Heinrich Schlesinger to Caroline von Weber in Dresden
Berlin, Wednesday, May 22, 1839

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Frau Kapellmeister Caroline von Weber Hochwohlgeboren

Hochwohlgeborne Frau.

Das unter dem 9t d. M. an mich gerichtete Schreiben hat mich in nicht geringes Erstaunen versetzt, es war ein Blitz aus heiterm Himmel; für mich im höchsten Grade unerwartet, da nichts vorausgegangen was den Inhalt und die Form rechtfertigen könnte. Alle Briefe, welche der unsterbliche Meister Carl Maria von Weber an meinen seeligen Vater gerichtet hatte, geben Zeugniß seiner vollen Zufriednheit mit dessen Handlungsweise und seines persönlichen Wohlwollens, welches der Selige nicht leicht ohne gewissenhafte Prüfung zu beweisen pflegte. Wenn die Wittwe entgegengesetzter Gesinnung geworden, so kann nur Verläumdung diese höchst bedauernswerthe und für mich sehr betrübende Veränderung hervorgerufen haben, da ich mir bewußt bin, nie etwas gethan zu haben, was nicht als Beweis die größte Verehrung für den unsterblichen Meister und seine Hinterlassenen zeigte. Der Irrthum des Herrn Jähns in Betreff der mir verkauften nachgelassenen Composition Carl Maria von WebersConcerto pour le Violoncelle con Acc. de l’Orchestre sollte E. Hochgeboren ganz verborgen bleiben, ich hatte deshalb mit Hrn. Jähns Rücksprache genommen und von ihm das Anerbieten zweier Chöre aus einem Oratorium als Tausch für jenes werthvolle Werk erhalten. Beifolgendes gedrucktes Werk "Grand Pot-Pourri pour le Violoncelle avec Acc. de l’Orchestre, dedié à son ami Graff par Charles Marie B. de Weber. Bonn et Cologne chez N. Simrock Pr. 7 fr 50 c. Propriété de l’Editeur wird bei Vergleichung mit dem Original des Concertino pour le Violoncelle av. Acc. de l’Orchestere. Oeuvre posthume sich als identisch mit diesem zeigen. Hr. Jähns kannte das Gr. Potpourri nicht und nur dem Herrn Concertmeister Ganz, welcher mit der Violoncelle-Literatur ganz vollkommen vertraut ist, verdanke ich diese Entdeckung. Ew Hochwohlgeboren mögen sich ganz beruhigen; ich habe niemals Rechte geltend gemacht, die mir zustanden (bekanntlich versprach der seelige Carl Maria von Weber im Contrakt d. d. Dresden 11 August 1819 die Lieferung von 6 – 8 Etuden für Pianoforte, und Solfeggen für eine Singstimme, beide Werke sind jedoch niemals geliefert worden), da ich dem unsterblichen Meister zuviel verdanke; wie sollte anzunehmen sein, daß ich gegen die Hinterbliebenen je anders als mit aufrichtiger Theilnahme für deren Interesse handeln könnte?

Mein Wunsch war es, daß Ew Hochwohlgeboren erklären möchten, daß Carl Maria von Weber niemals sich geäußert habe ein bei Schlesinger in Berlin erschienenes Werk seiner Composition sei Nachdruck und ich glaubte nicht, daß Ew Hochwohlgeboren in dieser wahren Aussage irgend Ihrem Gewissen Beschwerliches finden würden oder könnten. Auch glaubte ich nicht, daß Ew Hochwohlgeboren nicht mit gutem Gewissen die Erklärung abgeben könnten: daß die Ew Hochwohlgeboren vorgelegte gedruckten und in der Schlesingerschen Buch- u. Musikhandlung erschienenen Werke Carl Maria von Webers niemals vom Componisten als Nachdruck bezeichnet worden sind. Ew Hochwohlgeboren sprechen auch nicht das Gegentheil aus, lehnen jedoch die positive Erklärung selbst ab. Ist dies offenherzig und klar?

Was die Entschädigung betrifft, so überlasse dieselbe ganz Ihrem Ermessen, würde auch darauf verzichten, wenn es Ew Hochwohlgeboren Willen sein sollte.

Obige Erklärung und Erörterung wird hoffentlich Ihnen genügen und Sie überzeugen, daß ich nicht ein Schreiben wie das vom 9. d. M. verdient habe.

Mit größter Hochachtung verharre
Hochwohlgeboren Frau Kapellmeistern Dero ganz gehorsamster
p. p. Schlesinger’sche Buch- u. Musikhandlung
Heinrich Schlesinger.

Editorial

Summary

hat sich sehr über Carolines Brief gewundert, da sein Vater doch stets zur Zufriedenheit Webers gearbeitet habe, führt ihren Brief auf Verläumdung zurück; der Irrtum von Jähns bzgl. des Grand Pot‑Pourri sollte ihr verborgen bleiben; er mache aber keine Rechte geltend, wie auch im Falle der von Weber versprochenen und nicht gelieferten Kompositionen; bittet sie dringlich, eine öffentliche Erklärung abzugeben, dass Weber sie nie geäußert habe, ein Werk, das bei Schlesinger erscheine, sei Nachdruck

Incipit

Das unter dem 9t d. M. an mich gerichtete Schreiben

Tradition

  • Text Source: Draft: Erzhausen (D), Archiv des Verlags Robert Lienau (D-ERZrl)
    Shelf mark: Kopierbuch Schlesinger 1833–1864, S. 285–287

Text Constitution

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  • “seines”added above
  • “”uncertain transcription
  • “ganz”crossed out

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