Aufführungsbesprechung EA Leipzig: “Oberon” von Carl Maria von Weber am 24. Dezember 1826 (Teil 3 von 3)

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Korrespondenz-Nachrichten.

[…]

(Beschluß.)

Was die glänzende Aufführung anlangt, zu welcher sich Fremde und Einheimische mit seltener Begierde hinzudränten, ¦ so würde ich fast ungerecht seyn, wenn ich das Verdienst eines Einzelnen besonders nennen wollte. Doch gebührt dem Eifer der Direktion das größte Lob, welche die großen und fast unerhörten Anforderungen, die diese Oper namentlich in Hinsicht auf Pracht und Abwechslung der Scenerey macht, sich nicht hindern ließ, und unterstützt von dem talentvollen Dekorateur Gropius, der unter andern in dem Saale des Kalifen eine vortreffliche Perspektive gemalt hat, und dem gewandten Maschinisten Höck das Unglaubliche geleistet hat. In den Sängern und im Orchester waltete sichtbar und hörbar ein großer Enthusiasmus für die Musik des unsterblichen Meisters, der auch auf das Publikum überging. Doch wurde, wie immer, das Zarte und Tiefe von den leztern weniger anerkannt als das Glänzende der Musik, sonst müßten die Elfenchöre, und vorzüglich der erste, im (leisesten piano gesungene Chor: „leicht wie Feentritt &c.“ und die unvergleichliche Cavatine Rezias im lezten Akte: „traure mein Herz &c.“ in welcher der Ton der tiefsten Schwermuth angeschlagen ist, noch mehr ausgezeichnet worden seyn. Sehr viel – fast zu viel ist von den Hauptpartien der Rezia und Huonss gefordert. Die Scenen des Huon erfordern eine bedeutende Kraft, Stärke und Umfang der Stimme, vorzüglich die glänzende Heldenscene im ersten Acte. Ebenso erfordert die Partie der Rezia, und vornehmlich die Scene: o Ocean du Ungeheuer, um so größere Mittel, da in derselben die größte leidenschaftliche Bewegung sich noch mit äußerer Bewegung verbindet. Herr Vetter und Fräulein Canzi leisteten Alles, was man in dieser Hinsicht von ihnen fordern kann; beyde sangen mit Schwung der Empfindung. In der Partie Fatimes wurde die Absicht des Tonsetzers und des Dichters nicht ganz klar. Es scheint als habe Weber durch den sentimentalen Ton, welchen er der Arie derselben gegeben hat, „Arabiens einsames Kind.“ die Sklavin und Gespielin Rezias, etwas zu hoch gestellt. Auch die zweyte Romanze Fatimens (im dritten Akte) trägt ein sehr eigenthümliches Gepräge, welches sich mit dem gewöhnlichen Zofenspiel nicht vertragen will. Hr. Fischer, welcher zu dem Scherasmin recht wohl paßt, hat auch noch ein anderes Verdienst durch das Einstudiren der Chöre, welches eine große Sorgfalt erfordert. Der Rolle und Figur des Oberon* steht das oben Angeführte entgegen; was seine erstere und einzige Arie anlangt – so kann ich mich mit dem Gedanken des Dichters, dem der Tonsetzer hier ganz treu gefolgt ist, nicht versöhnen; Oberon tritt nicht als leichter Geist, sondern mit einer – ich möchte sagen massiven – Leidenschaft auf. Man höre: Schreckensschwur! dein wildes Quälen selbst im Schlummer niemals ruht! Leiden weißt du nicht zu zählen, fachst nur an die innere Wuth. Immer Angst und immer Schmerzen!“ &c. Man kann fragen tantaene animis coelestibus irae?* Und was der Grund zu solchem Lärm? Puck* sagt: []geringeren Grund hat Mann und Weib gewiß noch nicht entzweyt, als hier vorhanden ist. Wer unbeständiger sey, ob Weib ob Mann: – der Streit ward heftiger – im Zorne stoben sie, wie vordem nach Ost und West und schwuren – in Liebe nimmer sich wiederum zu finden, als bis irgend ein zärtlich Pärchen felsenfest gelobte Treue bewähre.“ es scheint sich daraus zu ergeben, daß die Stimmung des Oberon, ohne Nachtheil der daran geknüpften mährchenhaften Handlung leichter konnte gehalten werden. – Auch die geringsten Partien griffen in das Ganze gut ein. –

In der zweyten Vorstellung am 28sten Dec. wurde Webers Musik mit noch größerem Beyfall gehört und aufgenommen. Aus dieser Musik hört jedes musikalische Ohr und Gemüth immer mehr heraus. Wendt.

Editorial

Summary

Aufführungsbesprechung Leipzig, “Oberon” von Carl Maria von Weber am 24. Dezember 1826, Teil 3/3

Creation

Responsibilities

Übertragung
Schreiter, Solveig

Tradition

  • Text Source: Morgenblatt für gebildete Stände, Jg. 21, Nr. 10 (11. Januar 1827), pp. 40

    Commentary

    • “… Rolle und Figur des Oberon”Die Titelpartie wurde bei der Leipziger EA von Eduard Genast verkörpert.
    • “… tantaene animis coelestibus irae ?”Hegen die Himmlischen in ihrem Sinn so großen Zorn?
    • “… Grund zu solchem Lärm? Puck”Den Puck sang in der Leipziger EA Elise Erhart.

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