Franz Danzi an Carl Maria von Weber in Ems
Stuttgart, Montag, 7. August 1809
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Verzeihen Sie, lieber Freund, daß ich nicht eher Ihren Brief, der uns viel Vergnügen machte, beantwortet habe. Die Proben und die Aufführung des Kolumbus*, nebst einigen kleinen Arbeiten haben sich zu meiner angeborenen Faulheit gesellt, und so diese Verzögerung veranlaßt. Kolumbus ist, was die Musik betrift, gut ausgefallen, und hat, (ein seltner Fall,) so gar hie und da die schwäbischen Hände in Bewegung gesezt. Das Stück hat weniger gewirkt und besonders die paar lezten Akten haben Langweile erregt. – Baron Hogguer läßt Ihnen viel Schönes sagen; ich habe ihm die Musik mitgegeben. – Sie wünschen hiesige Neuigkeiten zu wißen? – Das Neueste ist: daß man so späth wie möglich des Morgens aufsteht, sein Geschäfte so schläfrig wie möglich versieht, so schlecht wie möglich zu Mittag ißt, das möglichst schlechte Wetter so schlecht als möglich benüzt, und‡ eine schlechte Komödie so schlecht als möglich aufführen sieht, und sich so früh als möglich zu Bette begiebt. Dies ist unser aller Tagesordnung. Die Graff ist immer noch militärisch gesinnt, denn sie schleppt ihre große Trommel noch immer mit sich herum. Kammerrath Pfaff ist jüngst zu einem Hofrath gedrechselt worden, und hat sich seinen Zopf noch immer nicht abschneiden laßen. Ich glaube er ist ein zweiter Simson und hat seine Kraft in den Haaren, weil er | zu dieser Kastrazion nicht zu bewegen ist. Die Hofrathin Lehr ist nun wieder Leer und befinden sich (wie es gewöhnlich in den Zeitungen von hohen Standespersonen heißt) den Umständen nach recht wohl. – Unserm Orchester steht ein Verlust bevor: Moritz will wieder nach Schlesien – pour y planter des choux – ich habe nach München um einen Klarinettisten geschrieben, es will aber keiner dort weggehen, um hier zu verhungern*. Baron Wächter macht eine Reise um die Welt über Karlsruh, Frankfurt und Mannheim, er wird wie es dabei gewöhnlich ist drei Jahre – Wochen wollt’ ich sagen, darauf zubringen. Wir studieren gegenwärtig die Elisene ein, welche künftigen Freitag gegeben wird‡, und gefallen wird*, denn die Musik ist kreuzdumm. Wenn Doktor Faust ausgeschlafen hat, so grüßen Sie ihn recht herzlich von mir und den Meinigen.
Dies ist alles was ich neues weiß. Kommen Sie recht bald zurück und bringen uns was schönes von Ihrer Arbeit mit, und seyn Sie überzeugt daß ich stets verbleiben werdeIhr
aufrichtiger Freund
Franz Danzi
Apparat
Zusammenfassung
berichtet über Proben, Aufführungen und gemeinsame Bekannte in Stuttgart; erwähnt Musik Webers, die er Hogguer mitgegeben habe
Incipit
„Verzeihen Sie, lieber Freund, daß ich nicht eher Ihren Brief“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Weberiana Cl. V (Mappe I A), Abt. 2, Nr. 12Quellenbeschreibung
- 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)
- am oberen Rand der Rectoseite Vermerk von F. W. Jähns: „Brief vom ausgezeichneten Komponisten Franz Danzi, Kapellmeister | in Stuttgart an C. M. v. Weber gerichtet.“
Dazugehörige Textwiedergaben
-
Erich Reipschläger, Schubaur, Danzi und Poissl als Opernkomponisten, Rostock 1911, S. 97–98
Textkonstitution
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„und“durchgestrichen
-
„wird“durchgestrichen
Einzelstellenerläuterung
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„… und die Aufführung des Kolumbus“Danzi hatte Schauspielmusik zu Klingemanns fünfaktigem Schauspiel Columbus (Stuttgarter Erstaufführung am 25. Juli 1809) sowie eine Ouvertüre zum dazugehörigen einaktigen Vorspiel Die Entdeckung der neuen Welt (Stuttgarter Erstaufführung am 21. Juli 1809) geschrieben.
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„… weggehen, um hier zu verhungern“Nach dem Abschied des ersten Klarinettisten August Moritz erhielt Christian Reinhard aus Berlin dessen Stelle.