Aufführungsbesprechung Berlin, Königliche Schauspiele: 25. November 1820, “Joseph in Ägypten” von Méhul (mit Konzert H. J. Baermanns)

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Herr Heinrich Bärmann, den wir über zwei Jahr lang nicht mehr gehört hatten und der, als unser Landsmann und als Bruder unsers trefflichen Fagottisten Bärmann, uns auch als Künstler ganz angehören sollte, bestätigte heute den alten Satz, daß wahre Kunst stets vorwärts schreitet und nicht ruht bis an’s Grab, das nicht ihre Grenze, sondern nur eine kleine Kluft ist, die ein guter Springer wohl überhüpft und dann leicht selig wird. Für einen solchen Salvator musices halten wir Herrn B., nicht bloß wegen der geschickten und großen Sprünge, Oktaven und weiten Intervalle, die er mit so viel Leichtigkeit auf seiner schönen Klarinette vollführt, auch nicht bloß wegen der blitzschnellen makellosen Läufe vom tiefen e bis vier – c oder wegen des perlenartig runden Trillers: sondern wir sind eigensinnig genug, alle diese an sich recht seltnen Dinge nicht eben sonderlich zu achten, wenn wir nicht hinter all diesen automatischen Evolutionen ein solches primum movens finden, wie bei H. Bärmann, nemlich – eine Seele! Da er nun aber auch diese hat, so ist es natürlich, daß er mit seinem Spiel Alle bewegte, die eine Seele hatten und daß wir, wenn er die reinen Töne bis zum ¦ leisesten Hauch der Aeolsharfe verschweben oder im vollendetsten Zweiklang wechseln ließ, kaum Athem zu holen wagten, als bedürfs er diesen allein! Und das ist recht nicht der Fall, denn H. B. hat eine seltene Oekonomie des Athems, die ihn in die längsten und anstrengendsten Passaggien nicht im Stich läßt.

In dem von ihm selbst gesetzten Konzert zeichnen wir nur das Adagio aus und in dem Adagio und Rondo von Maria v. Weber nur das Letztere, da dieser Komponist überhaupt entschiednern Beruf für das Gefällige, Naive und Pikante hat.

In dem hierauf folgenden Josef in Egypten war H. Bader, als Josef, mit Ausnahme der ersten, zu sehr verzierten, Arie, sehr wacker und entschädigte durch natürlichen und leichten Gesang für die, aller Trommelfelle spottende Uebertreibung der ohnehin barocken Parthie des Simeon durch H. Blume.

Den Abraham hat H. Hillebrand erhalten und daher seine mangelhafte Höhe ganz besonders auszubilden, indem seine schönen Mittel- und Kontratöne sonst nicht hinreichend entschädigen.

Madam Korntheuer, geb. Minna Unzelmann, war uns als Gast in der kleinen Rolle des Beniamin und als die Tochter einer unvergeßlichen Mutter, willkommen. -

Editorial

Summary

Aufführungsbesprechung Berlin, Königliche Schauspiele: 25. November 1820, “Joseph in Ägypten” von Méhul (mit Konzert H. J. Baermanns). Klarinettenkonzert von Heinrich Bärmann und Adagio und Rondo (vermutlich aus dem 1. Konzert für Klarinette (WeV N.11)) von Carl Maria von Weber. Danach “Josef in Aegypten” von Méhul.

Creation

Responsibilities

Übertragung
Fukerider, Andreas

Tradition

  • Text Source: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen, Jg. 81, Nr. 143 (28. November 1820), pp. 7

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