Aufführungsbesprechung Berlin, Schauspielhaus: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber am 1. März 1822

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Unsern Erwartungen ward entsprochen; die geschätzte Theater-Intendantur hatte kaum den begründeten Tadel der letzten Aufführung vernommen, als sogleich mehrere Chor-Proben angesetzt wurden, um bei der nächsten Darstellung dieses Meisterwerk seines Meisters würdig darzustellen. Die am ersten D. M. statt gehabte Vorstellung war fast in jeder Hinsicht vorzüglich gelungen zu nennen. Der wackere Musik-Direktor Schneider leitete das ganze Werk mit vielem Feuer, Umsicht und Präcision; die Chöre waren vollkommen stark genug besetzt, und gingen, mit Ausnahme des ersten Bauern-Chors, welches Manches zu wünschen übrig ließ, vorzüglich; die Haupt-Personen wandten, wie gewöhnlich, alle Mühe an, sich ihrer | würdig zu zeigen, und mit vielem und innigem Vergnügen bemerkten wir, daß Dem. Eunicke in ihrer Rolle sich selbst übertraf und auch jede Spur von Ziererei darin abgelegt hat. Möge diese junge Künstlerinn so fortfahren! Gewiß werden wir ihr Talent zu schätzen wissen, und uns freuen, sie eben so oft zu loben, als wir bis jetzt sie zu tadeln genöthigt waren. Mit vielem Mißvergnügen sahen wir aber die Rolle des Kaspar durch Herrn Hillebrand ziemlich ungelenkig besetzt, während Herr Blume, der den Charakter dieser, wie fast jeder ihm zugetheilten, Rolle meisterhaft ergriffen, sich dem Publikum im Orchester zeigte, als Beweis, daß nicht Krankheit ihn abhalte, diese Rolle zu geben. Soll denn nimmer eine Darstellung dieser Oper vollkommen genannt werden, und beweist das stets überfüllte Haus denn nicht, wie gern man sie höre? – Se. Majestät, der König, und der ganze Hof beehrten diese Vorstellung mit Ihrer Gegenwart, und das zahlreich versammelte Publikum spendete fast nach jedem Musikstücke (die des Kaspar ausgenommen, wobei gelacht wurde) lauten Beifall.

M***.

(K) Mehrere Kunstfreunde, die endlich dahin gelangt waren, einer Aufführung des "Freischütz" beiwohnen zu können, wurden am 1. März, wo diese Oper auf höchstes Begehren gegeben ward, sehr unangenehm in ihrer Erwartung getäuscht – denn statt des Herrn Blume spielte Herr Hillebrand den Kaspar, welcher, seiner Brauchbarkeit für andere Rollen unbeschadet, doch dieser Parthie nicht zu genügen im Stande war. Weshalb der erstbenannte Sänger sich doubliren ließ, bleibt uns räthselhaft. Krankheit konnte ihn dazu nicht veranlassen, da er sich während der Aufführung unter den Zuschauern befand. Jeder Freund Deutscher Musik muß mit uns wünschen, daß genannte Oper in der Folge wieder mit derselben Besetzung dargestellt werde, wie der Meister sie anordnete, damit der Genuß dieses herrlichen Werkes unverfälscht bleibe, und den Verehrern der Weberschen Muse nicht verkümmert werden.

Apparat

Verfasst von

  • M***.
  • Anonymus

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung Berlin: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Fukerider, Andreas

Überlieferung

  • Textzeuge: Zeitung für Theater und Musik zur Unterhaltung gebildeter, unbefangener Leser. Eine Begleiterin des Freimüthigen, Bd. 2, Heft 10 (9. März 1822), Sp. 37–38

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