo: und Adagio spielte :/ ist in einem ganz anderen Charakter, und noch viel brillanter und schwerer als das Erste, ein wahrer übermüthiger Sturm und Drang. die Scene und Arie habe ich in der Schweiz geschrieben und halte sie für [. . .‡] gut. Auszüge aus dieser Zeitung* wirst du wohl besorgen. Sendtner der Red:‡ wird dieser Tage an Dusch schreiben. vernachläßigt ihn ja nicht er ist uns äußerst ergeben, und vielleicht einst reif. Meine Einnahme belief sich auf 500 f. – Nun kömt aber für dich das interreßanteste. vor ein paar Tagen erhielte ich Briefe von Triole, und dieß bestimmte mich meine Reise nach Berlin über Prag zu machen. d: 1t December längstens reise ich mit dem Klarinettisten Bärmann meinem lieben Freund dahin ab, daher säume ja nicht mir sogleich zu antworten. Vogler | [und] Beer wollen diesen Monat noch hier eintreffen*, ich wünsche von Herzen sie noch zu sehen. kannst du mir Briefe nach Berlin, Prag, Dresden Leipzig, Weimar, Gotha. verschaffen* so thue es und schikke sie an Triole seine Adresse ist: abzugeben im Fürst Linskischen‡ Hause zu Prag. damit du nicht böse wirst wenn ich dir auch jezt nicht so viel schreibe als du erwartest so muß ich dir sagen, daß ich vor meiner Abreise noch ein ganzes Fagott Concert, 6 kleine Duetten für die Königin*, und eine große Tenor Arie zu comp: habe. es ist unbegreifflich wie ich in Arbeit sizze, und schaudert mir die Haut, wenn ich an alles noch zu vollendende denke. das Thema was mir die Königinn gab, war die Romanze aus Joseph*, C dur 2/4. ich war glüklich disponirt und es mißlang nichts. dieses Kunststük hat allgemeine höllische Sensation erregt, und meinen wenigen Feinden das Maul verleimt. deine Rez: vom Eisenha:* habe gelesen im Elegans. aber Unk: noch nicht im Mattinale*. treibe lezteren ja daß er mit Sendtner fleißig corresp: von dem Heidelb:* habe ich lange nichts gehört, was macht er? ich bin überhaupt höchst begierig auf Nachrichten von dir. wenn du gleich antwortest erhalte ich deinen Brief noch hier. an die Frau Gräfin Benzel nebst Gatten* meine herzlichsten Grüße, und entschuldige mein Stillschweigen, aber bey Gott, so war ich noch nie am Brett mit Arbeit wie seit 3 Wochen. schreibe also viel und umständlich.
grüße Houts und
deine liebe Gustel nebst Biwele bestens von lhrem besten
Freund
Weber.
München d: 15t 9ber 1811.
NB: so offizielle Artikel in der Münchener Z: werden meistens auch in den Moniteur aufgenommen. Sendt: wird auch künftig Aufsäze fürs Gesellschafts Blatt* Honoriren.
Die Ph: […]‡* ergezte das Publ so sehr das pu[…]‡
eines der gezeigten Stüke wiederholt werden mußte nochmals […]‡
[…]‡ aber auch einige welche nun das Stük zum drittenmale [/]
*die‡ mit seiner‡ optischen Erscheinung erwartete‡ des B Sch[…]‡ machten‡ besonders viel Glük‡ Beifall‡ bei dem hiesigen Publikum, und dabei geschah es denn daß, nachdem eine solche Erscheinung schon auf Verlangen der Zuschauer wiederholt war, einige junge Herrn die die Sache zum drittenmale zu sehen wünschten mit einem kräftigen bis laut wurden.
Editorial
Summary
Bericht über Schweizreise und Rückkunft in München; erwähnt Kompositionsaufträge für München; Plan nach Prag zu gehen; Vereinsangelegenheiten
Incipit
“Wenn Du höllisch böse auf mich bist, so kann ich Dir”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
Text Constitution
-
“. . .”overwritten
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illegible text
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illegible text
-
illegible text
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illegible text
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“die”overwritten
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“mit seiner”added above
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“erwartete”added above
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illegible text
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“machten”overwritten
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“Glük”overwritten
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“Beifall”added above
Commentary
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“d: 10 t … war mein Concert”Zu Webers Konzert in Basel vgl. Tagebuch 13. Oktober 1811.
