Tonkünstlers Leben. Fragment XIII (Erstdruck)
[Bruchstücke aus: Tonkünstlers Leben. Eine Arabeske von Carl Maria von Weber. (Fortsetzung)] 3.
[Notensystem mit Bassschlüssel und G]
Die Gesellschaft hatte sich frühzeitig versammelt, und Kunst und Wissenschaft wurden wie immer mit großer Lust und Lebendigkeit umgetrieben, als Diehl mit wonneverklärtem Gesicht hereinstürmte. Stellt Euch vor, rief er, man giebt nächstens den Wallenstein, aber ganz, sage ganz! Welche Freude für mich, der ich ihn immer nur mit beschnittenen Flügeln schweben sah; wie wird er sich jetzt erheben, der königliche Aar!
Aber sage mir, wandte er sich zu Felix, wie kann eine Direction dieß nicht gleich von jeher gethan haben?
Felix. Schauspieler und Direction wollen den Effect, das Publikum will das Ganze. Aber nur erst durch das Hervorbringen des erstern wird es zum Verlangen nach letzterem geleitet. So ging es mit Schillers Werken, so wird es mit Shakspeare, Calderon u.s.w. ergehen!
Diehl. Das ist ja eine verkehrte Procedur, und ich sollte meinen, daß erst aus dem Ganzen der Haupt- und Total-Effect hervorträt.
Felix. Allerdings, sobald du die vollkommen erfüllte Intention des Dichters die Haupt- und Total-Wirkung nennst! Erst schafft der Dichter sein Werk; er verknüpft es mit all den unsichtbaren Fäden, deren Enden an die tiefliegenden Grund-Ursachen gefesselt sind. So erhält sein Gedicht oft eine Ausdehnung, welche die durch Gewohnheit zur Norm wordene Zeitdauer eine[r] dramatische[n] Vorstellung bei weitem überschreitet. Ein mit gesundem Ueberblick ausgerüsteter Director nimmt das Buch zur Hand, und fängt an den Wald zu lichten. Er vertilgt dabei gewiß viel Treffliches und nach der Ueberzeugung des Dichters Nothwendiges; was es aber deß ohngeachtet keinesweges ist, nämlich in so fern das Ganze noch anschaulich und zusammenhängend in seinen Theilen bleibt, und es nun dem Gefühle des Zuschauers überlassen ist, nur die vom Dichter ausgesprochenen und ausgeführten feinsten, inneren organischen und motivirenden Theilchen zu ergänzen. Es ergreift den Zuschauer. Er will mit sich allein den Genuß wiederholen. Er will festhalten in den einzelnen Momenten, zurückrufen, was ihn im Anschauen ergriffen hat. Er liest das Werk ungekürzt. Er ist entzückt, das, was Er – es sich im Geiste wiederholend – dazu gefühlt hatte, hier nun auch deutlich ausgesprochen zu finden, um wie viel herrlicher, als er es sich denken konnte; in welcher vollendeten wohlthuenden Form! Nun besitzt er den Dichter. Nun will er ihn auch ganz so dargestellt haben. Nun ist ihm das Lücke, was es vorher nicht war. Nun erscheint ihm das als Verstümmlung, was nur nothwendiges Zusammendrängen war. Nun hält er es aber auch länger aus, als es ihm in der sonst gewohnten Zeit möglich schien. Er hat einen bekannten Garten vor sich; es erwartet ihn bei jedem Schritt ein liebliches Blümlein, er freut sich im Voraus auf die schöne Aussicht, die sich jetzt urplötzlich eröffnen wird. Er kennt sie schon, und doch überrascht sie ihn jedesmal, weil er wohl weiß, wie überraschend sie herbeigeführt ist. Das erstemal wollte er wissen, wo er sei, ob in einem Garten oder Labyrinth, und erst nachdem er das Ganze durchlaufen hatte, übersieht er es, und weiß, was man ihm bot.
Diehl. Ja, aber wer heißt ihm laufen? warum geht er nicht gleich anfangs ruhig und besieht sich alles ordentlich? Das ist ja eben das Unglück, daß die Leute so mit den Sieben-Meilen-Stiefeln auf Reisen, in die Kunst und ins Theater gehn!
