Friedrich Wilhelm Jähns an Marie Lipsius in Leipzig
Berlin, Samstag, 2. Juni 1883
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1883.
Meine hochgeehrte Freundin!
Sie haben mir wieder einen so lieben ausführlichen Brief geschrieben, auf den ich Ihnen jedenfalls ein paar Zeilen warmen Dankes senden muß. Indem ich das thue, muß ich aber zugleich meiner Freude Ausdruck geben, daß sich meine Hoffnung für Ihren Erfolg bei G. Rth. Lepsius sehr gehoben haben nach dem, was Sie mir über Ihre Wirksamkeit in der Cherubinischen Sache mitzutheilen so gütig waren. Die Unterstützung Spitta’s dabei kann von wesentlichem Nutzen sein; ich spreche ihn nicht‡ selten, dem 19. d. Mts. sicher, u. ich werde ihm dann die Brief-Frage sehr an’s Herz legen zur Vertretung bei L. |
Der Tod Max v. Weber’s hat die Abneigung, dem Druck der Briefe an Lina v. W. gegenüber, eher gesteigert als vermindert bei dessen Kindern, Hptm. Carl v. W. in Dresden‡ u. Frl. Marie v. W. hier. Beide betrachten Ihres Vaters Verbot als eine Art heiliges Vermächtniß und grade er hat doch gradezu Ungehöriges aus jenen Briefen veröffentlicht in seinem Werke „C. M. v. W. Eine Lebensskizze.“. Ich kenne jede Silbe der 269 Briefe u. nichts ist darin etwa gegen Braut oder Gattin irgendwie compromittirend; ihm aber, dem Sohne stand es nicht wohl an, eben aus diesen Briefen‡ manches zu bringen, was besser ungebracht geblieben wäre. – Da ist gar nichts zu machen. Ich habe alles nur denkbar Mögliche bei Max, | Carl u. Marie v. W. versucht – alles vergeblich. –
Das eben hier Ausgesprochenen wegen bitte ich dieses Blatt zu vernichten. Mit Carl u. Marie stehen ich und meine Familie zu freundlich, als daß früher oder später ein Wort der Mißbilligung über ihren Vater vielleicht an ihr Ohr flöge. Gegen Sie u. Ihre Bestrebungen mußte ich aber offen sein, schon um Ihnen vergebliche Mühen zu ersparen. –
Sie dreimal Glückliche! Also gen Italia geht es – ich kam nur nach Triest, Venedig, Verona u. Mailand – aber das schon – welch eine Welt!
Jetzt schließe ich, weil ich muß. Vielleicht sehen wir uns doch noch in diesem Jahr. So oder so immer treu der Ihre F. W. Jähns.
Auch für Ihren zweiten lieben Brief v. 28. v. Mts innigsten Dank! d. Ob.
Apparat
Zusammenfassung
Lipsius hatte sich offensichtlich bei dem Direktor der Kgl. Bibliothek für den Erwerb des Cherubini-Nachlasses eingesetzt, Jähns glaubt an Erfolg, auch durch Fürsprache Spittas. Die Weigerung der Familie von Weber zur Publikationsgenehmigung der bisher unveröffentlichten Briefe Webers an Braut und Gattin hat sich nach dem Tod von Max Maria v. W. noch manifestiert. All seine Versuche bei den Nachkommen, die Dokumente freizugeben seien bisher gescheitert. Er bittet, seine Mitteilungen vertraulich zu behandeln und diesen Brief zu vernichten, da er mit den Webers befreundet sei
Incipit
„Sie haben mir wieder einen so lieben ausführlichen Brief geschrieben, auf den ich Ihnen jedenfalls ein paar Zeilen warmen Dankes senden muß.“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz