Verhörsprotokoll Franz Anton von Weber (durch Christian Ludwig August von Vellnagel und Friedrich von Kohlhaas)
Stuttgart, 9. Februar 1810

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Actum Stuttgart den 9. Febr. 1810
Im Königl. Alten Schloß
in der Wohnung des Baron v. Weber

Auf Allerhöchsten Befehl Seiner Königlichen Majestät verfügte sich der StaatsSecretaire v. Vellnagel mit dem Geheimen Secretaire Kohlhaas in gedachte Wohnung, um den alten v. Weber über die von seinem Sohn angegebenen Thatsachen zu vernehmen, zu welchem Ende derselbe auf folgende Art befragt wurde:

[Frag:] Sein Sohn, der in Diensten des Herzogs Louis Hoheit stehende Geheime Secretaire habe ausgesagt, daß er ungefehr in der Mitte des Sommers 1808 die Summe von 260–70 Friedrichsd’or, nach der Angabe des Herzogs selbst aber 300 | Friedrichsd’or, mit der Aufgabe erhalten habe, solche an den Hofrath Viesch nach Carlsruhe in Schlesien zu senden; von diesem Geld seyen ihm ohngefehr etlich 50 Stück – nach der Angabe des Herzogs aber 100 Stück – abhanden gekommen, und um sowohl diese entwendete Summe zu ersetzen, als auch zu Abtragung anderer Posten sey er genöthigt geworden, die Summe von 1000 fl. aufzunehmen: was es hiemit und besonders mit der Entwendung gedachter Summe für eine Bewandniß habe.

[Antwort:] Er wisse nichts davon, als folgendes:
Sein Sohn habe ihm gesagt, | daß er hatte Gelder an den Hofrath Vietsch nach Carlsruhe senden sollen; er wünschte wisse nicht, wie es weiter damit gegangen sey, ob er – der Sohn – das Abgekommene für sich verwandt, und Schulden damit bezahlt habe, oder ob der Bediente es abhanden gebracht habe, wisse er nicht.

[Frage:] Ob ihm überhaupt seitdem bewußt gewesen, daß etwas von dieser Summe weggekommen, oder nicht?

[Antwort:] Er habe blos gewußt, daß sein Sohn Gelder abzuschicken gehabt habe; aber davon sey ihm bis diesen Augenblick nichts bekannt gewesen, daß von dieser Summe etwas | solle abhanden gekommen seyn. es

Qu.
Sein Sohn sage aber aus.

Bey der letzten Absendung der bemerkten Summe sey er durch einen Zufall verhindert worden, die Absendung selbst zu besorgen; er habe sie daher einer Person, die er nicht nennen könne, aufgetragen, u. da er nach einiger Zeit sich darnach erkundigt, habe es geheissen, daß das Geld gegen Postschein abgesandt sey; erst nach Verfluß einer geraumen Zeit habe er den Postschein zu sehen verlangt, und erfahren, daß das mangelnde Geld anders verwendet worden sey; er der Vater werde nun wohl darüber | Auskunft geben können, wer die Person sey, welcher er die Absendung des Gelds übertragen habe? oder was es sonst mit der Sache für eine Beschaffenheit habe, besonders was die Ursache des Hinwegkommens der befragten Summe sey.

[Antwort:] Es seye ihm zwar bewußt gewesen, daß das Geld – durch wen aber wisse er nicht – auf die abgesandt worden sey, wieviel, oder durch wen, oder auf was Art wisse er aber nicht. Das wisse er, daß der Herzog seinem Sohn geschrieben habe, er habe das Geld nicht bekommen, oder es seye nicht | soviel gewesen, als er Viesch hätte empfangen sollen; darauf seye sein Sohn sehr betreten gewesen, u. habe geäussert, es müsse eine Sottise hier passirt seyn; wie es weiter gegangen sey, darüber hätte sich sein Sohn nicht gegen ihn geäussert.

[Frage:] Ob ihm durchaus nichts davon bekannt sey, was aus dieser erwiesenermassen abhanden gekommenen Summe geworden sey

[Antwort:] Es seye ihm nichts bekannt, er wisse von nichts.

[Frage:] Sein Sohn hätte aber auf die Frage:
Wer die Person sey, durch deren Schuld auf die eine | oder andere Art ihm das Geld abhanden gekommen geäussert:
Es sey eine durch alle theuren Pflichten, die der Mensch haben könne, zu ehrwürdige Person, die sowohl durch ihr Alter als Schwäche zu entschuldigen, und ihm – dem jungen v. Weber – unmögl zu nennen sey.
Auf diese Art habe er, der junge v. Weber – ihn den Vater nur zu deutl. und in die Augen fallend – bezeichnen wollen, was er der Vater dazu sage?

[Antwort:] Dazu könne er nichts sagen: er wisse nicht, was sein Sohn damit habe sagen wollen, da er ihn nicht genannt habe. |

[Frage:] Es seye aber zu deutlich, daß er damit keine andere Person habe bezeichnen können.

[Antwort:] Er berufe sich auf die vorhergehende Antwort.

[Frage:] Aber durch Äusserungen seines Sohnes selbst gegen den Herzog Louis ergebe sich, daß er die Schuld des Abkommens des Geldes auf ihn den Vater lege.

[Antwort:] Sobald sein Sohn ihm Ort und Stelle u. Zeit wissend machen könne, wo er entweder die ganze Summe, oder einen Theil empfangen, so gebe er sich schuldig Seine Königl. Majestät möchten Mitleid mit einem Greis haben, dessen Gedächtniß schwach | sey.

[Frage:] Inwieferne er sich dann unter dieser Voraussetzung schuldig gebe?

