Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Dresden
Weimar, Mittwoch, 6. Juli 1825 (Folge 1, Nr. 3)

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An die

Freyfrau Carolina von Weber

Hochwohlgebohren

Dresden

Glüklich und wohl sind wir alle hier angekommen. Das Wetter ist ordentlich galant gegen meine Pferde, immer kühl und Regen drohend so lange ich unterwegs bin, sogleich schön, wenn ich ins Quartier komme.      Von Leipzig laßen Dich Weißes und Rochlitz herzlichst grüßen. Bei lezterm brachte ich den Abend zu.      Wendt hat große Lust, ein eigenes Werk über mich zu schreiben*.      Gestern d. 5t früh, goß es so entsezlich daß ich, obwohl schon um 5 Uhr zur Abfahrt parat, doch bis 7 Uhr wartete, wo es auf hörte.      Auf der preußischen Gränze paßirte mir ein recht unangenehmes Stükchen.      Natürlich erkläre ich, nichts Akzisbares zu haben; da finden sie das Tuch für die Mutter, an das ich weder gedacht hat noch überhaupt für eine Waare ansehen konnte.      Nun sollte Johann den Koffer aufmachen, und — hatte die Schlüßel verlohren. natürlich sah das verdächtig aus, und ich mußte da kein Schloßer da war, bis Lützen einen Gränz Beamten mitnehmen, zum Hauptzollamt. Hier brachte mein Name sogleich die höchste Artigkeit zu wege. Der Koffer wurde zwar visitirt, ich bezahlte aber nur 8 gr. für das Tuch Durchgangs Zoll, und alles war wieder in Ordnung bis auf ein bischen Zeit Verlust und Ärger.      Der leztere war aber, Gott sei Dank ganz unbedeutend, und ich erkannte mit Freuden darin daß meine Reizbarkeit bedeutend vermindert ist. um 11 Uhr war ich schon in Weißenfels, aß recht erträglich zu Mittag, in demselben Gasthof wo wir übernachtet hatten*, — suchte dann Müllner auf, traf ihn aber nicht*, und kutschte dann nach Naumburg wo ich um 4 Uhr schon ankam. Da war Meße. ich gieng auf die Vogelwiese, besah Panoramen, wilde Thiere pp. Zufällig erblikte ich eine Firma aus Chemnitz, und mir fällt ein nach Kunstmann zu fragen. Da finde ich auch einen alten Bekannten, einen sehr artigen Mann H: Claus, der es sich nicht nehmen läßt mich zu führen, mir die wahrhaft herrliche Gegend zeigt, Abends mit mir im blauen Hecht aß, und mir sehr angenehm die Zeit verstreichen machte.      Spontini war den Tag vorher durchgereißt. so auch hier*.      beim Mittags Tisch traf ich den Sohn Göthes. der mich sogleich seinem großen Vater ankündigte, und dem ich um 5 Uhr meine Verehrung darbringen werde.      Die Pferde sind so munter, daß ich kaum glaube Morgen den ganzen Tag hier zu bleiben, obwohl ich auch keinen ganzen Tag gewinne wenn ich früher gehe, sondern nur ½ Tag früher in Frankfurt ankömme, woran mir auch nichts liegt.

Mit jeder Stunde fällt es mir schwerer aufs Herz daß ich so lange ohne Nachricht von Euch bin. Es ist mir schon wie eine Ewigkeit. und wenn ich nun auch Brief in Frankfurt fände, so kann er unmöglich viel enthalten, da du ihn am Montag schon fortschikken mußtest.      Ich bitte Gott nichts, als daß ihr euch so wohl befinden möget als ich.      Troz der scharfen Luft habe ich nicht einmal bis jezt einen Schnupfen bekommen und bin nur etwas echaufirt, weshalb ich aber doch aufs süßeste schlafe.      Du hast mir verboten zärtlich zu sein, ich darf dir also nicht sagen, wie sehr ich mich darnach sehne dich alle Tage nur ein halb Stündchen zu sehen.      ist der Max recht artig? er soll ja dem Vater die Freude machen er läßt recht schön darum bitten.      Wie geht’s mit Alex Zahnen? sind die Mädels noch verträglich? und was mach dein Kopferl? war Hedenus einmal da? in Ems soll es sehr sehr voll sein. aber alle Menschen rühmen es unendlich.      Gott gebe seinen Segen.      Nun muß ich schließen, damit er auf die Post kömt.

Gott segne Euch meine innigst Geliebten, Mutter und 2 Stammhalter. + + + grüße den treuen Roth und Keller recht herzlich, und sey brav, und behalte lieb deinen dich über
alles liebenden
Carl.

Editorial

Summary

Weimar ist erreicht, berichtet von Zollerlebnis an der preußischen Grenze, hat Müllner in Weißenfels nicht erreicht, traf in Naumburg einen Bekannten aus Chemnitz, in Weimar den Sohn Goethes, der ein Treffen Webers mit Goethe vermittelte, Privates

Incipit

Glüklich und wohl sind wir alle hier angekommen

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ep. C. M. v. Weber 187

    Physical Description

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • Siegelloch
    • PSt: WEIMAR. | 7 JUL 1825.

    Provenance

    • Weber-Familiennachlass

    Corresponding sources

    • Joachim Veit, Eveline Bartlitz und Dagmar Beck (Hg.), “...die Hoffnung muß das Beste thun.” Die Emser Briefe Carl Maria von Webers an seine Frau, München 2003, S. 31f. (mit Faks.)

    Commentary

    • “… Werk über mich zu schreiben”Zu Wendts Projekt einer Weber-Biographie vgl. auch seinen Brief an Rochlitz vom 26. Juni 1826, Rochlitz’ Briefe an Böttiger vom 21. Juni 1826 und an Mosel vom 30. September 1826 sowie Weberiana 25, S. 6–11.
    • “… Gasthof wo wir übernachtet hatten”Das Ehepaar von Weber hatte laut Tagebuch in den Nächten 15./16. und 16./17. Dezember 1817 in Weißenfels übernachtet; der Gasthof ist dort nicht genannt.
    • “… auf, traf ihn aber nicht”Die von Weber zurückgelassene Visitenkarte besaß Müllner noch 1828; vgl. dessen Brief an K. Th. Winkler vom 3. März 1828.
    • “… vorher durchgereißt. so auch hier”Spontini befand sich auf der Reise nach Paris.

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