Aufführungsbesprechung Aachen: “Abu Hassan” von Carl Maria von Weber am 22. August 1825

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Theater-Chronik der Stadt Aachen.

Den 22. August: Abu Hassan. Zur Zeit, als K. M. v. Weber noch Kapellmeister in Stuttgart war, verfertigte ihm der dortige Regierungssekretair Karl Franz Hiemer den Text zu dieser (sogenannten) komischen Oper, deren Inhalt nichts weiter ist als ein sehr gewöhnlicher Scherz, in eben so gewöhnlichen, zeit– und lokalwidrigen Worten abrecitirt. Da Hiemer’s sämmtliche Operetten (das Singspiel; Vetter Jakob; Apollo’s Wettgesang) Uebersetzungen aus dem Französischen sind, so wird es nicht schwer zu errathen, woher er das Thema zum Abu Hassan genommen. Was die Komposition betrifft, so ist darüber nur Eine Stimme, daß sowohl die Musik zu dieser Oper, wie zur Silvana, nur insofern einiger Beachtung werth ist, als sie die ersten noch gehemmten Aufflüge eines Mannes andeutet, der die Schwingungen seines Geistes jetzt frei und leuchtend entfaltet und dazu bestimmt zu schein scheint, uns zu lehren, was denn eigentlich deutsche Musik sei. Nur aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, ist es möglich, diese Oper einmal anzuhören: ihr zum zweitenmal beizuwohnen, ließe sich nur dann entschuldigen, wenn eine Kön. Kabinettsordre es ausdrücklich heischte; so wie ein englischer Recensent behauptet hat, nur eine Parlaments-Akte könne die Freunde Shakespeare’s bewegen, seine Sonette zum zweitenmal zu lesen. Eine Melodie findet sich in allen Nummern der Oper nicht; aus der Stelle in dem Duett Hassans und seines Weibes „Prüf’ dies Herz &c.“ scheint allenfalls etwas Gutes werden zu wollen; die Harmonie geht in der barocken Instrumentation völlig zu Grunde, und man hört zuletzt nichts, als auf Schrauben gestellte Solo’s, deren verfehlte Originalität in dem Chaos der Nachbarinstrumente zu einem lächerlichen Wischiwaschi herabsinkt. Auch die Ouver|türe trägt diesen Charakter und ist, außer einem alltäglichen Klingel-Allegro, unverständlich. Das Loos dieser Oper ist daher auch allenthalben gewesen, durchzufallen; unserer und der Direktion des Münster’schen Theaters war es vorbehalten, den Abu Hassan und die Silvana wiederum an’s Licht zu ziehen. Weber wird ihnen schwerlich Dank dafür wissen, besonders jetzt, nachdem er eingesehen hat, mit wie viel tausend Schwierigkeiten das Komponiren einer komischen Oper verbunden ist. Gibt es doch nur einen Mozart und nur einen Figaro! Daß das Publikum gleichfalls die aufgewärmte Speise verschmähte, bewies das seit langer Zeit zum erstenmal, leere Parterre. – Die Darsteller sangen und spielten brav, Dem. Nathan (Fatime) hatte die dankbarste Partie und benutzte sie auch zu ihrem Vortheil, Herr Rochow gab den Abu Hassan, Herr Meixner lieferte eine exemplarische Karrikatur als Manichäerfürst, der Gläubiger-Chor ging gut, und Mad. Lortzing d. ä. that als Zemrud-Wiarda einen malerischen Faßfall. – Vorher wurde das alte Kotzebue’sche Lustspiel: „Die Brandschatzung“ gegeben, das trotz dem guten Spiel der Mitglieder kalt ließ, und Mittwoch den 24. August erlebten wir die Wiederholung des Freischützen. – – –

Das Mitglied der Theater-Intendanz führt in Nro. 198 der Stadt-Aachener Zeitung fort, als unverwundbarer Siefried unter der Hornhaut der Anonymität, ohne die Tarnkappe zu lüften, mit mir zu rechten, […]

J. B. Rousseau.

Editorial

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Responsibilities

Übertragung
Mo, Ran

Tradition

  • Text Source: Rheinische Flora, Blätter für Kunst, Leben, Wissen und Verkehr, vol. 1, issue 134 (25. August 1825), pp. 537–538

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