[Antwort:] Wenn sein Sohn, wie in der vorigen Frage angegeben, ihm bemerken werde, wann u. auf was Art er das Geld zur Absendung empfangen habe, so bekenne er sich schuldig, das Geld wirkl. erhalten zu haben.

[Frage:] Aber dieß erkläre noch nicht die Art, wie ein Theil des Geldes abhanden gekommen.

[Antwort:] Davon wisse er nichts, wie gesagt.

[Frage:] Man müsse noch einmahl auf das zurückkommen, daß nach Äusserungen seines Sohns | gegen den Herzog Louis die Schuld auf ihn falle? indem der Herzog folgende Auskunft über die Sache geben:
J’avoir confié à Mon Secretaire 300 Fr.d’or pour les envoyer au dehors; il mit cette somme sous clef; à peine fut il sorti, que le Père le prisa de cent Pieces. Mon Secretaire ne voulant dans le temps me faire part du tout - à ce qu’íl me dit long temps après – (auf welche Worte Constitut besonders aufmerksam gemacht worden) chercha cette somme pour la rembourser etc.
Was er hiezu sage?

[Antwort:] Er wisse hierauf gar nichts | zu antworten, wenn man ihn auf die Folter lege, so bleibe er eher darunter liegen, ehe er sich darüber äussere. er könne weder sich noch seinen Sohn für schuldig bekennen, er könne weder die Rechtschaffenheit seines Sohns, noch seine eigene Ehre antasten, er könne schlechterdings hierüber nichts sagen.

[Frage:] Dieß helle die Sache nicht auf entweder müsse er bekennen, daß er Schuld an dem Abkommen des Geldes sey, oder daß sein Sohn die Unwahrheit in Betreff seiner gesagt, oder ihn wenigstens dem Vorwurf u. dem Verdacht der Schuld blos gegeben habe.

[Antwort:] Er beziehe sich auf den | vorigen Punct, u. könne nichts Anderes sagen.

[Frage:] Wie er ob ad Qu. 1 auf die Vermuthung habe kommen können, daß sein Sohn das Geld habe für sich selbst verwenden, und seine Schulden damit bezahlen können.

[Antwort:] Er hätte gewußt, daß sein Sohn Nothschulden habe, und daher vermuthe, daß sein Sohn etwa das abgekommene Geld zu deren Bezahlung verwandt haben werde.

[Frage:] Ob er das wirkl. glaube und vermuthe, und was er hierzu für Gründe habe?

[Antwort:] Er vermuthe es wirklich, aber er habe keine näheren Beweise hierüber.

| [Frage:] Man müsse ihm sagen, daß sein Sohn – als man auf Angabe der Wahrheit in ihn gedrungen sey – alles da, womit er sowohl auf ihn den Vater als Urheber des Abkommens des Geldes, gedeutet habe, als auch seine Äusserungen hierüber gegen den Herzog Louis, desavouirt, und sich dazu bekannt habe, das fehlende Geld für sich selbst gebraucht zu haben, was er hiezu sage, und wie die Sache zusammenhänge. soll er deutlich u. klar angeben.

[Antwort:] Das glaube er auch, daß sein Sohn das Geld für sich behalten u. zu Bezahlng seiner Schulden verwendet habe | näheres und mehreres aber wisse er darüber schlechterdings nicht anzugeben.

[Frage:] Ob er einsehe und fühle, in welcher Gestalt sein Sohn auf diese Art erscheine? daß er neml. dem Herzog, seinem Herrn, Geld unterschlagen und verwendet habe.

[Antwort.] Er wisse hierüber nichts zu sagen, als daß sein Sohn auf diese Art sich selbst schuldig erkläre, welches er herzlich bedauere. Wenn aber sein Sohn sich anders besinnen sollte, und glauben könne, daß er der Vater das Geld genommen hätte, so wolle er | der Vater sich gerne für Schuld bekennen.
Er bitte dabey, Sr. Königl Majestät die Bitte vorzutragen, daß sein Sohn wieder zu ihm gelassen werde.

[Frage:] Durch diese zweideutige Äusserungen, wodurch er bald nach seinen Vermuthungen die Schuld auf seinen Sohn werfe, bald aber auf den Fall, wenn sein Sohn die Schuld auf ihn den Vater legen wolle, er der Vater sich dazu, neml. zur Entwendung des Geldes bekennen wolle, werde die Thatsache selbst nicht aufgehellt; er möchte also unumwunden | und bestimmt sagen, wie es sich damit verhalte.

[Antwort:] Er könne nichts anderes sagen, als was er sonst gesagt habe, und darauf bleibe er.

Facta praelectione
[m. pr.:] F A von Weber
Baron

In fidem protocolli
Kohlhaas
Geh Cab Secr. und
Registrator

Da in dem Zimmer des v. Weber noch 3. an den Sohn gerichtete Briefe, welche seitdem eingegangen, vorgefunden wurden, so wurden solche noch zur Hand genommen, um sie Seiner Königl Majestät All zu übergeben.

Apparat

Entstehung

9. Februar 1810

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Veit, Joachim; Jakob, Charlene

Überlieferung

  • Textzeuge: Stuttgart (D), Hauptstaatsarchiv Stuttgart (D-Shsa)
    Signatur: Prozeßakte Weber, G 246 Bü 5, Fasz. 8 (1): Verhörsprotokoll des Vaters Weber

    Quellenbeschreibung

    • 5 DBl. (16 b. S.)

Textkonstitution

  • wünschtedurchgestrichen
  • „wünschte“unsichere Lesung
  • „der Sohnam Rand hinzugefügt
  • „es“durchgestrichen
  • „letzten“über der Zeile hinzugefügt
  • „auf die“durchgestrichen
  • „u.“über der Zeile hinzugefügt
  • „etwa“durchgestrichen
  • „da“unsichere Lesung

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