Aufführungsbesprechung Wien, Redoutensaal: darunter das Konzert von Helene Harlas und Heinrich Joseph Baermann am 7. Februar 1813
Schreiben aus Wien.
Es ist etwas spät, lieber Freund, daß ich Ihre Wünsche befriedigen kann. Sie haben mich über einen Gegenstand um Mittheilung ersucht, wobey es nicht auf meinen Geschmack allein ankommt, Ihnen ein Urtheil darüber zu sagen. Ich würde mich zwar schwerlich getäuscht haben, wenn ich Ihnen meine Ansichten gleich geradezu mitgetheilt hätte, denn noch nie habe ich den Fall erlebt, wo meine und des Publikums Ansichten über eine Sache sich so gleich gewesen sind. Ich kann es Ihnen aufrichtig bezeugen, daß über Mad. Harlas und Hrn. Bärmann in ganz Wien nur Eine Stimme herrscht. Wir hörten beyde zuerst in einem Conzerte am 7. Februar. Es war Carneval; eine Zeit, die in Wien, wie Sie wissen, eben nicht geeignet ist, um sich einen guten Erfolg von einem Conzerte zu ¦ versprechen. Der Betrag fiel auch so ziemlich mittelmäßig aus, aber desto unbegränzter und allgemeiner war der Beyfall, der beyden Künstlern geworden. Mad. Harlas sang zwey Scenen, eine von Nasolini und eine von Nicolini, und Hr. Bärmann spielte ein Conzert und Variation[en] von dem auch hier nach Verdienst verehrten Karl Maria v. Weber. Mad. Harlas, der es vor dieser Probe ihres himmlischen Gesanges erschwert worden seyn soll, auf dem Theater in einigen Gast-Rollen aufzutreten, obgleich ihr der Fürst Lobcowitz dieselben schriftlich zugesichert hatte, erhielt nun ein Engagement auf zwey Monate, in welcher Zeit sie sich verpflichten mußte, zehn Darstellungen, und zwar in den Opern die Horazier und Kuriazier, in Sargin und im Titus zu geben*. Das Honorar für jeden Monat war 100 Luis’dors, welche der Fürst mit großer Bereitwilligkeit auszahlen ließ. Im Laufe dieser Darstellungen gaben beyde wieder ein Concert*, welches sich eines außerordentlich glänzenden Auditoriums zu erfreuen hatte, das es an den feuri[g]sten Beyfallsbezeugungen nicht ermangeln ließ. – Mad. Harlas trat als Curiazio zuerst auf, und obschon ihr in dieser Rolle eine‡ Marchesi, Crescentini und Velletti‡ vorangegangen waren, so wurde ihr doch ein Beyfall zu Theil, dessen kein fremder Künstler seit langer Zeit sich in Wien mehr rühmen konnte. Sie wurde in einer Vorstellung viermal hervorgerufen. Diese Rolle gab sie fünfmal, alle übrigen zweymal. Als Beweis, wie sehr Mad. Harlas im Laufe ihrer Darstellungen gefallen, dient die Verlängerung ihres Contractes auf noch ein Monat, und sie würde sich noch länger in Wien aufgehalten haben, wenn nicht ihre Pflicht sie nach München zurückgerufen hätte. Ihre letzte Darstellung war Sargino. Es war der Abend, wo wir sie zum letzten Male auf der Bühne hören sollten; je mehr wir bedachten, was es heißt, sie wieder zu verlieren, desto höher stieg unser Enthusiasmus für den Gegenstand, der uns so mächtig bezauberte. Mad. Harlas wurde an diesem Abend dreymal vervorgerufen. Wir hörten sie nur noch, wie auch Hrn. Bärmann, in einigen Conzerten, deren Ertrag zu Wohlthätigkeitszwecken verwendet wurde. Beyde Künstler hatten den Beyfall an sich gefesselt, denn auch was das Spiel des Hrn. Bärmann betrifft, so ist man von dem Werthe desselben hier so sehr durchdrungen, daß man es sich allenthalben gern eingesteht, sein Instrument (welches das Klarinette ist) durch ihn erst recht kennen gelernt zu haben. Die Töne, welche er darauf hervorbringt, lassen Alles zurück, was je Dichter von den seelenvollen Lauten der Flöte gesungen; man vergißt Nachtigallen und Alles, wenn man ihn spielen und Mad. Harlas singen hört. Ich beneide Sie, da Sie beydes in München so vielfältig genießen können, und rechne den Wunsch zu den heißesten in meinem Leben, euer gesammtes Orchester doch auch einmal, und zwar bey einer Gelegenheit zu hören, wo gerade Mad. Harlas und Hr. Bärmann, die gewiß zu den vortrefflichsten Zierden desselben gehören, ihre Kunst dabey mitwirken lassen. Adieu!
Editorial
Summary
Aufführungsbesprechung Wien, Redoutensaal: Konzert von Helene Harlas und Heinrich Joseph Baermann am 7. Februar 1813 und öfter, u.a. mit dem 2. Konzert für Klarinette (WeV N.13) von Carl Maria von Weber. Erwähnt sind auch weitere Aufführungen.
Creation
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Responsibilities
- Übertragung
- Fukerider, Andreas
Tradition
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Text Source: Gesellschaftsblatt für gebildete Stände, Jg. 3, Nr. 49 (19. Juni 1813), col. 392–393
Text Constitution
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“eine”sic!
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“Velletti”sic!
Commentary
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“… und im Titus zu geben”Das Gastspiel wurde mehfach verlängert, es endete erst am 21. Mai 1813. H. Harlas sang den Curiazio am 20. und 22. Februar, 8. und 16. März, 21. April sowie 4. Mai, den Sesto am 22. März und 6. April, den Sargino Figlio am 26. April und 21. Mai, außerdem den Adolfo in Federica ed Adolfo von Gyrowetz am 17. und 19. Mai.