Felix. Alle Gleichnisse hinken. Aber kannst du mir läugnen, daß die gewöhnlich angenommene Zeitdauer und Länge eines Stückes nicht sehr tief in der Natur des Zuschauers begründet sei? wie denn überhaupt alle Maaße und Grenzpunkte, die sich endlich durch unwillkührlich, unbewußt und still einwirkende Gewalt zum Gesetz erhoben haben. Sage mir, ob du länger als drei Stunden, im Stande bist, mit angestrengter Aufmerksamkeit dem Gange und der Entwicklung eines dramatischen Werkes zu folgen? ob dich nicht die Ungeduld, den Gang der Handlung zu erspähen, der ruhigen Theilnahme zur Auffassung der einzelnen, sie leitenden und herbeiführenden Schönheiten beraubt? Unterbrich mich nicht, und wende mir etwa ein, daß, wenn dieses allein der Hauptzweck wäre, man ja jedes Stück nur einmal zu sehen brauche, und es nach dem Ende der ersten Vorstellung sein Interesse verloren habe, da man ja nun einmal wisse, wie die Sache gehe. Allerdings ist dieß keineswegs der Hauptzweck, aber auch wehe dem dramatischen Product, dem dieses Interesse an der Handlung selbst fehlt. Dabei braucht freilich das trockne Factum nicht von so schrecklicher Wichtigkeit zu seyn, daß man zum Beispiel darüber erschrecken und erstaunen würde, wenn man es auch bloß als einen dreizeiligen Zeitungs-Artikel läs. Nein, nur durch Angabe dessen, wie und durch welche Art und Mittel es so und nicht anders auf das innere Leben und die daraus entspringenden Handlungen der uns vors Auge geführten Charaktere und Gemüthsbildungen einwirke, und so die Handlung des Lebens, mit einem Worte das Leben selbst, sich uns vorspiele, erfüllt das Werk und der Dichter die Foderungen des Zuschauers an seine dramatische Kunst. Und wenn sein Werk bei jeder Wiederholung, wo wir doch schon genau wissen, was geschieht, uns nicht eben so wieder spannt, und nach und nach erregt, als das erstemal; dann haben die Mittel ihren Zweck verfehlt; dann ist es vielleicht ein Knall- und Effect-Stück, aber ohne innere Wahrheit, und darum ohne dauerndes Leben.
Diehl. Nun bin ich neugierig, wie du das auf dramatische Musik anwenden willst, und wer da Recht behalten soll, das Handelnde, oder der Stillstand der Leidenschaft, als eigentlicher Vorwurf der Musik? Stillstand nenn’ ich nämlich – vielleicht uneigentlich aber nur als Gegensatz zu dem Fortschreiten im Handeln – das Festhalten eines leidenschaftlichen Momentes.
Felix. Du hast sie ausgesprochen, die große Klippe aller Opern und deren Erzeuger. Wie schwer wird es Letzterem zu beweisen, ob er im Stande war, ein großes Gebilde, das wir bleibend ins Herz aufnehmen, zu verschaffen, oder, ob er nur, von unstät wandelnden Geistesblitzen zusammengesetzt, uns Einzelnes lieb gewinnen, und das Ganze darüber vergessen ließ? In keiner Art von Kunstwerken ist dieses schwieriger zu vermeiden, und daher auch häufiger vorhanden, als in der Oper. Hier ist der Wendepunkt zwischen dem Drama und ihr. Es versteht sich von selbst, daß ich von der Oper spreche, die der Deutsche und Franzose will, einem in sich abgeschlossenem Kunstwerke, wo alle Theile und Beiträge der verwandten und benutzten Künste in einanderschmelzend verschwinden und auf gewisse Weise untergehend eine neue Welt bilden. Meistens entscheiden einzelne liebgewonnene Musikstücke den Beifall fürs Ganze. Selten verschwinden die, im Augenblick des Hörens freundlich anregenden Theile im großen Allgefühle am Schlusse, wie es eigentlich seyn sollte; denn erst muß man die ganze Gestalt liebgewinnen, dann, bei näherer Vertraulichkeit, erfreue man sich der Schönheit der einzelnen Stücke, aus welchen sie besteht. Die Natur und das innere Wesen der Oper, aus Ganzen im Ganzen bestehend, gebiert diese große Schwierigkeit, die nur den Heroen der Kunst zu überwinden gelang. Jedes Musikstück erscheint durch den ihm zukommenden Bau als ein selbstständig, organisch in sich abgeschlossenes Wesen, und doch soll es als Theil des Gebäudes verschwinden in der Anschauung desselben; dabei kann und soll es, (das Ensemble-Stück vornämlich) verschiedene Außenseiten zugleich zeigend, ein vielfältiger, auf einen Blick zu übersehender Januskopf seyn. Hierin liegt das große tiefe Geheimniß der Musik, das sich wohl fühlen, aber nicht aussprechen läßt. Das Wogen und die widerstrebenden Naturen des Zorns, der Liebe, des wonnigen Schmerzes, wo Salamander und Undinen sich umarmend in einander fließen, sind hier vereint. Mit einem Worte, was die Liebe den Menschen, ist die Musik den Künsten und den Menschen; denn sie ist ja wahrlich die Liebe selbst, die reinste ätherische Sprache der Leidenschaft, tausendseitig allen Farbenwechsel derselben in allen Gefühlsarten enthaltend, und doch nur einmal wahr, doch von tausend verschieden fühlenden Menschen gleichzeitig zu verstehen.
Diese Wahrheit der musikalischen Rede, erscheine sie unter welcher neuen, ungewöhnlichen Form sie wolle, behauptet doch endlich siegend ihr Recht.
Die Schicksale aller Epochen schaffender oder bezeichnender Kunstwerke beweisen dieses hinlänglich und häufig. Es konnte wohl z.B. nichts fremdartiger scheinen, als Glucks Schöpfungen in jener Zeit, wo die italischen wollüstigen Ton-Meere alle Gemüther überschwemmt und verweichlicht hatten.
Wir sind jetzt, auf zwar ganz andere Weise, aber vielleicht noch gefährlicher daran, in gewissen Kunst-Irrthümern unterzugehn. Die allwirkenden Zeit-Umstände haben nur die Extreme, Tod und Lust, als Herrscher aufgeworfen. Niedergedrückt von den Gräueln des Krieges, vertraut geworden mit allem Elende, suchte man nur Erheitrung in den gröblichst aufreizenden Kunstlüsten. Das Theater ward zum Guckkasten, in dem man gemächlich – die schöne beglückende Gemüths-Unruhe beim wahren Genusse eines Kunstwerkes ängstlich vermeidend – eine Scenen-Reihe vor sich abhaspeln ließ, zufrieden, durch triviale Späße und Melodien gekitzelt zu werden, oder geblendet durch Maschienen-Unfug ohne Zweck und Sinn. Gewohnt, im Leben täglich frappirt zu werden, that auch hier nur das Frappante Wirkung. Einer stufenweisen Entwicklung der Leidenschaft, einer geistreich herbei geführten Steigerung aller Interessen zu folgen, heißt anspannend, langweilig, und, in Folge der Unaufmerksamkeit, unverständlich. Wie selten bringt der Hörer jene ruhige unbefangene Stimmung mit, die, jeder Art des Eindrucks empfänglich, die Seele wohl dem behandelten Stoff erschließen, aber doch sorgfältig vor bestimmter Meinung oder Richtung des Gefühles bewahrt seyn soll!
Und – rief Diehl – so wie die englische Nationalschuld steigt durch einzelne übermäßige Kraftanstrengung, eben so steigen auch die musikalischen Anleihen und Foderungen an die Kräfte und Mittel der Kunst so unmäßig, daß sie (obwohl auch nur sich selbst schuldig) doch bald mit einem totalen Banquerott endigen müssen!
Der musikalische Reichthum, den die neueste Cultur der Instrumental-Musik hervorbrachte, wird aufs sträflichste gemißbraucht. Der Luxus des Harmonien-Wechsels und die Ueberfülle der Instrumentation bei den geringfügigsten, anspruchlosesten Dingen ist aufs höchste gestiegen. Posaunen sind eine gewöhnliche Würze, ohne vier Hörner kann sich schon gar kein Mensch mehr behelfen, und so wie die Franzosen ihre Ragouts bis zur Gaumen zerfleischenden Lust immer höher und höher potenzirten, so haben sie in gleichem Schwindel, die Ohren fürs Gefühl und das Gefühl für die Ohren nehmend, mit ihrer durch und durch revolutionären Sprudelnatur auch die Musik hinaufgewirbelt, Klarheit und Einfachheit der Harmonie schlachtend, wie sonst die Freiheit der Völker, und lustig hüpfenden Fußes über die blutrünstig gestachelten Verhältnisse des Schönen und Reinen hinwegrasend!
