Aufführungsbesprechung Berlin: „Die Vestalin“ und „Olympia“ von Gaspare Spontini am 15./18. Februar 1822 und „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber am 17. Februar 1822
(K) Auch in dieser Woche hatten wir den hohen Genuß, Spontini’s "Vestalinn" und "Olympia" bei überfülltem Hause zu hören*. Es scheint unmöglich, diese Meisterwerke mit mehr Präcision und Vollendung, auch in allen einzelnen Theilen, zu geben; denn nicht allein die Hauptpersonen, die vortrefflich gewählt, singen mit ganzer Seele und fühlen den Geist dieser klassischen Oper, und an ihrer Spitze die Meisterinnen Milder und Schultz*, welche letztere noch besonders seit längerer Zeit nicht so vorzüglich bei Stimme war, als bei der letzten Darstellung der Olympia, sondern wir mußten noch gar sehr das Ensemble der Chöre und des Orchesters bewundern, die wahrlich eine Probe ihrer Meisterschaft im Finale des ersten Akts dieser Oper ablegten, und bewiesen, was ein thätiger Chef zu wirken im Stande ist. Aber welchen Abstand gewährte dagegen die letzte Vorstellung des "Freischütz"! Trotz der angewandten Mühe der Hauptpersonen, die das Ihrige thaten, dies herrliche Kunstwerk würdig darzustellen, wurde nicht allein das Orchester mit einer entsetzlichen Schlüpfrigkeit dirigirt, sondern man hatte auch die Chöre sämmtlich verringert, und den Jägerchor endlich gar nur mit neun Jägern besetzt. Das Braunjungfernlied wurde aber noch viel schlechter gesungen, da sämmtliche Jungfern, die Führerinn (Dem. Leist nicht Dem. Reinwald, wie gewöhnlich)* nicht ausgenommen, vom Anfange bis Ende detonirten, ja selbst ohne Takt sangen. O früher ahnete unser großer Deutscher Weber nicht, daß, nachdem er keine Mühe gescheuet, diese Oper selbst hier einzustudieren, und die ersten Vorstellungen zu den gelungensten gehörten, die 31ste* auf solche Weise gegeben werden würde, und gewiß wird unser vortrefflicher Spontini sogleich Anstalten treffen, daß solchem gesteuert werde, und Referent freut sich im Voraus mit allen Freunden der Kunst auf die nächste Vorstellung dieser Oper.
Apparat
Zusammenfassung
Aufführungsbesprechung Berlin: „Olympia“ und „Die Vestalin“ von Gaspare Spontini und „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber
Entstehung
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Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Fukerider, Andreas
Überlieferung
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Textzeuge: Zeitung für Theater und Musik und bildende Künste zur Unterhaltung gebildeter und unbefangener Leser. Eine Begleiterin des Freimüthigen, Bd. 2, Heft 8 (23. Februar 1822), Sp. 30
Einzelstellenerläuterung
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„… bei überfülltem Hause zu hören“Es handelt sich um die Vorstellungen am 15. Februar (Vestalin) und 18. Februar 1822 (Olimpia).
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„… die Meisterinnen Milder und Schultz“A. Milder sang Obervestalin (15. Febr.) bzw. Statira (18. Febr.), J. Schulze gab die Julia (15. Febr.) bzw. Olimpia (18. Febr.).
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„… Dem. Reinwald , wie gewöhnlich)“Auf dem Theaterzettel zum 17. Februar ist allerdings Mll. Henr. Reinwald als Brautjungfer angezeigt; vermutlich kam es zu einer kurzfristigen Umbesetzung. Mlle. Wilh. Leist ist erstmalig auf dem Theaterzettel vom 26. November 1821 als Brautjungfer genannt.
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„… den gelungensten gehörten, die 31ste“Die genaue Zahl der Freischütz-Aufführungen in Berlin bis zu diesem Termin ist unklar, da die Quellen (Tagebuch der deutschen Bühnen, Theaterzettel, Aufführungsberichte) sich teils widersprechen. Es kann sich allerdings bestenfalls um die 25. Vorstellung der Oper gehandelt haben.