Josef Gänsbacher to Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Wien, Friday, February 24, 1865
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- 1865-04-02: to Jähns
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Euer Hochwohlgeboren
Bevor ich Ihr letztes geehrtes Schreiben beantwortete wollte ich die von meinem Vater verfaßte in meinem Besitze befindliche Autobiographie zu Rathe ziehen, um über Ihre Anfrage in Beziehung auf die für Kaiserin Marie Louise geschriebenen Walzer Aufschluß geben zu können. Dringende Geschäfte haben diese Nachforschung bisher verhindert, u. wollen Sie daher die Verzögerung entschuldigen.
Ich fand in der erwähnten Biografie folgende Stelle welche wohl keinen Zweifel darüber, daß die gedachten Walzer* nicht von meinem Vater herrühren, übrig läßt.
„Im September (1820) führte ich einen Transport von 100 Jägern nach Trient. Kaum in Trient angelangt erhielt ich die Nachricht, daß Ihre Majestät die Erzherzogin Marie Louise, die nach Innsbruck gekommen war, sich beim Obersten nach mir erkundigt habe u. mich kennen zu lernen wünsche. Der Oberst trug daher dem Hptmann Ballarini* auf mich bei Gelegenheit der Aufwartung der Kaiserin vorzustellen. ... Sie sprach höchst gnädig mit mir, versicherte, daß sie alle meine gestochenen Compositionen, die ihr so gefielen, besitze u. fleißig spiele etc“
G. bat nun durch den Obersthofmeister Grf. Neuperg* um die Erlaubniß etwas eigens für sie zu componiren, u. erhielt den Auftrag ein Divertimento a 4 mani zu schreiben. Dieß geschah (es ist das Divertissement in es dur a 4 mani welches bei Artaria in Wien gestochen wurde) u. G. erhielt dafür einen kostbaren Brillantring*.
Hätte mein Vater noch andres für die Kaiserin geschrieben, so würde er es gewiß bei dieser Gelegenheit, oder schon früher, da er mit großer Genauigkeit verzeichnet, erwähnt haben.
Mir selbst ist von Tanzmusik meines Vaters gar nichts bekannt, u. meine Mutter entsinnt sich nur einer Parthie „Deutsche“ welche Anfangs der 20ger Jahre in der Redoute in Innsbruck aufgeführt wurden. —
Der angezeigten Rücksendung der Briefe sehen wir mit großer Freude entgegen.
Nun erlauben Sie mir eine Bitte auszusprechen, deren gütige Erfüllung mir sehr angenehm sein würde. Da ich kaum, wenigstens nicht so bald, das Vergnügen haben dürfte, Sie u. Herrn Max v Weber persönlich kennen zu lernen, so hege ich den lebhaften Wunsch wenigstens die Bildniße von zwei mir so interessanten Persönlichkeiten zu besitzen — vielleicht sind Sie so gütig mir Ihre eigene Fotografie zu senden, u. auch H. v. Weber meine Bitte mitzutheilen.
Zum Beweise meiner Dankbarkeit werde ich Ihnen, wenn Sie es wünschen, eine Abschrift eines sehr intere[ssanten] noch unbekannten, in meinem Besitze befindlichen Briefes Abbé Voglers mittheilen, worin er über das Zusammenleben u. die Studien der 3 Schüler, Weber, Meyerbeer u. G. spricht.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Euer Hochwohlgeboren
ergebenster
Dr. Gänsbacher
Wien 24 Febr. 1865.
Editorial
Summary
teilt ihm einen Auszug aus der Autobiographie seines Vaters mit, aus dem hervorgeht, dass er nicht – wie offensichtlich J. angenommen – Walzer für die Kaiserin Marie Louise komponiert habe; er hat ein Divertissement für sie komponiert; außerdem bittet er um Fotos von Jähns und Max Maria von Weber und bietet als Gegengabe eine Abschrift eines unbekannten Briefes von Vogler an, in dem jener über seine drei Schüler Weber, Meyerbeer und Gänsbacher schreibt
Incipit
“Bevor ich Ihr letztes geehrtes Schreiben beantworte”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
-
Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Shelf mark: Weberiana Cl. X, Nr. 217Physical Description
- 1 DBl. (3 b. S. einschl. Adr.)
- Siegel und -loch
- PSt.: 26/2 | 7-9 V
- Bl. 2v quer zur Schriftrichtung am rechten Rande von F. W. Jähns: “Dr: Gänsbacher. Wien. 24. Febr. 65. III. Bezirk. Reisnerstr. 25.”
Commentary
-
“… darüber, daß die gedachten Walzer”Gemeint sind die Weber fälschlich zugeschriebenen Hefte 1 und 2 der 1811/12 bei Kühnel in Leipzig erschienenen Favoritwalzer JV Anh. 84 (VN: 875 bzw. 951).
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“… trug daher dem Hptmann Ballarini”Franz von Ballarini (ca. 1781–1865).
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“… durch den Obersthofmeister Grf. Neuperg”Adam Albert Graf von Neipperg (1775–1829).