Vorwort zur Ausgabe von Wilhelm Schneiders Trio für drei Klaviere
Vorwort zu W: Schneiders Trio für 3 Claviere.
Vorliegen‡ Gegenwärtiges Trio war die lezte Arbeit W: S.‡ W. S: ist wie alle Menschen die ein […]‡ Höheres in der Kunst ahnden, als den gewöhnlichen Zwek blos angenehm zu unterhalten häufig und besonders von den‡ ihn zunächst umgebenden verkannt worden. Die Wenigen die das wahrhaft Geniale in seinen Arbeiten heraus zu fühlen vermochten, waren enthusiastisch für ihn eingenommen, und die kalten blos nach einmal hergebrachten Formen Aburtheilenden, ließen sich durch manches Dunkele, vielleicht sogar von Anfang‡ Verworrene in den‡ Arbeiten S:‡ das‡ durch das noch unsichtbar‡ausgesprochene Streben nach […] Pfaden, die ein aufkeimendes Talent ein mit dem ganzen reinen‡‡ und die‡ des sich neuen Weg zu‡ bahnenden […]‡ Talents, bestimmen, bloßes Haschen nach Neuheit, und Planloses Akkorden Spiel in Schneiders Schöpfungen‡ zu finden.
Nur lange Erfahrungen leiten auf jene Klarheit, die im Stande ist‡, Neuen Ansichten und Ideen, auch eine‡ Form zu verleihen, die deutlich sich‡ vor den Zuhörer stellt, und in keiner Kunst ist es wohl schwerer ein recht vollendet abgerundetes Ganze mit der‡ Mannichfaltigkeit und doch befriedigender Freiheit zu erzeugen als in der Musik. Das Ungünstige‡ Schiksal‡ versagte Sch: in jeder Hinsicht jene günstigen Umgebungen und Verhältniße, die anfeuernd und zugleich ungestört genug den Geist zur Reife kommen laßen.
Vor allem war seine Gesundheit in […]‡ einem so bedauernswürdigen Zustande, daß er höchst selten frey und ungeängstet von körperlichen Leiden, seiner Phantasie Raum geben konnte. Ein langsames Abzehren endete sein Leben. Vorliegendes Trio war seine lezte Arbeit, die er wenige Tage vor seinem Tode vollendete, und die‡ im wahrhaften Todes‡kampfe zwischen‡ und dem nur noch schnell‡ zuweilen aufblitzenden‡ Kunstfeuer ward sie geschrieben und deutlich ist dieß an derselben zu bemerken. Ref: der durch Zufall Gelegenheit hatte näher mit Schneiders Arbeiten Vertraut zu werden, und manches Urtheil über sein ausübendes Talent von Urtheilsfähigen Männern hörte, glaubte aus obenerwähnten Gründen, den Spielern und Beurtheilern dieses Trios die Geschichtliche Notiz des Entstehens nicht verhehlen zu dürfen, und dadurch einen richtigeren Gesichts Punkt zur Beurtheilung deßelben aufzustellen, und mancher schiefen Ansicht zuvorzukommen. Der Kunstrichter und das Publikum haben zwar nicht nöthig sich nach dem Entstehen eines Kunstwerkes zu erkundigen, sondern daßelbe soll sich selbst rein aussprechen, wo es denn | darauf ankömmt, durch einen kleinen FingerZeig etwas zur Rechtfertigung eines talentvollen Künstlers beyzutragen, und wo es wie hier so intereßant ist dem lezten Auflodern deßelben zu fo‡ Schritt vor Schritt zu folgen, wird die Kritik Rücksicht nehmen, und der Psychologe Stoff für sich finden. Es wäre hier nicht an seiner Stelle eine Beurtheilung des Trios niederzulegen, Ref: begnügt sich bloß zu bemerken, daß Schneider selbst die Menuett für das gelungenste hält nächst diesem das erste Allo: welches bis auf den Schluß einen‡ in‡ einem schönen Guße fortgeht. Das lezte Allo: entstand ganz stükweise und S: änderte sehr viel und oft daran, es kostete ihm auch viele Anstrengung und sein Körper vermochte nicht mehr anhaltendes Denken zu ertragen. Es ist daher am meisten Stükwerk, und nur einzelne Licht Stellen durchfliegen es.