Halt! – rief Felix – der Eifer führt dich zu weit, wenn du einmal anfängst mit deiner Flammen-Schrift zu zeichnen, und du vergißt, daß, wenn der berühmte Componist, auf den du wohl hindeutest, von Mozarts Tiefe und romantischem Schwunge mehr betäubt, als geleitet, von Glucks höchstmöglichst gestellter Deklamations-Treue und Stärke verleitet, und von den abgestumpften Gefühlsnerven seiner Hörer zu stärkeren Reizmitteln gezwungen, nun jedes Wort mit Harmonien-Gold und Instrumentalkraft unterstrich, wenn er alle mögliche künstliche Verwebungen bis zum Bizarren bunt mengte, er doch, von großem Genius beseelt, aus einem eigenthümlichen Gusse seine Werke schuf, und es Etwas ist, das da steht, das ihm gehört, und das, wenn gleich vielleicht nicht ewig lebend, da ihm der allein Dauer gebende Stempel der Classizität fehlt,*) doch immer, als die seltsamste Verkochung des Romantischen mit dem witzig treuen Geregelten, höchst merkwürdig in der Kunst bleiben wird. Weit schädlicher jetzt einwirkend ist aber der aus Süden herüber wehende Rossinische Sirocko-Wind, dessen Glut aber bald ausbrennen wird; denn, wenn auch der Tarantelstich die Leute zum Tanzen bringt, so sinken sie doch bald erschöpft und dann geheilt nieder.
In diesem Augenblicke fiel der am Pianoforte sitzende und zuhörende Klaviermeister mit der Tarantella in rasendem Tempo ein, welcher er, geschickt und höchst witzig parodirend, di tanti palpiti zur Ergetzlichkeit der ganzen Gesellschaft zu verweben wußte. Mit taschenspielerischer Fertigkeit hatte Diehl seinen braunen Mantel umgeworfen, den Kragen zur Kapuze gestaltet, und unterbrach nun den Jubel von einem Stuhle auf die Versammelten herabdonnernd:
Heisa, Juchheisa! Dudeldummdei!Das geht ja toll her, bin nicht dabei.Ist das eine Art Komponisten?Seid ihr Türken, seid ihr noch Melodisten?Treibt man so mit der Tonkunst Spott, Als hätte der alte Musen-GottDas Chiragra, könnte nicht dreinschlagen?Ist jetzt die Zeit der Orchester-Plagen,Mit Pickelflöten und Trommelschlagen?Ihr steht nicht hier und legt die Hände in Schooß,Die Kriegsfurie ist in den Tönen los,Das Bollwerk des reinen Sangs ist gefallen,Italien ist in des Feindes Krallen,Weil der Komponist liegt im Bequemen,Höhnt die Natur, läßt sichs wenig grämen,Kümmert sich mehr um den Knall, als den Schall,Pflegt lieber die Narrheit, als die Wahrheit,Hetzt die Hörer lieber toll im Gehirn, Hat das Honorar lieber, als das Honorir’n.Die Kunstfreunde trauern in Sack und Asche;Der Directeur füllt sich nur die Tasche.Der Contrapunkt ist worden zu einem Kunterbunt,Die Lernenden sind ausgelassene Lärmende,Die Melodien sind verwandelt in Maladien,Und allen gesegneten klass’schen GenußVerkehrt man uns in Knall-Fidibus.Woher kommt das? das will ich euch verkünden,Das schreibt sich her von vielen Applaudir-Sünden.Von dem Geschrei und Bravogeben,Dem jetzt die Publikumer leben,Wenn freche Passag’ macht den Magnetstein,Der den Applaus zieht in die Oper ‘nein,Auf den Laufer, gut oder übel,Folgt das Gepatsch, wie die Thrän’ auf die Zwiebel.Hinter dem Esel kömmt gleich der Schwanz,Das ist ‘ne alte Kunstobservanz.Es ist ein Gebot: Du sollt den altenUnd reinen Satz nicht unnütz halten,Und wo hört man ihn mehr blasphemiren,Alls jetzt in den allerneusten Tonquartieren.Wenn man für jede Octav und Quint,Die man in euren Partituren findt,Die Glocken müßt’ läuten im Land umher,Es wär’ bald kein Glöckner zu finden mehr.Und wenn auch für jeden falschen