Ankündigung der dramatisch-musikalischen Notizen, Prag November 1815
Prag.
Der einsichtsvolle und unermüdlich fleißige Direktor der hiesigen Oper, Hr. Karl Maria von Weber, beginnt in der hiesigen Zeitung vom 20. Oktober mit einem Unternehmen, welches so neu als verdienstlich ist. Er liefert dramatisch-musikalische Notizen. (Als Versuch durch kunstgeschichtliche Nachrichten und Andeutungen, die Beurtheilung neu auf dem Landständischen Theater erscheinender Opern zu erleichern.) Aus der Einleitung zu diesen Notizen* theile ich Ihnen Folgendes mit:
„Ein wahrhaft gutes Werk bewährt freilich in der Länge der Zeit seine Vorzüge, und weiß sich die Theilnahme der Menge zu verschaffen, indem es endlich durch wiederholte Anklänge zum Gemüthe spricht. Ganz anders ist aber die Wirkung, wenn das Gemüth schon gleichsam vorbereitet auf den Genuß ist, der seiner wartet. Es ist mit allen Verhältnissen im Leben so. Sucht nicht jedermann in den Zirkel einer Gesellschaft von einem schon geachteten Theile derselben eingeführt zu werden, der in einigen bezeich|nenden Worten das
Wesen seines Eingeführten der Gesellschaft zu erkennen zu geben sucht? Von der Geburt bis zum Tode nützen uns Pathenstelle vertretende Freunde.
Es sey also mir auch erlaubt, die meiner Obhut und Pflege anvertrauten Werke bei ihrem Erscheinen demjenigen zu empfehlen, dessen Dienst, dessen Erheiterung, dessen Bildung sie geweiht sind.
Ich habe dabei freilich mich vorzüglich vor einer gefährlichen Klippe zu hüten; nämlich, daß, indem ich die vorzüglich bezeichnenden Eigenthümlichkeiten, den Kunstlebenslauf und Charakter meines Pfleglinges und dessen Schöpfers berichte, ich nicht etwa das, was bloß einen Gesichtspunkt zur richtigeren Beurtheilung desselben aufstellen soll, schon als ein vorgegriffenes Urtheil über ihn selbst vorbringe. Dieß hieße die schönsten und heiligsten Rechte der Volksstimme verletzen etc.“
Im nächsten Blatt* empfiehlt Hr. von Walter‡ eine neue Oper: „Wirth und Gast, oder: aus Scherz Ernst“, gedichtet von Wohlbrück, komponirt von Meyerbeer, berichtet, daß dieselbe bereits in Stuttgart mit Beifall, in Wien mit Mißfallen gesehen worden sey, und setzt die Veranlassungen, welche dieß bewirkt haben, auseinander.
Den 22. Oktober ward diese Oper zum ersten Male mit gutem Erfolg auf unserer Bühne producirt, und den 24. mit dem allgemeinsten Beifall wiederholt. Hr. Ehlers und Mad. Grünbaum, welche die Hauptparthieen in derselben hatten, wurden nach der Vorstellung einstimmig hervorgerufen.
Mit Vergnügen werde ich Ihnen von Hrn. Webers ferneren Versuchen, in dieser Beziehung auf das Publikum zu wirken, von Zeit zu Zeit Nachrichten für Ihr geschätztes Journal mittheilen.
Apparat
Generalvermerk
Vorliegende Schrift ist höchstwahrscheinlich nicht direkt auf Weber zuzurückzuführen, sondern nur von ihm initiiert. Am 25. Oktober 1815 schickte er an Johann Gottfried Wohlbrück in München lt. Tagebuch Zeitungsrezensionen und einen Brief an Meyerbeer vom 24./25. Oktober. Vermutlich erfolgte die Ankündigung unter Bezugnahme auf das Vorwort Webers aus den dramatisch-musikalischen Notizen auf Veranlassung Wohlbrücks.
Entstehung
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Überlieferung
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Textzeuge: Münchner Theater-Journal, Jg. 2, Nr. 11 (November 1815), S. 375–376
Einzelstellenerläuterung
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„… der Einleitung zu diesen Notizen“Vgl. Webers Einführung zu den dramatisch-musikalischen Notizen in der K.K. priv. Prager Zeitung Weber-Schriften.
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„… Im nächsten Blatt“Einführung zu Alimelek für die K.K. priv. Prager Zeitung; vgl. Weber-Schriften.
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„Walter“recte „Weber“.