Möchten alle Leser dieses, gegenwärtiges Trio als die lezten Anstrengungen eines Genialen Menschen ansehen der leider der Welt zu früh entrißen wurde als daß sein noch etwas‡ etwas zu ge‡ wenig unter die […]‡ Obhut einer ruhigen Anschauung gebrachtes Genie mit jener Klarheit und unentstellt sich hätte aussprechen können, wodurch alle‡ die Werke der Meister sich als solche bewähren.
Berlin d: 27t August 1812. C. M. vWeber.Editorial
Summary
weist darauf hin, dass es sich bei dem Werk um Schneiders letzte Komposition vor seinem Tode handelt; der Komponist war zu dieser Zeit schon schwer krank; Menuett und erstes Allegro seien sehr gelungen, wie auch Schneider selbst fand, während das letzte Allegro eher als Stückwerk anmutet
General Remark
Im Nachruf auf Schneider (AmZ, Jg. 13, Nr. 46 (13. November 1811), Sp. 780 heißt es: “[...] sein letztes Werk ist ein Trio für 3 Fortepiano, das von denen, welche es gehört haben, sehr gerühmt wird.”
Eine nachweisbare Aufführung des Trios fand am 14. März 1812 im Kgl. Schauspielhaus in Berlin statt. Weber besuchte lt. TB das Konzert, in dem das Werk von Schneiders Schülerinnen, Dem. Tondeur und Dem. Türk, sowie ihrem nachfolgenden Lehrer, Herrn Schwarz, aufgeführt wurde. “Man fand die Komposition gründlich und fleissig, aber etwas mühsam gearbeitet; sie wurde sehr gut ausgeführt.” (vgl. AmZ, Jg. 14, Nr. 17 (22. April 1812), Sp. 276). Die ausführliche Rezension in den Berlinischen Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen, Jg. 73, Nr. 33 (17. März 1812), S. 5f. stimmt kritischere Töne an: “Das Trio hat nicht allgemein gefallen, obgleich es gut genug ist gespielt worden, und daran wäre nicht alles gelegen; das Stück könnte dennoch gut seyn, und gerade seiner Eigenheit, Neuheit, ja seines Verdienstes wegen, nur von den Wenigsten erkannt seyn. | Aber die oben angeführten Forderungen, besonders in Absicht der Triplicität selber, sind nicht erfüllt, und außerdem ist das Stück nichts mehr obwohl auch nichts weniger als eine gute, sogenannte große Sonate nach der neuen Art, [...].”
Höchstwahrscheinlich blieb das Trio samt Webers Vorwort ungedruckt.
Creation
27. August 1812 (laut A und TB)
Tradition
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Text Source: Draft: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Shelf mark: Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (V), Bl. 36a/r–36a/vPhysical Description
- auf Bl. 1 r und v eines DBl., Format ca. 35,6x21,1 cm, Ränder ausgefranzt, Papier stark vergilbt; WZ: Adler mit gespreizten Flügeln und Orden(?) darunter MATSCHDORF (?), Gegenmarke: CFS, Kettlinien 2,4–2,6 cm; Weber Pag. 59/60
Corresponding sources
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MMW III 1866, S. 63–65
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Kaiser (Schriften), S. 325–327 (Nr. 45)
Text Constitution
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“Vorliegen”sic!
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“… ein mit dem ganzen reinen”unbegründeter Absatz in der Vorlage
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“zuweilen aufblitzenden”“auflodernden” crossed out and replaced with “zuweilen aufblitzenden”
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