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“das Rondo”Das Rondo zu dem späteren Konzert Nr. 2 Es-Dur für Klavier und Orchester vollendete Weber laut Tagebuch am 7. November 1811.
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“Mein Concert”Zu dem Konzert vom 11. November vgl. Über Webers Konzert in München am 11. November 1811, Aufführungsbesprechung München, kleiner Redoutensaal: Konzert von Carl Maria von Weber am 11. November 1811, Carl Maria von Webers Konzert am 11. November 1811 in München (II), Kunstbericht aus München, 13. Oktober 1811 sowie die kurzen Berichte im Journal des Luxus und der Moden und der AmZ..
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“Auszüge aus dieser Zeitung”Ein als solcher kenntlich gemachter Auszug aus der Besprechung in der Münchener Politischen Zeitung erschien in: Badisches Magazin, Jg. 1, Nr. 224 (21. November 1811), S. 895–896, vgl. Kunstbericht aus München, 13. Oktober 1811.
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“Red:”abbreviation of “Redakteur”.
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“Vogler und Beer … noch hier eintreffen”Vgl. Brief an Georg Joseph Vogler vom 5. November 1811, Brief an Johann Baptist Gänsbacher vom 13. November 1811 und Brief an Gottfried Weber vom 29. November 1811.
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“Briefe nach Berlin … Gotha . verschaffen”Zu den Empfehlungsbriefen für Weber vgl. Brief an Gottfried Weber vom 31. Dezember 1811.
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“Linskischen”recte “Kinskyschen”.
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“6 kleine Duetten für die Königin”Weber komponierte nur drei Duette und überreichte sie laut Tagebuch am 26. November zusammen mit drei Canzonetten der Königin Karoline Friederike Wilhelmine von Bayern.
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“Romanze aus Joseph”Es handelt sich um die beliebte Romance No. 2, À peine au sortir de l’enfance aus Etienne-Nicolas Méhuls Joseph, Opéra [comique] en trois actes. Niedergeschrieben bzw. komponiert hat Weber seine eigenen Variationen über dieses Thema (JV 141), die dann als op. 28 veröffentlicht wurden, erst im September 1812 in Gotha.
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“… verleimt. deine Rez: vom Eisenha:”Gottfried Webers Besprechung von Bernhard Anselm Webers Melodram Der Gang nach dem Eisenhammer erschien in der Zeitung für die elegante Welt, Jg. 11, Nr. 212 (24. Oktober 1811) Sp. 1695–1696, vgl. Korrespondenz-Nachrichten aus Mannheim. Eine zweite, mit Philokalos gezeichnete Besprechung erschien in: Privilegirte gemeinnützige Unterhaltungsblätter (Hamburg), Nr. 82 (30. November 1811) S. 654, vgl. Korrespondenz-Nachrichten aus Mannheim.
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“Unk: noch nicht im Mattinale”Es könnte sich um die Notiz über Bernhard Anselm Webers Konzert innerhalb der ungezeichneten Korrespondenz-Nachricht aus Mannheim handeln, die im Morgenblatt für gebildete Stände, Jg. 5, Nr. 246 (14. Oktober 1811), S. 984 erschienen ist.
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“von dem Heidelb:”Möglicherweise Carl Ludwig Roeck, vgl. Brief an Gottfried Weber vom 14. September 1811 .
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“Gräfin Benzel nebst Gatten”Marie und Ernst Christian von Benzel-Sternau; Weber war der Gräfin zuletzt am 5. September 1811 in Zürich begegnet.
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“Gesellschafts Blatt”Gesellschaftsblatt für gebildete Stände.
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“… Die Ph:”In dem genannten Artikel heißt es u. a.: Einige Phantasmagorieen ergezten das gemischte Publikum so sehr, daß einige der Erscheinungen wiederholt werden mußten.
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“Die Ph: ergezte … zum drittenmale [/]”Die Notizen von Gottfried Weber gehören zu dem Entwurf eines Zeitungsartikels über die Vorstellungen des Prof. Schuar in Mannheim, vgl. dazu Morgenblatt für gebildete Stände, Jg. 5, Nr. 299 (14. Dezember 1811), S. 1196.