Aufführungsbesprechung, Prag, Ständetheater: „Merope“ von Friedrich Wilhelm Gotter, 11. Juli 1814
Theater.
Prag. – Den 11. July: Merope, Trauerspiel in 5 Aufzügen (nach Voltaire von Gotter). Diese Tragödie, gewiß eines der erfreulichsten Erzeugnisse der französischen Poesie ist schon merhmals auf unserer Bühne gegeben worden, nun aber seit 6 bis 7 Jahren nicht wieder erschienen; und wenn das Werk niemahls sehr gefiel, so hat Mad. Schröder gegenwärtig bewiesen, daß dieß nur die Schuld ihrer Vorgängerinnen war; ihrer herrlichen Darstellung dieser so unendlich schwierigen Rolle gelang es , das Publicum fortwährend in einem lauten Enthusiasmus zu erhalten, und es ist auch schwerlich möglich, diesen Charakter mit merh durchdachter Kunst, und zugleich so von aller Manier entfernt, durchzuführen. In der That ist die Anwesenheit dieser eminenten Künstlerinn der günstigste Zeitpunct, dem Prager Publicum ein höheres Interesse für die Tragödie einzuflößen, und der Inhalt der neuern Repertoirs scheint darauf hinzudeuten, daß Herr Director Liebich dieß ebenfalls bemerkt, und gesonnen sey, den Moment nicht ungenützt vorüber gehen zu lassen. Dlle. Böhler gab den Ägisth mit vielem Kunstsinn und Studium; doch ist der Jüngling etwas zu heroisch für ein zartes weibliches Wesen. Dieß offenbarte sich zumahl in den letztern Scenen des Stücks, vor Allem in der Ermordungsscene. Herr Reinecke spielte den Narbas vortrefflich; auch Herr Wilhelmi stellte den Tyrannen Polyphont mit vielem Fleiße dar. Die übrgen Rollen stehen zu sehr im Schatten, und waren auch nicht alle sehr vortheilhaft besetzt.
[…]
Apparat
Entstehung
–
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Jakob, Charlene
Überlieferung
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Textzeuge: Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt, Jg. 6, Nr. 148 (15. September 1814), S. 592