Eine Konversation über eine mögliche Aufführung des Oberon auf Berliner Bühnen

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Berliner Conversation.

Oberon und der Windmüller in Potsdam.

Und was ist nun das Ende vom Liede? – – Ach! wenn wir doch nur erst die Ouvertüre hörten; zum Finale sind wir noch lange nicht. – – Sie scheinen nicht gut unterrichtet; die Frau von Weber hat die Partitur jetzt an die Königliche Bühne verkauft. – – Die Bedingungen waren vortheilhaft; 500 Thaler baar und 300 nach der funfzigsten Verstellung.* – – Das hat sich geändert; jetzt heißt es 800 Thaler baar; der General-Musik-Direktor soll aus seiner eigenen Tasche 300 Thaler zugelegt haben.* ¦ Sehr noble! Aber der Prozeß? – – Welchen Prozeß meinen Sie? – – Die Königsstadt hat es ja verbrieft und versiegelt, daß die Weberschen Erben den Oberon nicht an die Königliche Bühne verkaufen sollen.* – – Ah Pah! man hat gut gesagt für alle Weitläuftigkeiten. – – So? für alle Weitläuftigkeiten? Nun, damit hat man doch gewiß nicht einen Prozeß gemeint, denn Prozesse hier zu Lande Weitläuftigkeiten zu nennen, das wäre sehr kurz abgefertigt. – – Wozu auch noch lange Umstände machen; es sind ja nur Privatleute. – – Hören Sie, mein Herr, es war einmal ein Müller, der hatte eine Windmühle bei Potsdam, die wollten ihm die französischen Gartenanleger bei Sanssouci einreißen, und ein chinesisches Gartenhäuschen daraus machen. Allein der Mann sagte das ist mein Erb’ und Gut, und mein Vater und Großvater seel. haben schon darauf ihr redlich Stückchen Brot erworben. Da zeigten ihm die vornehmen Herren einen Brief vom Könige, daß ihm die Mühle absolut genommen werden sollte. Aber der Müller sagte: allen Respect vor meinem allergnädigsten Könige, aber die Mühle ist mein, so lange es noch ein Kammergericht in Berlin giebt. Und der König ließ ihm die Mühle und schenkte ihm noch obendrein zehn Thaler. – – Alte Geschichten; was soll das hier? – – Nun? eine Windmühle und eine komische Oper – – – Komische Oper? Also sie wissen nicht, daß Oberon für eine Opera seria erklärt worden ist?* Leben Sie wohl, ich muß zum Ordensfest*).

[Original Footnotes]

  • *) Mehrere Bezüglichkeiten dieser eingesandten Conversation mußten wegbleiben, da wir durchaus Persönlichkeiten vermieden wissen wollen. Im Uebrigen können wir versichern, daß der Oberon von dem Königlichen Theater gegeben werden, und daß der zur Sprache gebrachte Streit wenigstens eine gute Folge haben wird: nämlich die, daß wir nunmehr unter der vortrefflichen Direction Spontini’s eine so vollendete Darstellung erwarten dürfen, als sie vielleicht selbst die Concurrenz mit der Königstadt nicht herbeigeführt haben würde. A. d. R.

Editorial

Summary

Fiktives Gespräch bezüglich der Auseinandersetzungen um die Aufführung des Oberon in Berlin zwischen den Königlichen Schauspielen und dem Königsstädtischen Theater

Creation

Responsibilities

Übertragung
Jakob, Charlene

Tradition

  • Text Source: Berliner Conversations-Blatt für Poesie, Literatur und Kritik, Jg. 2, Nr. 17 (24. Januar 1828), pp. 68

    Commentary

    • Verstellungrecte “Vorstellung”.
    • “500 Thaler baar … funfzigsten Verstellung .”So lautete das ursprüngliche Angebot von Brühl laut Brief vom 6. Februar 1827.
    • “jetzt heißt es … Thaler zugelegt haben.”Die erhöhte Honorarzahlung ging nicht auf eine Zuwendung von Spontini, sondern auf eine Weisung von Fürst Wittgenstein vom 10. Januar 1828 zurück.
    • “Die Königsstadt hat … Bühne verkaufen sollen.”Hinrich Lichtenstein und Heinrich Beer hatten als Treuhänder der Familie von Weber den Oberon am 27. Februar 1827 zunächst an das Königsstädtische Theater verkauft; vgl. Lichtensteins Brief vom selben Tag.
    • “… Opera seria erklärt worden ist?”Die Direktion des Königsstädtischen Theaters hatte, um ihr Recht zur Aufführung des Oberon durchzusetzen, argumentiert, dass es sich bei dem Werk um eine komische Oper handle, also ein Genre, welches den Konzessionen dieser Privatbühne entspräche; vgl. die Briefe vom 5. und 8. März 1827. Von der Gegenseite war die schiedsrichterliche Kommission angerufen worden, welche entschieden hatte, dass das Werk seinem Genre nach auf den Königlichen Bühnen, nicht auf dem Königsstädtischen Theater aufzuführen sei; vgl. die Mitteilung des Fürsten Wittgenstein vom 16. November 1827. Der Widerspruch gegen diese Entscheidung wurde von König Friedrich Wilhelm III. per Bescheid vom 27. November 1827 abgewiesen.

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