Aufführungsbesprechung, Berlin: „Silvana“ von Carl Maria von Weber am 10. Juli 1812

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Königliche Schauspiele.

Den 10ten Juli zum erstenmal Silvana, Oper in Musik gesetzt von Carl Maria B. von Weber.

Wenn ein Komponist seine Tendenz dahin richtet, daß er nur schreiben will, wie ein kleiner Bach, sanft dahin rieselnd, und nur auf dem Weg bleibt, worauf so viele Vorgänger ihm merkbare Fußtapfen [!] getreten haben; so kann er allerdings des allgemeinen Beifalls um so versicherter seyn, da der gewöhnliche Sinn des Menschen nur nach dem trachtet, und an das hängt: Was einmal da gewesen ist und immer wiederkehrt. Gefährlich ist es indessen immer, andre u. fremde Wege zu betreten, oft kommt man nur auf einem weiten Umwege zum Ziel, oft verirrt man sich gar, und es ist nur Wenigen vorbehalten, auf fremden Wege zugleich das Bessere, Nähere und Zweckmäßigere zu finden, denn nur eine lange Erfahrung leitet dahin. Sämmtliche Kompositionen des Herrn v. Weber, welche wir bis jetzt in Berlin gehört haben, haben hinlänglich bewiesen, daß er sich nicht den erstern, sondern den letztern Komponisten anschließt. Ohnedies waren es Instrumentalsachen, wo der Genius eines Komponisten einen durchaus weitern Spielraum umfassen kann. Jetzt hören wir eine Oper von ihm, von welcher vielleicht nach jener und einer un¦bedeutenden ersten Probe ohne Stimmen-Richtigkeit, und wobei ohnedies der rechte Mann abwesend war, ein nachtheiliges Gerücht unter das Publikum verbreitet worden ist. Jetzt kam der Komponist selbst nach Berlin, die Oper wurde hervorgenommen, unter seiner Anleitung einstudirt, was für hiesige Sänger nicht gedacht war, von ihm umgeändert, und solche bei der ersten Vorstellung von ihm selbst dirigirt, durch Sänger und Orchester mit Fleiß und Aufmerksamkeit dargelegt, und in dieser Gestalt am vergangenen Freitag mit allgemeinem Beifall der Kenner und Liebhaber gegeben. Herr v. W. hat den Sänger und die Bühne immer vor Augen gehabt, in seiner Einbildungskraft nicht so den Zügel schießen lassen, wie bei seinen Intrumental-Kompositionen, und wenn gleich für Gesang und Orchester Schwierigkeiten da sind, so sind sie praktikabel. Vorzüglich haben Ref. gefallen No,[!] 2, 3, No. 4, welche Herr Eunicke so schön ausführte, No. 7, 9, wegen des Effekts. No. 11, von welchem Quartett aber Ref. glaubt, daß es etwas zu schnell angefangen wurde, und darum den ganzen Endzweck nicht erreichte. Die Wirkung beim Finale des zweiten Acts, da sich der Unbekannte entdeckt, bis zu Ende. Daß man bei einer solchen Komposition und bei einmaliger Hörung nicht viel bemerken kann, darüber werden Kunstkenner einig seyn. Das weitere also künftig. Von Seiten des Theaters gehörte die Vorstellung noch nicht zu den Glatten, wenngleich Mad. Müller, Herren Eunicke und Franz vorzüglich sangen. Die stumme Silvana wurde niedlich von Delle. Maas gegeben, nur mißrieth der Spiegeltanz. Der Spiegel war nicht täuschend, und die Gegenwirkung unrichtig. Der Inhalt wird überraschen, wenn gleich er nicht zum erstenmale da ist.

J. C. F. R.

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung, Berlin (am 16.Juli 1812 erschienen): „Silvana“ vom 10. Juli 1812

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Dubke, Esther

Überlieferung

  • Textzeuge: Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen, Nr. 85 (16. Juli 1812)

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