Karl Theodor Winkler an Giacomo Meyerbeer in Paris
Dresden, Dienstag, 3. Januar 1837

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Innig verehrtester Freund!

Sie werden sich noch der Stelle aus einem Briefe meiner Eugenie erinnern, die ich Ihnen vorlas, als ich das Glück hatte, so herzlich in dem Hause Ihrer treflichen Mutter in Paris aufgenommen zu seyn: „Sage dem theuern Meyerbeer daß er sich wenn meine Hofnung sich bestätigt, auf einen Gevatterbrief gefaßt machen solle.“ Und Gott hat die Hofnung zur Wahrheit gemacht, wie Sie schon wissen, und uns einen derben und rüstigen Knaben geschenkt, der übermorgen das Bad der Taufe erhalten soll. Da muß denn auch die Drohung meiner Eugenie wahr werden, und da der Vater des Knaben ganz in die Verehrung und Freundschaft einstimmt, welche Ihnen die Mutter weiht, so übernimmt er um so freudiger das Geschäft der Bitte deshalb. Ja, mein theurer Freund! wählen wir gern Männer von Geist und Herz zu Pathen unsrer Kleinen, damit sie Vorbilder für diese werden, auf dem künftigen Lebenswege, wo könnte mein Blick sich da wohl sichrer hinwenden, als zu Ihnen, den der Genius so hocherhebt, und dessen Herz das Gleichgewicht hält mit diesen Fluge. Nehmen Sie freundlich diese Stellung in unserm trauten Familienkreise an, und lassen Sie noch in der Zukunft unsern Eugen Theodor die Eltern segnen, daß sie einen der geistigen Heroen seiner Zeit ihm als Zeugen an die Wiege stellten. Ihre Mitgefährten bey diesem frommen Werke haben wir Ihnen wie billig im Lande der Tonkunst, in Florenz, ausgesucht. Es ist eine unsrer ältern lieben Freundin, Madame Braeunig, Wittwe eines Warschauer Bankiers, die sich jezt dort aufhält. Und so fasse ich im Geiste Ihre liebe Hand, und fühle am Drucke derselben, daß Sie der herzlichen Näherung nicht zürnen. —

Und nun zu einer andern Angelegenheit*, wo sie ja auch wieder mit Ihrem edlen Herzen als der Freund und Wohlthäter von Kindern Ihrer Freunde auftreten. Durch | Julius Kaskel haben Sie die Güte gehabt, mir einige Antwort auf meinen lezten Brief in der Weberschen Angelegenheit zukommen zu lassen, die ich dann sogleich der Frau von Weber mitgetheilt habe. Sie ist nun bereits im Begriff, Ihnen, da es Ihnen nicht gelang bey Schlesinger in Paris die benöthigte Musik von Weber zu erlangen, alles zu übersenden, was sie theils noch an Manuskript[en] von Ihrem Manne in den Händen hat, theils diejenigen gestochenen Sachen, welche Sie bereits in dem bewusten Verzeichnisse angemerkt haben. Es sollen keine Kosten, keine Mühen gescheut werden, um alles baldmöglichst in Ihren Besitz nach Paris zu bringen. Aber nun bittet sie auch mit der frohen Hofnung welche meine Nachrichten aus Paris ihr im Juny vorigen Jahres einflößten, daß der treue Bruder des Verewigten das grosmüthige Versprechen erfülle, dessen Resultat wohl jezt mehr als je für die heranreifenden Kinder Max und Alexander nothwendig wird, und ich erquickte sie, durch die Versicherung, daß es ja Ihr reiner, fester Wille sey.

Bringen Sie Ihrer verehrten Mutter von Eugenien und mir die Huldigung der wahrsten Liebe, grüßen Sie das liebe Fräul. Antoinette* von uns beyden, und schenken Sie mir ferner ein freundschaftliches Wohlwollen, das mit der vollkommensten Hochachtung erwiedertIhr treu ergebener
KarlWinkler.

Editorial

Summary

bittet ihn um Patenschaft für seinen Sohn; hat durch Kaskel Meyerbeers Brief zu den Weberschen Angelegenheiten erhalten; da bei Schlesinger in Paris die benötigte Musik von Weber nicht zu erlangen war, will Frau von Weber alles übersenden, was sie an Manuskripten oder gestochenen Sachen hat; er solle alles baldmöglichst in Paris erhalten

Incipit

Sie werden sich noch der Stelle aus einem Briefe meiner Eugenie

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: N. Mus. Nachl. 97, J/108

    Physical Description

    • 1 DBl. (2 b. S. o. Adr.)

    Corresponding sources

    • Becker (Meyerbeer), Bd. 3, S. 21f (Auszug)

    Commentary

    • “… nun zu einer andern Angelegenheit”Vollendung des Operntorsos Die drei Pintos.
    • “… Sie das liebe Fräul. Antoinette”Antoinette Montalban (1791–1885) war bis Juni 1854 Amalie Beers Gesellschafterin (vgl. Meyerbeer, Briefwechsel und Tagebücher, Bd. 7, S. 563, Komm. zu Tagebuch 1856).

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