Korrespondenz-Nachrichten aus Darmstadt, Mannheim und Heidelberg

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Darmstadt. Im August. Seit kurzem freut sich unsere Hofschaubühne der Anwesenheit der renommirten Madame Milder (Hauptmann). So sehr man auch hier der Fülle und Anmuth dieser, in ihrer Art einzigen Stimme und ihrem gefühlvollen Vortrag Gerechtigkeit widerfahren läßt; so hat doch der öffentliche Beifall bis jetzt noch nicht so recht allgemein und rauschend werden wollen. Wir hörten sie bis jetzt im Sargines und in der Schweizer-Familie. Sie wird im Ganzen zehn bis zwölf Mahl auftreten; unter andern auch als Tamino. Von dieser letzten Rolle verspricht sich die Neugier am meisten; denn es ist ja jetzt die neueste Tagesordnung, Tenorrollen von Altistimmen oder Sopranistinnen vortragen zu lassen.

Man[n]heim. Im August. Die hiesige Bühne hat seit kurzem eine sehr schätzbare Acquisition gemacht an den Tenoristen Klengel zuvor beim Breßlauer-Theater angestellt. Er verbindet mit einer nicht eben ausgezeichneten, aber sehr reinen und angenehmen Stimme sehr geschmackvollen Vortrag, viel Musikfestigkeit und lebhaftes Spiel: vorzüglich, und so ungetheilt wie sonst selten Einer, gefiel er als Jean de Paris *).

Madame Renner, schon in früherer Zeit die Zierde unserer Bühne, nicht bloß als Schauspielerinn, sondern auch für zweite Singrollen, erfreut uns dermahlen mit Gastrollen. Ihre Stimme ist freilich durch das Vorrücken der Jahre zurückgegangen, doch weiß die Künstlerinn diese Mängel durch musikalische Gewandtheit noch sehr gut zu verschleiern: hinreißend, voll Natur, Leben und Freiheit ist hingegen ihr Spiel noch immer, und man möchte sagen: mehr als je. Herr von Holbein ist nur einmahl neben ihr aufgetreten. Mademoiselle Benda von Karlsruher Hoftheater, weit mehr Schauspielerinn denn Sängerinn, gefiel in mehreren Gastrollen nur mäßig, noch weniger Herr Fischer, Fagottist, dermahls am französischen Theater in Hamburg, welcher hier bei seiner Durchreise ein Concert gab.

Madame Milder (Hauptmann) wird nächstens hier auftreten als Iphigenie, Emeline u. s. w. – Brizzi soll ebenfalls noch gegen Ende dieses Sommers wieder hieher kommen, um in Pärs Achill und Mayers Ginevra zu singen.

S. v, Bl–g.

Heidelberg. Mit dem glänzenden Wiederaufblühen der Wissenschaften an unserer, jetzt so ausgezeichneten hohen Schule scheinen auch die Musen, und unter diesen namentlich Polihimnia eingezogen zu seyn. Seit kaum zwei Jahren hat sich hier ein Verein von Musikliebhabern und Dilettantinnen konstituirt, um vollstimmige Gesangstücke aufzuführen. (Von großen Instrumental-Compositionen kann wegen Mangel an hinreichenden Instrumentalisten keine Rede seyn). So wurden bis jetzt: das Mozart’sche Requiem, Händels Messias, Graun’s Todt Jesu, Vogler’s D-moll-Messe, die Dreistimmige von Cherubini, einige von Joseph ¦ Haydn u. a. m. theils in der Kirche, theils in öffentlichen zum Besten der Armen gegebenen Concerten, von ihnen aufgeführt. Das Institut dankt seine Entstehung und sein Aufblühen zunächst der thätigen Leitung des jungen Freiherrn von Babo; seine Erhaltung wird von der Ausdauer des Kunsteifers der Mitglieder abhängen, welche in so kurzer Zeit so schöne Fortschritte gethan.

Der Singchor besteht aus dreißig und mehr Personen; Solosopran: Frau Hofräthinn Wilken (Gemahlinn des berühmten Geschichtsforschers) und Mademoiselle Maurer; Alt: Demoiselle Sartorius; die obligaten Tenor- und Baßstimmen werden von den jeweilig anwesenden Studirenden besetzt.

S. v. Bl-g.

[Original Footnotes]

  • *) Vergleiche Nro. 20. den Artikel: Vermischte Theaternotizen.

Editorial

Summary

Korrespondenz-Nachrichten aus Darmstadt, Mannheim und Heidelberg

Creation

Responsibilities

Übertragung
Fukerider, Andreas

Tradition

  • Text Source: Wiener allgemeine musikalische Zeitung, Jg. 1, Nr. 38 (22. September 1813), col. 305–306

Text Constitution

  • “von”sic!

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