Accent, Der aus eurer ungewaschenen Feder rennt,Ein Härlein ausging aus eurem Schopf,Ueber Nacht wär er geschoren glatt,Und wär’ er so dick, als Absalons Zopf.Der Händel war doch wohl ein Kunst-Magnat,Der Gluck schrieb doch wohl auch mit Effect,Der Mozart hat auch, glaub’ ich, Neues geheckt,Und wo steht denn geschrieben zu lesen,Daß sie so unwissende Kerle gewesen?Braucht man der Dint’ doch, ich sollte meinen,Nicht größern Aufwand zu reinen Sätzen,Als zu unreinen Gemein-Plätzen!Aber wessen das Gefäß ist gefüllt,Davon es sprudelt und überquillt.Wieder ein Gebot ist: Du sollt nicht stehlen!Ja, das befolgt ihr nach dem Wort,Denn ihr tragt Alles offen fort.Vor euren Klauen und Geiers-Griffen,Vor euren Practiken und bösen KniffenIst die Not nicht sicher in der Zeil,Findt die Melodie und der Baß kein Heil,Ihr schießt mit Deutschem und Fränkischem Pfeil.Was sagt der Prediger? Contenti estote,Begnügt Euch mit eurem Kletzerbrodte!*)Aber wie soll man die Schreiber fassen, Kommt doch das Aergerniß aus den Massen!Wie das Publikum, so das Haupt;Weiß doch niemand, an was das glaubt.Felix. Halt, uns Componisten mag der Herr schimpfen,Das Publikum soll er uns nicht verunglimpfen!Diehl, vom Stuhle springend. Und Ihr mir meinen Rossini nicht! Glaubt Ihr, weil ich seine zahllosen Schwächen kenne, ich liebte ihn darum weniger? Nein, ich lobe mir meinen liebenswürdigen ungezogenen Jungen, l’enfant cheri de la fortune! Seht, wie reizend er das Gemach durchstürmt, wie witzig glühende Funken aus seinen Augen sprühen, welche liebliche herrliche würzige Blümlein er jenen Damen in den Schoos wirft! Was schadet es denn,wenn er in der Eile einen alten Herrn auf die Zehen tritt, eine Tasse zerbricht, oder gar den großen Spiegel zerschlägt, der die Natur so herrlich widerstrahlt? Man verzeiht dem losen Jungen, nimmt ihn liebkosend auf den Arm, in welchen er wohl, gleich wieder lustig übermüthig, einen Biß versucht, dann entlaufend, an der Schule vorbei, und die armen Kameraden auslachend, die darin schwitzen, und vom Publikum höchstens mit Kartoffeln gefüttert werden, indeß er Marzipan knabbert.
Ich fürchte mich vor nichts, als vor der Zeit, wo er anfangen wird, klug werden zu wollen, und der Himmel gebe der gaukelnden Libelle einen gnädigen Blumentod, ehe sie bei dem Versuch zur Biene werden zu wollen, als Wespe inkommodirt!
(Die Fortsetzung folgt.)
Editorial
Summary
Gespräch zwischen Felix und Dihl über den richtigen Umgang mit literarischen Werken auf der Bühne (Kürzung und Bearbeitung) und die entsprechende Wirkung auf das Publikum
General Remark
vgl. Entwurf
Creation
15. Februar 1819 / 7. Januar 1817 / 26. Oktober 1818 / 20. März 1819 (laut TB)
Tradition
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Text Source: Die Muse, vol. 1 (1821), issue 3, pp. 81–98
Corresponding sources
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Abschnitt daraus bereits in AMZ, Jg. 19, Nr. 12 (19. März 1817), Sp. 202–204 (innerhalb Webers "Undine"-Rezension) veröffentlicht
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HellS I, S. 48–62 (Größere Bruchstücke aus andern Kapiteln I.)
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MMW III, S. 260–269
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Kaiser (Schriften), S. 466–476 (Fünftes Kapitel) (Nr. 160)
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Jaiser, S. 229–235 (hier Fragment XVI.3.)
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