Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
Dresden, Dienstag, 12. August 1817 (Nr. 77)
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- 1817-08-11: an Harlas
- 1817-08-12: von Brandt
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Vorausgehend
- 1817-08-11: an Weber
- 1817-08-11: von Weber
Folgend
- 1817-08-15: an Weber
- 1817-08-14: von Weber
An
Mademoiselle
Wohlgebohren
Mitglied des Ständischen Theaters
zu
Prag.
Kohlmarkt, 514. 2t Stok
Nebst einer Rolle
in Wachsleinwand‡.
enthaltend ein Schauspiel.
unter gleicher Adresse.
Einen schönen guten Morgen, und habe zugleich zu berichten daß ich nichts zu berichten habe, als den Abgang des beifolgenden Buches das hier die stolze Spröde* hieß, weil sie vermuthlich keine junge Spröde hatten. wünsche wohl zu bekommen, nehmlich viel Geld*, eigentlich solltest du es der Liebich nicht umsonst geben, wirst aber wohl nichts dafür bekommen, mache nur daß es bald gegeben wird, denn ich fürchte immer noch Aufenthalt, und nach d: 30t Sept: thust du keinen Schritt mehr auf die Bretter*. Habe Gestern Abend gebadet, und aber gar keine rechte Lust zum arbeiten gehabt. heute geht es mir nicht viel beßer. Die Hizze spannt entsezlich ab. ich habe noch nicht erfahren wie alles Gestern in Pillnitz abgelaufen ist*, vielleicht höre ich noch etwas vor Abgang dieses Briefes. Heute Abend ist Lodoiska, da werde ich nicht schlecht braten. ich wollte du könntest sie hören, es ist wirklich einzig wie diese schwierige Musik ausgeführt wird, und mit welcher Liebe. ich weiß nicht ob ich dir geschrieben habe, daß sie sogar die Ouverture unmenschlich aplaudirt haben. Ach ja, die Kapelle macht mir wohl viele Freude, denn sie spielen mit Lust unter mir. Wenn du diesen extra Brief bekömst, wirst du sehen daß nicht viel extras drin steht. ade derweile, bis nach Tische. wünsche guten Appetit.
Meine gute Lina! da hat denn der Mittag manch süßes und bitteres gebracht. Zuerst einen lieben Brief von Louis, aus dem du aber sehen wirst daß unser guter alter Vater den Gebrechen des Alters unterliegt, welches mir unendlich wehe thut, weil ich ihn wegen seiner Rechtlichkeit so hoch achte. bringe es der Mutter so nach und nach bey. ich halte es für eine unglükliche Folge des übermäßigen Wein Genußes. schikke mir den Brief zurük ich antworte unterdeßen. Von Berlin habe ich nicht gerade von Brühl, aber von Lemm die Nachricht daß ich jeden Tag die Bestätigung des Königs erwarten darfT. Sodann ist Öhlenschläger heute hier angekomen.
Hier sind 3 Proben vom Gros de naples. mir scheint keiner so schön als dein geschiktes Muster. Der mit 2 Schnitten ist der schönste in der Farbe, schreibe mir deine Meynung darüber und schikke die Muster zurük. findest du keinen schön genug so kaufe ich ihn in Prag. Die glükliche Entbindung der Schwägerin ist also heute das frohste Ereigniß*. Da wir auch nach Mainz gehen, so sehen wir den Vater da. Ich begreiffe wie sehr dich dieser Anfall erschüttern muß, da er auch mich so sehr ergreifft, aber ich bitte und beschwöre dich, gieb dich nicht zu sehr dem Schmerz hin, und bedenke daß du die Pflicht hast, dich dem Deinigen heiter und gefaßt zu erhalten. So ist denn dieser extra Brief noch merkwürdiger geworden als mir lieb ist.
Gott stärke und segne dich, sei brav und ehre Gottes Fügungen, und ziehe daraus aufs Neue die Lehre immer so viel als möglich alle außer der Lebens Ordnung liegenden Dinge zu vermeiden. Mit herzlichster treuer Liebe und Theilnahme Dein Carl.
Millionen Küße.
Apparat
Zusammenfassung
legt das Buch der „stolzen Spröden“ bei; über die Lodoiska, mit deren Auff. er sehr zufrieden ist; über Caroline Brandts Vater; wartet auf offiz. Nachricht aus Berlin; Besuch Öhlenschlägers; legt Stoffe bei
Incipit
„Einen schönen guten Morgen, und habe zugleich“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Weberiana Cl. II A a 2, 16Quellenbeschreibung
- 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
- Siegel und -loch
- auf der Adressenseits am Rand Zusatz von F. W. Jähns in Tinte: „Eigenhändig von Carl Maria von Weber an seine Braut.“
- unter dem Datum Zusatz von F. W. Jähns mit Bleistift: „Dresden“
Provenienz
- vermutlich zu jenen 60 Weber-Briefen gehörig, die Max Maria von Weber Anfang 1854 an Friedrich Wilhelm Jähns verkaufte; vgl. Max Jähns, Friedrich Wilhelm Jähns und Max Jähns. Ein Familiengemälde für die Freunde, hg. von Karl Koetschau, Dresden 1906, S. 403
Themenkommentare
Textkonstitution
-
„Wachsleinwand“„Wachsleinen“ überschrieben mit „Wachsleinwand“
-
„H“„G“ überschrieben mit „H“
Einzelstellenerläuterung
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„… das hier die stolze Spröde“Die stolze Spröde oder Die Weiber unter sich, Lustspiel in einem Akt von Matthias Georg Lambrecht (nach La jeune prude ou Les femmes entre elles von Emmanuel Dupaty mit Musik von Dalayrac), aufgeführt u. a. am 13. November 1805 in Dresden; vgl. Abend-Zeitung, 1805, Nr. 94 (23. November) S. 377. An anderen Bühnen lief das Werk unter dem Titel Die junge Spröde; vgl. u. a. Zeitung für die elegante Welt, Jg. 5, Nr. 36 (23. Mai 1805), Sp. 287.
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„… zu bekommen, nehmlich viel Geld“Gemeint ist die Einnahme bei Caroline Brandts Benefiz, für welches das mitgesandte Stück bestimmt war.
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„… Schritt mehr auf die Bretter“Ihre Abschiedsvorstellung auf dem Ständetheater gab Caroline Brandt erst am 30. Oktober 1817; vgl. Tagebuch der deutschen Bühnen (1817, S. 348).
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„… Gestern in Pillnitz abgelaufen ist“Das Pillnitzer Hoftagebuch für die Sommersaison 1817 (Dresden, Sächsisches Hauptstaatsarchiv, Bestand 10006, Oberhofmarschallamt, O 05, Nr. 50, Bl. 25r) berichtet vom 11. August u. a.: „Mittags war Tafel in Venustempel […] dabey war Tafel Musick und liese sich ein Tenoriste aus Wien Hℓ. Siboni dabey hören, auch Madame v. Biedenfeld sang ein Duett mit Hℓ. Siboni, […] Ab: um 6. Uhr erhoben sich die Hohen Herrschaftℓ. alle in die Opera der Barbier v. Seville, Ende um 3/4 9. Uhr.“ An der Tafelmusik waren Kpm. Morlacchi, Konzertmeister Polledro und die Kammermusiker Dietze und Peschel beteiligt.
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„… also heute das frohste Ereigniß“Geburt der ersten Tochter des Ehepaars, Jeanette Brandt.