Bericht über Webers Beisetzung in London

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Karl Maria v. Weber’s Beisetzung in der Moorfieldscapelle in London.

Wo in diesen Tagen mehr als je die öffentliche Aufmerksamkeit auf Weber’s Ruhestätte gelenkt worden ist, dürften die nachfolgenden Notizen über seine Beisetzung in der Moorfieldscapelle in London um so mehr von allgemeinem Interesse sein, als aus ihnen hervorgeht, daß bereits früher von Denen, welche dem großen deutschen Meister der Tonkunst den letzten Zoll der Verehrung im fremden Lande brachten, die Idee, ihm eine bleibende Ruhestätte zu sichern, aufgefaßt und umsichtig Alles, was deren jetzige Verwirklichung erleichtern kann, bedacht worden war. Wir verdanken diese Nachrichten, durch welche übrigens das nicht laut genug anzuerkennende Verdienst des Herrn D. Gambihler in Nürnberg, zuerst öffentlich diese Angelegenheit in Anregung gebracht zu haben, durchaus nicht beeinträchtigt werden soll, dem Herrn Kammermusikus Fürstenau zu Dresden, dem Begleiter Weber’s auf der Reise nach England im Jahre 1826. Herr Fürstenau verließ London erst nachdem der theuere Verblichene beigesetzt war.

Kaum war Weber am 5. Juni 1826 entschlummert und die Trauerkunde hiervon zu seinen Freunden und Verehrern gedrungen, als sich auch unverweilt ein Comité aus ihnen bildete – darunter Moscheles, Braham und George Smart –, um dem großen Verstorbenen ein würdiges Denkmal zu weihen. Dies sofort als den freien Erguß ihrer Verehrung für Weber zu bezeichnen, beschlossen die Comitémitglieder, 12 an Zahl, die Garantie für sämmtliche Kosten zu übernehmen. Zuerst kam in Vorschlag, Weber in der St. Paul’s-Kirche oder in der Westminsterabtey, den Grabstätten so vieler großer Männer, eines Shakespeare, Händel u. A., beizusetzen. Leider daß hiergegen kirchliche Bedenken – Weber war Katholik – berücksichtigt werden mußten, und nur dies war die Ursache, daß man von jenem ersten Plane wieder abging. Hier war es nun, wo der ¦ Gedanke, Weber’s irdische Ueberreste könnten einst von Deutschland selbst ersehnt werden, zuerst unter den Comitémitgliedern Platz ergriff und alle Einleitungen wurden daher dahin getroffen, daß der Ausführung dieser Idee zu keiner Zeit etwas im Wege stehen sollte. Man wählte nämlich zu seiner Beisetzung das große Grabgewölbe der Moorfieldscapelle in London, das freilich damals weitere Räume bot, als wohl jetzt, wo fünfzehn Jahre seitdem dem Vergänglichen unausgesetzt neue Opfer zugefügt haben.

Weber ruht in einem zinnernen Sarge, der, fest verlöthet, von einem zweiten von Holz umschlossen ist. Letzterer war ganz mit schwarzem Sammet überzogen und oben, auf der Sargdecke, ist eine große Metallplatte eingeschlagen, die, mit Weber’s Wappen, seinen Namen verkündet *). Hiernach ist die Nachricht, wie Herr Gambihler Weber’s Sarg in der Moorfieldscapelle gefunden hat, zu vervollständigen. Die kleine Platte, die jetzt den Sarg vor den übrigen auszeichnet, ist jedenfalls später angebracht worden.

Die Vorkehrungen, die nach Obigem getroffen wurden, nahmen so viel Zeit in Anspruch, daß zu Weber’s Beisetzung erst am 21. Juni 1826 verschritten werden konnte. Die Feier selbst war großartig und würdig. In der achten Frühstunde bewegte sich ein langer Trauerzug von Weber’s Wohnung zur Moorfieldscapelle. Hier angekommen ward der Sarg dem Altar gegenüber niedergesetzt, ein Todtenamt gehalten und sodann Mozart’s Requiem von den ersten Künstlern London’s aufgeführt. Die Kirche konnte die Menge der Anwesenden kaum fassen. Dann ward der Sarg erhoben und unter Vorantritt der Geistlichkeit und begleitet von einem zahlreichen Gefolge zur Begräbnißcapelle unter Fackelschein hinabgetragen.

Da steht nun dieser Sarg, der so Theueres umschließt, harrend einer bleibenden Stätte. Ob in England, wo Weber seine letzten Triumphe feierte und wo sein Grab, dort, zugleich zum Ruhme des Vaterlandes, eine Verewigung dieser Triumphe sein würde – oder im Vaterlande selbst, namentlich in Dresden, von wo Weber’s hohe Schöpfungen die Welt entzückten, an dem Orte seines herrlichsten Wirkens? – Etwas muß geschehen, denn „„in wenigen Jahren wird sonst bei der jezeitigen Räumung des Gewölbes Weber’s Asche spurlos verschwunden sein!““ –

Nachschrift: So eben erfahren wir aus zuverlässiger Quelle, daß die Generaldirection der | königlichen Kapelle zu Dresden bereits Einleitung getroffen hat, daß officielle Nachricht über die Sachlage und alle einschlagenden Umstände hierher und zur öffentlichen Kenntniß gelange. Dresdens Künstlern wird dann die ersehnte Gelegenheit gegeben werden, das treu bewahrte Andenken ihres einstigen Meisters durch eine würdige Feier zu bethätigen. An Weber’s Verehrern aus Nah und Fern ist es dann, ihre Theilnahme an dem frommen Werke der Liebe kund zu geben. Und diese Theilnahme wird nicht fehlen!

[Original Footnotes]

  • *) Die Inschrift lautet in ihrer etwas eigenthümlichen Fassung vollständig so:
    (Wappen.)
    Hic jacet
    Carolus Maria
    Freiherr
    von Weber.
    Nuper
    Praefectus Musicorum Sacelli regii
    apud Regem Saxonum.
    Natus urbe Eutin, inter Saxones
    Die XVI. Decembris MDCCLXXXVI.
    Mortuus Londini
    Die V. Junii MDCCCXXVI.
    Anno quadragesimo
    Aetatis suae.

    Zuerst wollte man eine Inschrift in englischer Sprache wählen. Man entschloß sich jedoch zu der obigen lateinischen, weil solche für Weber’s etwaige Grabstätte in Deutschland passender erschien.

Editorial

Creation

Responsibilities

Übertragung
Amiryan-Stein, Aida

Tradition

  • Text Source: Sächsische Vaterlands-Blätter, Jg. 1, Nr. 52 (2. März 1841), pp. 251–252

    Commentary

    • D.abbreviation of “Dr. theol. (h.c.)”.

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