Bericht über Theater in Franken (Nürnberg) und Bayern zwischen August 1792 und Januar 1793
Ich glaube es wird Ew. nicht unangenehm seyn, wenn ich Ihnen von einigen Theatern, die ich auf einer kleinen Geschäftsreise kennen gelernt, etwas mitteile. ‒ In Nürnberg traf ich Herrn von Weber; ungeachtet derselbe nur vor kurzer Zeit die Entreprise übernommen, so fand ich doch daselbst eine sehr gute Gesellschaft: die Oper, welche ausserordentlich gut besetzt war, erhielt grossen Beyfall. Frau von Weber die ältere, (Direktrize) Madam Weihrauch und Frau von Weber d. j. verdienen mit Recht | den Namen sehr verdienstvoller Sängerinnen. Ich sahe die Oper Hieronimus Knicker aufführen, Hr. Weihrauch spielte den Knicker meisterhaft, eben so Hr. Koch den Tobias Filz; ja, ich glaube mit Recht sagen zu können, daß diese Oper auf den ersten Bühnen nicht besser gegeben werden kann. Ferner, sahe ich die Indianer in England aufführen. Mll. Böhlendorf als Gurli spielte meisterhaft*; Hr. Weihrauch spielte den Podogristen‡ recht brav, obschon komische Rollen sein eigentliches Fach sind, nur Hr. Koch als Kaberdar leistete bey weitem nicht, was man von ihm wünschte; schon hatte er im Anzuge gefehlt; sonst war das Stück gut besetzt. Herr Koch befriedigte aber darauf das Publikum durch die Rolle des Bürgermeisters, welche er ausserordentlich brav spielte, auch Herr Böhlendorf als Stadtschreiber zeichnete sich vorzüglich aus*. Das Bürgerglück darf ich auch nicht unberührt lassen*; hierin sahe man rechten Eifer. Frau von Weber jun. als Hofräthin, Hr. Weihrauch und Hr. Normann als junge Wollrade und Hr. Böhlendorf als Kommerzienrath, spielten sehr brav; das Stück wurde bald wieder begehrt*.
In Regensburg hielte ich mich nur einen Tag auf, an welchem keine Komödie war. ‒ In Straubingen fand ich eine kleine Gesellschaft, der Direkteur hieß Jensen. Bey meiner Ankunft in Passau wurde der Schiffbruch von Brandes gegeben; Mll. Böhlendorf spielte die Fanni mit ungemein viel Kunst und allgemeinen Beyfall*, (obschon ich sie sonst immer nur in naiven Rollen gesehen habe, wobey ich vorzüglich die Rosine im Jurist und Bauer erwähnen muß, worin sie sich sehr vielen Beyfall erwarb*.) […] | […] Bey meiner Retour in Nürnberg, fand ich Hrn. Wezel und Müller daselbst. Die Sonnenjungfrau war das erste Stück* […].
Editorial
Creation
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Responsibilities
- Übertragung
- Ziegler, Frank
Tradition
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Text Source: Journal des Luxus und der Moden, Jg. 8, Nr. 2 (Februar 1793), pp. 90–92
Commentary
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“… Böhlendorf als Gurli spielte meisterhaft”Die letzte Nürnberger Vorstellung dieses Stücks mit J. Böhlendorf als Gurli (vor deren Wechsel nach Passau) fand laut Theaterzetteln am 13. August 1792 statt, am 30. August wurde die erwähnte Dittersdorf-Oper gegeben, insofern dürfte sich der Bericht auf diese beiden Aufführungen (mit der jeweils angegebenen Besetzung) beziehen.
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“Podogristen”recte “Podagristen”.
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“… Stadtschreiber zeichnete sich vorzüglich aus”Im Schauspiel Der Bürgermeister von A. F. von Brühl spielten in der Vorstellung am 16. August 1792 Hr. Koch den Bürgermeister Blaßdorf und C. Böhlendorf den Stadtschreiber Haberbund.
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“… ich auch nicht unberührt lassen”Aufführung am 8. August 1792.
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“… Stück wurde bald wieder begehrt”Wiederholung am 20. August 1792.
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“… sich sehr vielen Beyfall erwarb”Möglicherweise die Nürnberger Aufführung am 7. August 1792 gemeint.
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“… Sonnenjungfrau war das erste Stück”Die Gesellschaft Wezel/Müller begann ihre Nürnberger Vorstellungen am 4. Dezember 1792 mit dem genannten Schauspiel.