Besprechung der Preciosa-Erstaufführung in Halle an der Saale am 25. April 1823

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Theater in Halle. (Eingesandt.) Therpis Karren ist angelangt und hat uns einige 60 Künstler zugeführt, die sich vorgenommen, durch ihre Darstellungen während der 5 Sommermonathe uns zu erfreuen*. An der Spitze des Unternehmens steht ein junger Mann, der, mit mannichfachen Kenntnissen ausgerüstet, viel zu thun im Stande ist*; und mit Recht können wir uns von ihm versprechen, er werde alles aufbieten, um das Publikum zufrieden zu stellen. –

Freitag den 25. April. Das Theater wurde mit einem etwas seichten Prologe eröffnet, welchen Dem. Lange sprach. Schüchtern betrat diese junge Künstlerin unsre Bühne und zeigte sich von der vortheilhaftesten Seite. Hierauf folgte Preciosa von P. A. Wolff. Musik von C. M. Weber. Die Hauptrolle wurde von Mad. Gerstel mit allem Fleiße ausgeführt. Sie sprach, spielte, sang und tanzte so gut, daß sie am Schluß einstimmig hervorgerufen wurde, wofür sie in gewählten Ausdrücken sich bedankte. Den einzigen Fehler könnte man der Mad. G. vorwerfen, sie singe auch wenn sie spreche; doch Ref. ist überzeugt, eine so gebildete Künstlerin werde, auf Fehler aufmerksam gemacht, ihn sehr bald abzulegen suchen. Eine sehr ergötzliche Erscheinung war H. Gerstel als Pedro; er bewies uns, daß er nicht bloß Ballettänzer, sondern auch ein recht braver Schauspieler ist; auch er ward am Schluß gerufen und zur Freude der Lachlustigen extemporirte er einige Verse im Geist seiner Rolle. Mad. Räder trug das Ihrige als Zigeunermutter zur Vollendung des Ganzen bei. Ref. hat diesen Charakter nie so treu, wahr und doch so komisch darstellen sehen. Sehr freut es uns, dem Herrn Majober (Zigeunerhauptmann) die Versicherung geben zu können, daß man ihn kaum wieder erkannt hat, so bedeutend hat sich derselbe seit seinem Abgange von hier verbessert. Das übrige Personal that alles Mögliche zur Rundung des Ganzen. Ballet und Chöre gingen sehr gut, nur ließ das Orchester zu wünschen übrig.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler
Korrektur
Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Deutschlands Kurier oder Staatsbote, Jg. 1823, Nr. 20 (15. Mai 1823), S. 1

Textkonstitution

  • „Therpis“sic!

Einzelstellenerläuterung

  • „… 5 Sommermonathe uns zu erfreuen“ In Halle spielte die Anhalt-Köthensche Hofschauspielergesellschaft.
  • „… zu thun im Stande ist“Gemeint ist wohl nicht der Intendant Kammerherr Baron von Heyden-Linden, sondern der die Direktionsgeschäfte führende Louis Touissaint.

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