Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm und Ida Jähns in Berlin
Dresden, erhalten Freitag, 7. November 1851
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Meine lieben Kinder
Ich muss mein Versprechen halten und Euch getreulich schreiben wie es mit meinen Befinden steht, besonders da ich Euch villeicht tröstliches zu berichten habe. Vor ein paar Tagen, wo die Nacht wieder einmal sehr schlimm gewesen, bekam ich in der 8. Stunde eine Ohnmacht und kaum wieder zur Besinnung gekomen strömte mir das Blut aus der Nase, und auch auf andern Wegen verlor ich viel Blut. Nach dieser Explosion war ich natürlich zum Tode matt bekam aber beyem‡ Athmen mehr Freyheit, und kann auch ehr auf der linken Seite liegen. Vorgestern Morgen hatte ich leider wieder ein starkes Erbrechen was dem Doctor gar nicht lieb war, aber kam kein Blut. Mein Befinden kommt mir besser vor bis auf den Husten welcher mich unendlich quelt. Ob der Abgang von Blut heilsam ist muss die Zukunft lehren, doch glaube ich es fast, wenigstens erleichtert es mich für den Augenblick. Gestern habe ich die Partitur der Euryanthe an unsern König abgeschickt* und er hat sich gleich freundlich nach meinen Befinden erkundigen lassen. Max arbeitet sehr fleissig an seinem Reisebericht* sitzt aber auch manch halb Stündchen bey der armen Mama und vertreibt mir die Zeit. Besuche anzunehmen ist mir immer noch verboten, auch strengt es mich zu sehr an wenn ich anhaltent lese. So bleibt mir denn oft halbe Tage lang nichts zu thun übrig als an vergangene schöne Zeiten zu denken, und in diesen Bildern steht ihr Lieben immer mit im Fordergrund, und seht mich mit Euren treuen Freundesaugen liebevoll an als sagtet ihr „so waren wir, und so werden wir bis zum Ende bleiben[“].
Bitte schreibt mir bald einmal ein paar freundliche Worte. Ich bedarf der Sonnenblicke in mein Lebensbild welches jetzt recht grau in grau schattiert. Unsere Kinder hatten in diesen Tagen auch alle Drey Husten und Schnupfen es geht aber besser. Max war durch ein geschwollenes Auge geniert was er für entsetzlich eckelhaft hält was aber kaum zu sehen war.
Doch nun auch genug für heute, Gott sey mit Euch Ihr lieben
Herzlich umarmz‡ Euchdie alte Mutter Weber
Apparat
Zusammenfassung
hat einen Blutsturz erlitten, fühlt sich dadurch aber irgendwie befreit, wenngleich sehr schwach; sie hat die Euryanthe‑Partitur an den sächs. König abgeschickt
Incipit
„Ich muss mein Versprechen halten“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Frank Ziegler; Eveline Bartlitz
Überlieferung
Textkonstitution
-
„beyem“sic!
Einzelstellenerläuterung
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„… Euryanthe an unsern König abgeschickt“Partiturautograph, heute D-Dl, Mus. 4689-F-37.
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„… sehr fleissig an seinem Reisebericht“Max Maria von Weber war im August 1851 nach England gereist; auf der Rückfahrt besuchte er am 16. September in Berlin die Familie Jähns und erläuterte „die Abbildungen großer englischer Röhrenbrücken“ und pries „deren Wesen und Wert“; vgl. Jähns, Familiengemälde, S. 362. Die Dienstreise dürfte demnach mit Brückenbauprojekten in Verbindung gestanden haben.
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„z“recte „t“.