Aufführungsbesprechung: „Jephtas Gelübde“ von G. Meyerbeer am 23. Dezember 1812 in München

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Jephta’s Gelübde.

Die langerwartete neue Oper "Jephtas Gelübde" gedichtet vom Professor Schreiber, und in Musik gesetzt von dem als Virtuose rühmlichst bekannten Meyerbeer aus Berlin, ist endlich zum Vergnügen des zahlreichen musikalischen Publikums, den 23. auf dem Hoftheater mit vielem Beyfalle aufgeführt worden. Der vorausgegangene Ruf des genialischen Schülers des großen Meisters Vogler berechtigte, nichts Mittelmäßiges zu erwarten, und gewiß Niemand fand sich in seiner Erwartung betrogen.

Der junge Künstler hat sein Sujet rein und edel aufgefaßt, und ist tief in den Geist der Dichtung eingedrungen; ja er hat sogar die vielen rauhen und harten Verse des Gedichts in einen anmuthsvollen Zauberschleyer gehüllt, und so die niedere Potenz in eine höhere gesteigert. Ein zartes Gefühl, verbunden mit einem tiefen Blick in’s menschliche, von Leidenschaften erregte Herz, spricht sich überall | in einem edlen, großen Style aus, und läßt in Zukunft etwas Großes erwarten. –

Ueberhaupt herrscht in der ganzen Komposition eine Fülle (vielleicht Hyper?) von Ideen und eigenthümlicher Darstellung, daß es nothwendig ist, diese Oper mehrmals zu hören, um jede leise Berührung eines Gedankens, jeden zarten Ausdruck des überströmenden Gefühls, die mit einer himmlischen Zauber-Kraft in einander verschlungen und verwebt sind, kurz – um den Künstler ganz in seiner Individualität aufzufassen. –

Die Chöre sind in einem erhabenen und hohen Style gesetzt, und beurkunden von Neuem den unsterblichen Ruhm der Alten, denen wir wohl, was Technik und Kunst betrifft, weit voraus sind, die uns aber immer zum Muster des gebildeten Geschmacks und der hohen Auffassung der Kunst bleiben werden. –

Was die Darstellung betrifft, so kann man sie sowohl in theatralischer als musikalischer Hinsicht gelungen nennen. Das Orchester, welches man mit Recht das Einzige nennen kann, that seine Schuldigkeit, das heißt, es beurkundete seinen langbewährten Ruhm. In den Singstimmen* zeichnete sich besonders Madam Harlas, durch ihre zarten, herzergreifenden Zaubertöne vorzüglich aus, und wurde von dem dankbaren, gefühlvollen Publikum mit Enthusiasmus herausgerufen. Alles berechtigt zu hoffen, daß sich diese Oper lange auf unserer Bühne erhalten wird.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Solveig Schreiter

Überlieferung

  • Textzeuge: Gesellschaftsblatt für gebildete Stände, Bd. 2, Nr. 105 (30. Dezember 1812), Sp. 834–835

    Einzelstellenerläuterung

      XML

      Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
      so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.