Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater: darunter “Johann von Paris” von François Adrien Boieldieu, September 1814

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Prag. – Den 21. September: Johann von Paris, Oper in 2 A. von Boyeldieu. Mad. Werner gab die Prinzessinn von Navarra, und zeigte wahrlich an diesem Abend, welch einen Schatz Prag an seiner ersten Sängerinn besitzt; abgerechnet, daß es der Mad. W. an der imposanten Force fehlt, womit jene die Gesangstücke vorträgt, so fehlte es auch ihrer mimischen Darstellung dieses Charakters ganz an der königlichen Würde, welche ¦ jede Handlung und Bewegung der Prinzessinn begleiten und gleichsam erhöhen soll.

Den 23.: Zum Besten der Mad. Werner: Die Vestalinn, Oper in 2 A. von Spontini. Sie gab die Julia in Spiel und Gesang über alle Erwartung, und erhielt rauschenden Beyfall. Die übrige Besetzung der Rollen war die gewöhnliche, mit Ausnahme der Mlle. Bach, welche statt Mad. Allram die Oberpriesterinn der Vesta übernommen hatte.

Den 25. zum ersten Mahl: Gerechte Strafe, Lustsp. in 3 A. von Vogel. Ein – wenigstens für uns – neues Product dieses schätzbaren Theaterdichters, welches zwar mit seinen frühern Arbeiten durchaus nicht in die Schranken treten darf, gleichwohl aber durch eine äußerst drollige Verwicklung und einige recht artige Situationen hier und da amüsirt, und noch mehr amüsiren würde, wenn es nicht zu einer so beträchtlichen Länge und Breite ausgesponnen wäre. Ein eitler Hofmann will sich vermählen, wagt es aber nicht, weil er seine schöne Braut für dumm hält. Er selbst gibt seinem Nebenbuhler Rathschläge, sich selbst zu betrügen, und ist so verblendet, daß seine Ignorantia invicibilis oft an Blödsinn gränzt. Dieser politische Herr und eine kokette Dame, die es sich in den Kopf gesetzt hat, seine Heirath zu verhindern, weil – sie das Heirathen nicht leiden kann, sind die Hauptfiguren dieses Stückes, und die Hauptpersonen, das heißt die Verliebten, die sich am Ende heirathen, und die gerechte Strafe bereiten – ein Legationssecretär und das Fräulein, welches sich dumm stellt, um den verhaßten Bräutigam los zu werden, und sodann auf seinen Befehl ihn betrügt, sind durchaus so zärtlich und passiv, als die Liebhaber in der französischen Komödie; deßhalb stehen ihnen auch als Adjutanten ein Bediener und eine Soubrette zur Seite, die nichts weniger keck sind, als die Crispins und Lisetten der alten, guten, wohlfeilen Zeit. Ferner ist da noch ein ganz gewöhnlicher Kauz von alten Soldaten, der Vater des Fräuleins, und ein Fräulein Lucretia, die Schwester des staatsklugen Barons, die zwar lächerlich seyn soll; leider aber kann man mit dem besten Willen nicht über sie lachen. Der Hofmann geräth in Verzweiflung, als er erfährt, daß er sich selbst betrügen half, macht der koketten Witwe einen Heirathsantrag, die ihm mit dem Narrenhause droht, und ist auf gutem Wege, seine alte Schwester zu maltraitiren, wenn nicht zu rechter Zeit der Vorhang fiele, um sich nicht wieder zu heben. Inconsequenzen, wie z. B. daß eine Dame im ersten Act einen jungen Mann präsentirt, da es doch zu Ende des dritten Acts erst 10 Uhr Vormittags ist, wollen wir mit Stillschweigen übergehen. – Die Besetzung der Rollen war ziemlich vortheilhaft. Herr Polawsky gab den Baron, und Mad. Schröder die Baronesse Belfort ausgezeichnet brav; auch Herr Seewald als Obrist, und Dlle. Böhler d. ä. als seine Tochter spielten sehr gut. Minder an ihrem Platze schienen zu stehen: Herr Löwe als Legationssecretär, der schon in seinem Äußern eine tadelnswerthe Nachlässigkeit verrieth, und Mad. Junghans als Fräulein Lucretia, welche freylich auch die schwerste und undankbarste Rolle des ganzen Stückes übernommen hatte.

Den 26.: Der Wasserträger, Oper in 3 A. von Cherubini. Mad. Werner gab die Constanze mit ausgezeichneter Anmuth, und erhielt abermahls alle Beweise des lebhaftesten Beyfalls.

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Ziegler, Frank

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