Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: „Schein und Wirklichkeit“ von Stegmayer am 19. Februar 1818 (Teil 2 von 2)

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Schein und Wirklichkeit.
(Beschluß.)

Möchte es aber auch, weil so etwas nicht jedermanns Sache ist und nicht so schnell reift, als manche andere Verpflanzung, vor der Hand bei dem bleiben, was eben schon vorhanden ist, wenn nur dabei einige erfrischende, verjüngende Nachhülfe in dem Sinne, wie Göthe einmal im Morgenblatt ein Repertoir aus alten Stücken vorschlug, wenigstens da statt fände, wo ein älteres Stück mit neuer Besetzung zurückgerufen wird! Nicht immer gelingt die improvisirende Nachhülfe so gut, als sie bei dieser Vorstellung dem, die Rolle des Haushofmeisters sehr ergötzlich spielenden, Künstler gelang. Herr Burmeister steuerte hier aus eigenem Säckel manches gute Scherflein. Die Rolle des Oheims, in welcher Stegmayer den belustigenden Sir Toby zu einem deutschen Haudegen (den Baron von Klinger) umgeformt hat, wurde von Hrn. Zwick mit sichtbarem Fleiß und gerechtem Beifall ausgeführt. Wie sehr würde aber unser Vergnügen erhöhet worden seyn, wenn dieser Rolle manche ihr anklebende Rostflecke abgewischt und, statt aller altväterischen, historischen Anspielungen, andere, uns jetzt bekanntere Figuren, z. B. die Helden aus den Nibelungen, eingeschritten wären! Oder würde es, da wir Müllner’s Lustspiel dieses Namens noch nicht vergessen haben, in der fröhlichen Stelle, wo Edmund ausruft: auch ein Onkel da? selbst dem Mürrischen nicht ein Lächeln abgewonnen haben, wenn es geheißen hätte: so giebt’s hier auch eine Onkelei?

So wie es jetzt steht, verdankt das Stück auf unsrer Bühne seinen schon öfter erprobten Erfolg vorzüglich dem unübertroffenen Kunstspiel unserer Schirmer, die in die Menächmenrolle der Zwillingsgeschwister, die sie abwechselnd mit vollendeter Kunstfertigkeit darzustellen weiß, so viel Scherz und Gefühl, Munterkeit und sich selbst opfernde Liebespein legt, daß der so fest und wahr gezeichnete Contrast eine reiche Quelle des Genusses wird. Das ¦ munterste Spiel entfaltet sie in der Scene des Edmund, wo sie den Haushofmeister über seine Gebieterin aushorcht. Der Laut und die Spottgeberde, womit sie das: weh’, es ist eine Alte! begleitet, bringt alle Lachmuskeln in Bewegung, so wie hinwiederum das: noch einmal! am Schluß des zweiten Akts, mit unbeschreiblicher Wehmuth geprochen, zu jedem Herzen geht. Es war der Künstlerin Schuld nicht, daß kein Federbusch auf ihrem Hute wehete. Allein wir bemerken hierbei noch zum Ueberfluß, daß durch die verschiedenen Farben des Federbusches beim Seeofficier Edmund und beim Adjutanten, auch außer der Scherpe, und die Art, wie beide den Hut tragen, ein deutliches Unterscheidungsmerkmal gegeben werden kann.

Böttiger.

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: „Schein und Wirklichkeit“ von Stegmayer (Teil 2 von 2). Der erste Teil erschien in der vorigen Ausgabe.

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Albrecht, Christoph; Fukerider, Andreas

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 2, Nr. 56 (7. März 1818), Bl. 2v

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