Vincent Weyrauch an Gustav Friedrich Wilhelm Großmann in Kassel
Nürnberg, Montag 30. Januar, bis Dienstag, 31. Januar 1792

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Herrn

Herrn Grossmann

Directeur der teutschen

Schauspielergesellschaft

in

Hessen-Cassel

S: T:

Verehrungswerther Herr Grossmann!

Ihr Brief hatt mich nicht mehr in Carlsruh getroffen – sondern hier, wo ich mich seit 3 Wochen befinde. Mein Schwiegervater hat aufs neue eine Direction angefangen, mich so lange gebeten Ihm beyzustehen, daß ich endlich mich ergab, und hierher reißte – d 15n 8br habe ich schon bereits aufgesagt – und aller Versprechungen ohngeacht bin ich doch nicht geblieben – 6. Wochen vor meiner Abreise wurde dann v Hofe die ganze Gesellschaft bis Ostern abgedankt.

Den Einschluß habe ich schon gestern weggeschikt – Von allen den Mitgliedern hab’ ich keinen Muth Ihnen einen vorzuschlagen als Mad: Aschenbrenner – eine Figur wie Mad: Diestel brave Actrice – singt ein wenig – und ist auch bischen Musicalisch – er, der Mann hat hübsche – schöne kann ich mit allem Recht sagen, Figur, aber österreichischen Dialect und kein Feuer – doch bey Ihrer Direction gäbe sichs villeicht –

Durch ein mir angebothenes Engagement hab ich erfahren daß Gatto v Ihnen weg und in Weymar ist – bis Ostern 93. hat er wieder Contract erhalten, da ich nicht kommen konnte – Wie vergnügt wär ich wenn ich bey dieser | Situation Ihnen nüzlich seyn könnte – Meine Frau hat seit dem an Ihrer Stimme gewonnen – als Actrice hatt sie nunmehr Gelegenheit sich zu bilden, da Sie fast täglich zu thun hat – Unsrer lieben Frau Gevatterin wünschen wir v Grund unsres Herzens glükliche Entbindung Meine kleine Familie befindet sich wohl und gesund – ich habe ja Ihnen vor’gen Sommer geschrieben daß meine Frau mich mit einem Sohn beschenkt hat.

Zu neuem Jahre hab ich gewissen Rosenberg einen Brief an Sie gegeben – es scheint daß er noch in Carlsruh ist weil Sie mir davon nichts schrieben – ist nicht für Sie Sprache – und Steifheit wie Spiri – leztrer ist beym Ballion in Anspach – ich habe einen Zettel gesehen wo Herr Spiri als Sigfried v Lindenberg oben an paradirt muß herzbrechend anzusehen seyn – ich habe dies und jenes v dem Avantieren der Mlle Kneisel gehört, daß es mich daher nicht Wunder nimmt daß Sie weggeht – vermuthlich wieder nach Engelland, denn da merkt man die Streiche nicht – | Wäre Gatto mir [nicht] wieder auf die Nase gesezt worden – da Sies doch nicht nöthig hatten so wäre ich nie v Ihnen gegangen, aber Er und ich passen nicht zusamen auch war das Verheltnis der Gage ein Himmelweiter Unterschied – und da hab ich zum erstenmahle gewünscht nie zu Ihnen gekommen zu seyn – Sie nehmen mir meine Offenherzigkeit nicht übel – aber ich kann mir nicht helfen – es muß heraus – s hat mich sehr gekränkt.

Die Oper war Ritter Tulipan v Paisiello war die lezte die ich spielte – Schreiber hat bischen vernünftiges Zeug reingemacht und so ists besser gegangen – ich dächte Sie ließen sichs v ihm geben – wir haben im Trü[ben] auf wiederhohltes Rufen gleich gestern wiedergeben müss[en]* und das war Schuld daß Sie einen Tag später diesen Brief erhalten –

Leben Sie wohl bester Hℓ: Grossmann – Meine Frau empfiehlt sich Ihnen und der Frau Gemahlin unsrer lieben Fr Gevatterin – ich nicht minder – und verbleibe mit aller Hochachtung
Derobereitwilligster Diener und Gevatter
V:Weyrauchmpia

Unser Compℓ: an Mlle Lotte – Ihre Pathe
können sich denken wenn Sie Ihre libe Dora* ansehen und die Zeit
zurükdenken als sie 1 Jahr und 4 Monath alt war.

Editorial

Summary

teilt mit, dass er gegenwärtig seinem Schwiegervater bei dessen Direktion in Nürnberg helfe, gesteht, dass er wegen Gatto von ihm weggegangen sei und und fügt noch ein wenig Theaterklatsch an

Incipit

Ihr Brief hatt mich nicht mehr in Carlsruh getroffen

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler

Tradition

  • Text Source: Leipzig (D), Universitätsbibliothek (D-LEu), Sammlung Kestner
    Shelf mark: I/C/II/444, Nr. 15

    Physical Description

    • 2 Bl. (4 b. S.)

    Corresponding sources

    • Weberiana 14 (2004), S. 60 (Auszug)

Text Constitution

  • “bin ich”added above
  • “da”added above

Commentary

  • “… gleich gestern wiedergeben müss en”Sartis Im Trüben ist gut fischen stand am 26. und 30. Januar 1792 auf dem Nürnberger Spielplan; demnach wurde der Brief am 31. Januar beendet.
  • “… wenn Sie Ihre libe Dora”Doris Großmann, Tochter aus zweiter Ehe, geb. ca. 1788.

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