Carl Maria von Weber an Johann Nepomuk Poißl in München
Dresden, Freitag, 10. August 1821

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S. Hochwohlgebohren

dem Herrn Baron von Poissl

Königl: Bayerschen Kammerherrn,

Comandeur und Ritter mehrerer

Orden pp

zu München

Verzeihe wenn ich in Geschäften vergraben dir heute nur in wenig Zeilen das nothwendigste deines lieben Briefes beantworte, um nicht zu spät die Notizen an dich gelangen zu laßen.      Du wirst dich kreuzigen und segnen wie ich in dein Fleisch gewüthet habe*. ich enthalte mich auch aller Gründe, ausgenomen meiner Ueberzeugung und die Liebe für dein schönes Werk anzuführen, und daß nun nach reiflichster Ueberlegung erst in den lezten Hauptproben so gekürzt wurde.

Erster Act. in No: 6 nach dem Allo: assai, im Marsch, fällt der Chor schon im 4ten Takte ein. komen daher der 5t 6t 7t und 8t heraus, dann bleiben 19 Takte, und die lezten 12 werden wieder gestrichen.

Zweiter Act. Szene 8, springt es von, = und meines Freundes Hand reißt mich hinab = zu = so willst zu wirklich? = mit wenig veränderter Harmonie.      Im darauf folgenden Recit. des Megacles springt es so von = was sag ich, bleiben! = zu = nein, menschlicher ists jezt von ihr zu scheiden. dann bleibt die Preghiera weg, /: hier muß ich doch noch bemerken daß der Sänger Mayer zu solchem Gesang nicht hinlänglich anspricht, um die in Ohnmacht liegende Geliebte vergeßen zu machen*. bey Mittermaier können da andre Rüksichten vorwalten. :/ und das Rezitativ des Licides fängt mit F Harmonie statt D moll an.

im 3t Akte endlich, haben wir ein paarmal das Adagio des Duetts weggelaßen und gleich mit dem Allo: angefangen. Jezt geben wir es aber ganz wie es ist*.

Nun, zanke, schelte, ich habs aber gut gemeint, und alle glauben daß das Ganze dadurch gewonen habe. Anträge von KaßelT habe ich wohl, aber es wird wohl nichts draus werden.      Nächstens mehr und ausführlicher. Grüße Bärmann pp herzlichst und behalte lieb deinen alten treuen Bruder
Weber

Editorial

Summary

teilt ihm seine für die Dresdner Aufführung aus Personalgründen leider unumgänglichen Kürzungen von dessen Oper (Der Wettkampf zu Olympia, oder die Freunde) im Detail mit; erwähnt Engagementsangebot nach Kassel

Incipit

Verzeihe wenn ich in Geschäften vergraben dir

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: München (D), Bayerische Staatsbibliothek, Musikabteilung (D-Mbs)
    Shelf mark: Autogr. Cim. Weber, Carl Maria v.

    Physical Description

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • PSt: DRESDEN | 10 AUG

Text Constitution

  • “Mayer”added above

Commentary

  • “in dein Fleisch gewüthet habe”Weber führte Poissls Oper Der Wettkampf zu Olimpia zweimal in Dresden auf (16. März 1820 und 30. April 1821) und hatte zur ersten Aufführung einen Einführungstext für die Dresdner Abend Zeitung, Jg. 4, Nr. 64 (16. März 1820) geschrieben.
  • zurecte “du”.
  • “… liegende Geliebte vergeßen zu machen”Bezieht sich auf die Rolle des Megacles, der angesichts seiner ohnmächtigen Geliebten Aristea zu den Göttern betet (Preghiera, Szene II/8) .
  • “… aber ganz wie es ist”Möglicherweise plante Weber weitere Aufführungen des Werkes, die allerdings nicht zustande kamen.

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