Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: „Maske für Maske“ von Jünger am 18. März 1819 (Teil 2 von 2)

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Maske für Maske.

(Beschluß.)

Auch die Nebenrollen waren im Einklang; besonders gab Hr. Burmeister, der auch schon früher den alten Belau vortrefflich gespielt hatte, den Papa Weißenfels mit recht eingreifender, guter Laune. – Das eigentliche Gelingen des Stückes beruht indeß auf dem feinen Zusammenspiel der Antonie, die zum Kammermädchen, des Herrn von Silburg, der zum Bedienten herabsteigt. Madame Schirmer und Herr Julius ließen in diesen Rollen kaum etwas zu wünschen übrig. Es war ein seltener Genuß, ihn im schüchternen Angriff, sie in hingeneigtem Abwehren bis zur unvermeidlichen Erklärung in immer erneuetem Operationsplan zu sehen. Es kommt hier wieder alles auf die Art an, wie die erste Zusammenkunft mit dem Duzen abläuft. Diese erste Scene, wo sich die falsche Sophie und der falsche Johann gleichsam messen und mit Blicken umtasten, war meisterhaft. Das wahrhaft Ergötzliche ihres Zusammenspiels besteht in der unablässigen Verlegenheit, nicht aus der Maske zu treten. Doch kann keines von beiden aufhören, vornehm zu seyn. Die Griechen sagten im Strüchwort: Ulysses hinter den Lumpen! Die Art, wie Mad. Schirmer die, mit jedem Zwiesprach steigende, Neigung in Ton und Gebehrden bezeichnete, war ein vollendetes Seelengemälde. Wie wahr und belustigend gab sie die an Donna Diana’s Desden leise anstreifende, sich ereifernde Reizbarkeit, wenn das wahre Kammermädchen oder ihr Bruder ihr Betragen verändert, auffallend finden; wie ergötzlich die Scene, wo sie den vor ihr knienden, vermeintlichen Bedienten, der durchaus nicht aufstehen will, mit süßer, ¦ liebkosender Rede zum Aufstehen zu bewegen sucht, und dann später der schnellwechselnde Ausdruck von Empfindlichkeit und triumphirenden Freude, als der Baron wirklich geht, aber gleich wieder kommt und die Waffen streckt. Wir haben dies alles auch wohl früher gesehen, aber mit solcher Vollendung nie! Freilich kann hier nichts einzeln gelingen! Durch Hrn. Julius, in jeder Schattirung alles treu zurückspiegelndes, eben so vergnügliches Wechselspiel ward jeder reine Anklang erst recht zum Accord. Noch klingt es in unsrer Erinnerung, in welchem Tone sie vorschlägt, das gefährliche Du wieder in das rettende Sie zu verwandeln. – Jünger hat dem Original von Marivaux von seinen zartgesponnenen Fäden und von den, bis in die kleinsten Falten des weiblichen Herzens eindringenden Motiven, was man auch wohl Marivautage genennt hat, so wenig als möglich rauben wollen. Das scheint nun beim bloßen Lesen des Stücks oft zu wortreich, oder gar weitschweifig. Allein wo solches Spiel hinzutritt, ist nichts überflüssig. Es ist auch hierin wohl bei uns schon im Jahr 1794 gewaltig geschnitten worden. So durfte die schöne Stelle am Schluß des zweiten Akts, wo Antonie den nun als Baron ihr kundgewordenen Liebhaber, sie selbst noch schlichtes Kammermädchen in seinen Augen, von der Mißheirath abzustehn mit Edelmuth abräth, – des Verfassers der noch immer unübertroffenen Marianne ganz werth, – durchaus nicht wegfallen, wenn man der Schauspielerin so sicher war. Durch die vielen Auslassungen könnte bei denen, welche das Stück in seinem ursprünglichen Zustande nicht kennen, leicht der Glaube entstehen, es sey für drei Akte zu wenig Stoff vorhanden. Man vergleiche aber nur die Urschrift.

Böttiger.

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: „Maske für Maske“ von Jünger am 18. März 1819 (Teil 2 von 2). Der erste Teil erschien in der vorigen Ausgabe.

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Fukerider, Andreas

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 3, Nr. 80 (3. April 1819), Bl. 2v

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