Aufführungsbesprechung Lemberg: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber am 6. September 1823 (Teil 3 von 3)

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Lemberg.

(Schluss.)

Ohne uns in die Partheyenmuth zu mengen, die jetzt in der musikalischen Welt über deutsche ¦ und italienische Componisten herrscht – denn da Euterpe bekanntlich auf zwey Flöten bläst, so bilden wir uns ein, diese Symbolisirung sage: man solle sich die Töne von der einen, wie von der andern Seite behagen lassen – ohne uns also für das Eine zu entscheiden, müssen wir gestehen, dass uns "der Freyschütz," worin am 6. Sept. Dlle. Göbel die "Agathe" sang, wieder bestimmte, vor uns hinzusprechen! Nihil ab omni parte beatum. Sollen wir diess deutsch umschreiben, so heisst es: In der Oper wie im Leben ist zuweilen der erste Act vortrefflich; im zweyten hinkts dann wohl ein wenig; wenn aber das Ende wieder dem Anfange gleicht, so macht sich’s noch. Wir wollen nicht decretiren, was man schön nennen soll, was nicht; wir sagen aber unsere eigene Meinung, und sie geht dahin: dass wir von diesem mit Recht so beliebten "Freyschütz" weder gedichtet, noch componirt, noch declamirt haben möchten. Wo unser geistreicher Weber wirklich in seiner Sphäre ist, herrscht eine Zartheit, Innigkeit, Liebe und Sentimentalität in seinen Schöpfungen, die man ihm durchaus nachempfinden muss, wenn man sie treffend wiedergeben will.

Was den Gesang der Dlle. Göbel betrifft, können wir mit eben der deutschen Aufrichtigkeit sagen, dass ihre Tiefe und Höhe bey Weitem reiner und ausgebildeter ist, als ihre Mitteltöne; doch das wird sich geben, es lässt sich wenigstens von einer so fleissigen Anfängerinn wie Dlle. Göbel, erwarten. Nach der ersten Arie wurde sie, wie neulich auch als Prinzessinn von Navarra (im Johann von Paris) beklatscht. Man vermisste jedoch die Sicherheit, mit der sie als Prinzessinn sang, in der Rolle dieses einfachen, aber seelenvollen Mädchens (Agathe) hie und da auch. Ob sie gleich die Anforderungen der Mimik zum Theil wohl ebenfalls schuldig geblieben seyn möchte, so würde sie doch unfehlbar im Gesange mehr geleistet haben, als sie leistete, wenn sie weniger befangen gewesen wäre. – Ferners haben Annchen (la Roche) Caspar (Herr Schapper) Max (Herr Schnaidtinger) vollen Beyfall verdient.

Apparat

Zusammenfassung

über die Aufführung in Lemberg am 6. September 1823: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber. Die Rezension verteilt sich über drei Nummern.

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Schreiter, Solveig

Überlieferung

  • Textzeuge: Allgemeine Musikalische Zeitung, mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat, Jg. 7, Nr. 82 (11. Oktober 1823), Sp. 655–656

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