Rezension: Concertino für Horn und Orchester, Op. 45 von Carl Maria von Weber, Verlag C. F. Peters
Concertino per il Corno principale con accompagn. dell’ Orchestra, comp. da Carlo Maria de Weber. op. 45. Lipsia, presso Peters (Pr. 1 Thlr. 12 gr.).
Wenn unsre deutschen Instrumentalcomponisten den jetzigen französischen in irgend etwas nachfolgen sollten, so wäre es wol darin, dass sie für die, aus bekannten Ursachen, zum Concertspielen weniger geeigneten Instrumente nicht mehr | die alte, hergebrachte Form der Concerte beybehielten, obschon sie für andere Instrumente gut ist, ja vielleicht die beste seyn mag; sondern dass sie weit kürzere Concerte schrieben, die aber doch dabey wahre Ganze bildeten, und auch solche, worin sich ein guter Solospieler, jener Kürze ungeachtet, von mehren Seiten zeigen und vortheilhaft hervorthun könnte. Denn wer kann es leugnen, dass ihn bey Concerten von den gewöhnlichen drey, fast immer auch langen Sätzen z. B. für das Waldhorn, den Fagott, die Hoboe, die Viola, und selbst für die Flöte, wenn sie sonst auch nicht übel geschrieben sind und von geschickten Musikern vorgetragen werden, wo nicht Langeweile, doch eine gewisse Abspannung und Lässigkeit befällt, die sich zu holen man doch sicher nicht das Concert besucht? Und welch eine Last für die Concertisten, dies am Auditorium zu bemerken, und sich doch hindurcharbeiten, wol auch abquälen zu müssen? Wer könnte überdies da so gut spielen, als hätte er etwas Kürzeres vorzutragen, und was mehr Antheil erregte? die allergrössten Virtuosen – nun ja, diese werden auch in solchen breiten Concerten lebhaften Antheil zu erregen, diesen Antheil festzuhalten, und wol gar ihn immer mehr zu steigern wissen: diese mögen sich denn auch dergleichen schreiben oder schreiben lassen, nur aber sie für sich behalten; denn was gedruckt wird, soll doch nicht für drey, vier Leute, sondern für viele! –
Das hier genannte Concert des Herrn Kapellm. v. Weber gab zu dieser Herzensergiessung natürlichen Anlass: es ist nämlich weit kürzer, als ein gewöhnliches Concert, macht doch ein wahres Ganze, und auch ein solches, worin sich ein guter Solospieler, der Kürze ungeachtet, von mehren Seiten zeigen und vortheilhaft hervorthun kann; ja, was das Letzte anlangt, so ist dem Concertisten eher zu viel, als zu wenig zugemuthet, indem mehre Stellen, sollen sie nicht herausgewürgt, sondern leicht und fliessend, mit festem, gleichem Ton, und deutlich herauskommen, schwer genug sind; weshalb denn auch zu wünschen gewesen wäre, Hr. v. W. hätte noch mehr erleichternde Varianten für weniger ausgezeichnete Virtuosen hizugesetzt, als er wirklich gethan hat.
Dass das Werk dabey, als Musikstück überhaupt, interessant, nicht ohne Originalität und brav gearbeitet sey: das werden die ¦ Leser bey diesem Verf. voraussetzen; und der Rec. setzt nun hinzu, dass es diese Vorzüge in sehr bedeutendem Grade besitze. Hr. v. W. lässt das Orhester mit einigen Takten Adagio (E moll) das Ganze einleiten; dann tritt das concertirende Horn mit einer sanften Melodie in derselben Tonart, Andante, in der Art eines Siciliano, nur ernsthafter, ein, und führt den kurzen Satz durch manche künstliche, doch dem Instrumente nirgends zuwiderlaufende Modulation fort, bis er auf der Dominante ruhet. Nun beginnet das Horn ein höchst einfaches, heiteres artiges Thema in E dur, Andante con moto (dem Charakter nach, mehr Allegretto), und dies wird von ihm viermal, wechselnd mit Cantabile und Bravourpassagen, variirt. Die letzte Variation läuft in eine ausgeschriebene Cadenza für das Concertinstrument aus, und hieran schliesst sich für dasselbe ein schönes Recitativ, das, wird es vorgetragen, wie es gemeynt ist, eine grosse Wirkung thut, und wo namentlich auch der originelle, imposante und gewaltig spannende Schluss sehr zu rühmen ist. Dieser tritt allerdings noch viel mehr und noch viel wirksamer hervor, wenn der Virtuos der Contratöne ganz mächtig, und nicht sich an die erleichtende Variante zu halten genöthigt ist, wozu aber viel gehört. Hierauf folgt nun, wieder in E dur, ein munteres, pikantes Finale; nämlich ein lang ausgeführte, für das Horn brillante und den Solospieler, nach jenem, besonders wenn er die hohen Gänge wählt, tüchtig anstrengende Polonoise.
Die Orchesterpartie ist nicht unbedeutend, doch für geschickte Männer gar nicht schwer. Besetzt ist sie mit 1ster, 2ter Violin, Viola, Bass (das Violoncell ist an mehren Stellen mit guter Wirkung selbständig benutzt), einer Flöte, zwey A Klarinetten, zwey Fagotten, zwey Hörnern und zum Finale Trompeten und Pauken.
Editorial
Creation
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Responsibilities
- Übertragung
- Amiryan-Stein, Aida
Tradition
-
Text Source: Allgemeine Musikalische Zeitung, Jg. 21, Nr. 24 (16. Juni 1819), col. 416–418